Crowdfunding: Chance für die Bündner Kulturszene?

Crowdfunding: Chance für die Bündner Kulturszene?

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We made it und we didn’t make it. Über Sinn und Sinnlosigkeit von Crowdfunding.

Seit ein paar Jahren geistert das Wort Crowdfunding durch die Medien.  Im letzten Jahr wurde mit dem Statement eines Studenten gegen die SVP, alle Rekorde gebrochen. Es wird auf der Webseite von 13.5 Millionen Franken und einer Erfolgsquote von 66% gesprochen. Wir wollten es genauer wissen und uns nicht von Zahlen blenden lassen. Wir haben uns auf die Suche nach Antworten gemacht. Wie betreibt man Crowdfunding überhaupt? Wie wichtig ist die Finanzierung durch Fans bei Musik aus Graubünden? Wir haben mit erfolgreichen und nicht erfolgreichen Absolventen der Geldbeschaffungsmaschine gesprochen und verweisen auf einen aktuellen Fall.

Das aktuellste Projekt

Giganto & Mattiu – Albumproduktion

Unter diesem Link haben sich die zwei romanischen Künstler Giganto alias Ivo Orlik und Mattiu Defuns auf der Plattform eingenistet und suchen aktuell nach Geldgebern für ihr Albumprojekt, welches im Sommer 2016, wenn alles gut läuft, erscheinen wird. Verwunderlich eigentlich, dass die zwei Romanen und ihre Band auf diesem alternativen Weg versuchen zu Geld zu kommen. Denn man kann sagen, was man will, romanische Künstler haben es einfacher, unterstützt zu werden als sonstige Bündner Künstler. Das soll kein Kritikpunkt sein oder gar als Wertung gelten, denn es gibt Exponaten dieser Szene, wie zum Beispiel Cha da Fö/Roland Vögtli und die Liricas Analas, welche für grosse Aufmerksamkeit auch ausserhalb der rätischen Grenzen sorgen und so für die aussterbende Sprache Propaganda führen und gleichzeitig  zur Wiederbelebung animieren.

Nun finde ich das eine rühmliche Angelegenheit und ziehe den Hut vor so viel Initiative und Durchhaltewille. Doch nicht jeder romanische Act funktioniert gleichermassen schweizweit und wird doch mit einem Geldsegen verschiedener Stiftungen beschenkt. Um nicht noch weiter abzuschweifen, schliesse ich, dass das Talent, Einzigartigkeit und Durchhaltewille den Erfolg mit sich bringt und nicht, wie viel Geld investiert wurde und in welcher Sprache die Texte gehalten sind.

Die beiden jungen Künstler haben jedoch das Potenzial, einen ähnlichen Weg der Popularität einzuschlagen, drum haben wir bei Rapper Giganto/Ivo Orlik nachgefragt.

Warum habt Ihr als Band den Weg des Crowdfundings gewählt?
Wir haben uns für ein Crowdfunding entschieden, um uns den benötigten Zustupf, von Leuten, die uns auch wirklich hören möchten, zu sichern. Gönner, die bei Wemakeit einen Betrag leisten möchten, tun dies aus der Überzeugung, dass unser Projekt ihrer Unterstützung wert ist.

Was hebt Euer Projekt von anderen Projekten ab?
Wir sind stolz, von uns behaupten zu können, dass wir die erste romanische Gruppe sind, die Hip-Hop mit Pop verbindet und dabei eine gesamte Liveband auf der Bühne stellt.

Werdet Ihr in Zukunft erneut Crowdfunding betreiben?
Crowdfunding ist eine Supersache und deshalb sind wir auch in Zukunft gerne dabei!

Wem empfehlt Ihr, Crowdfunding zu betreiben?
Wenn es nach uns geht, sollten alle, die eine Idee haben, jedoch die finanziellen Mittel nicht alleine aufbringen können, mal einen Blick bei Wemakeit hineinwerfen! Es ist theoretisch egal, ob jemand ein eigenes Modelabel gründen, seine eigene kleine Brauerei aufbauen möchte oder eben Musiker, die für ihr Werken finanzielle Unterstützer suchen. Crowdfunding ist etwas für jedermann.

Betreibt Ihr nur Crowdfunding oder werdet Ihr auch noch von anderen Stellen unterstützt?
Wir als Band haben auf diverse Sponsoren gebaut und betreiben parallel dazu Crowdfunding. Viele Sponsoren möchten genau wissen, wofür ihr Geld eingesetzt wird und die Crowdfunding-Community ist froh, etwas beisteuern zu können.

 

Auf der nächsten Seite geht es um Bündner Gewinner bei Crowdfunding-Aktionen.

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Die Gewinner

Als das Thema Crowdfunding erstmals öffentlich in Erscheinung trat, kristallisierten sich schnell die zwei grossen Gewinner der Aktion ab: Nämlich Gian-Marco Schmid aka Gimma, der für seine «Lost Songs» Spenden sammelte und der Rocker Stämpf alias Stephan Schmid, der sein Debütalbum und später einen Videoclip wie auch sein zweites Album alternativ finanzierte. Die beiden wurden quer durch die Medienlandschaft gezehrt und konnten durch ihre Popularität die Aktionen gemeinsam mit ihrer grossen Fangemeinschaft realisieren. Wir haben beim legendären Chorleiter, Rockstar und Palazzo-Booker nachgefragt.

Wie erklärst Du Dir deinen enormen Erfolg im Crowdfunding?
Der Erfolg beruht immer auf Fleiss. Beim Crowdfunding muss man den jeweiligen Betrag, den man will, immer realistisch einschätzen. Ich habe viele Projekte gesehen, die ihren Betrag viel zu hoch eingeschätzt haben und das Ziel danach eben nicht erreicht haben. Bei mir geht alles unter dem Motto: Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Wichtig ist auch, dass man sein Projekt in den sozialen Medien bewirbt. Weil, wenn die Leute nichts davon wissen, können sie auch kein Projekt unterstützen.

Drei erfolgreiche Abschlüsse, das hat meines Wissens bisher kein Bündner Musiker geschafft. Wird es einen vierten Anlauf geben?
Ich glaube nicht, dass ich in der Schweiz einen vierten Anlauf machen werde. Wir stehen jetzt auf eigenen Füssen. Crowdfunding ist wichtig für Startup-Projekte. Danach sollte man lernen, alles selbst in die Hand zu nehmen.

Wie wichtig ist Crowdfunding für die Bündner Musikszene?
Ich denke, es ist einfach ein Weg, den man beschreiten kann. Aber wie jemand seinen Weg macht, muss jeder für sich entscheiden.

Spürst Du durch den Erfolg der Aktionen auch Kritik und vielleicht Missgunst der Kollegen, wie beispielsweise von Anna Rossinelli?
Kritik gibt es immer. Was andere Leute sagen, ist mir aber grundsätzlich egal. Weil die Leute schwatzen immer und meistens sind es die, die nichts auf die Reihe bekommen. Anna Rossinelli wird von ihrem Label unterstützt, das ist eigentlich fast das Gleiche, da verstehe ich solche Aussagen eigentlich nicht. Vielleicht würde sie anders reden, wenn sie auch auf sich selbst gestellt wäre. Aber eben: Was andere sagen, interessiert mich nicht.

Wann kommt Dein zweites Album? Was passiert bei Dir in Zukunft?
Ab März werden in einem gewissen Abstand einzelne Singles herauskommen. Ab Ende August 2016 sollte dann das Album auf dem Markt sein.

Hier die erfolgreich finanzierten Promotionen von Stämpf.

Neben Stämpf ebenfalls erfolgreich waren die folgenden Künstler.
Nyna

Gimma

Bibi Vaplan

Me and Marie

Auf der nächsten Seite geht es um einen Bündner Künstler, bei dem Crowdfunding-Aktionen nicht geholfen haben.

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Was passiert, wenn’s nicht funktioniert hat?

Wie immer im Leben gibt es Sachen, Pläne und Visionen, die nicht funktionieren. Ein Beispiel eines erfolglosen Wemakeit-Aufrufs ist jener des Engadiners Dario Widmer. Er gilt als einer der erfolgreichsten romanischen Solokünstler der letzten fünf Jahre und doch hat sein Projekt bei Wemakeit.ch nicht funktioniert. Wir haben ihm zur Thematik befragt.

Verschiedene Bündner Künstler starteten bei Wemakeit ihr Projekt, so auch Du. Was sind die Gründe, warum es schlussendlich nicht geklappt hat?
Ich nehme an, bei mir war es eher, dass ich zweimal für das gleiche Album ein Crowdfunding gemacht habe. Die Leute haben mich auch darauf angesprochen und gesagt, sie hätten doch schon einmal bezahlt. Leider wussten sie nicht mehr, dass mein erstes Crowdfunding-Projekt auch nicht geklappt hat und sie das Geld zurückerstattet bekommen haben.

Würdest du Wemakeit trotzdem weiterempfehlen? Und vor allem: Für wen ist die Thematik sinnvoll?
Ja, auf jeden Fall! Crowdfunding ist für Künstler aller Art (Kunst, Musik, Film, Design…) ein sehr wichtiges Tool, das Träume verwirklichen kann.

Wie wichtig ist Crowdfunding für Newcomer?
Vor allem für Newcomer sehe ich dies als ein gutes Tool, z.B für Musiker, die ein Album finanzieren möchten, das sie sonst vielleicht nicht könnten.

Wirst du einen weiteren Versuch starten im Crowdfunding? Dein Album kommt jetzt trotzdem dieses Jahr raus. Wie ist es Dir ergangen mit der Produktion?
Ja. Aber nicht mehr für dieses Album. Ich hatte einen Plan B, der aber voraussetzt, dass ich die 20’000 für meine Produktion im voraus bezahlen muss. Sobald ich die CD in den Händen habe, kann ich einen Teil mit Sponsoringgeldern abdecken.

Auf der letzten Seite ziehen wir ein Resümee über Crowdfunding für Bündner Künstler und geben ein paar Tipps.

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Resümee

Ein Crowdfunding-Projekt ist interessant für vielerlei Künstler zur Erfüllung ihrer Träume. Darum appellieren wir vom GRHeute-Team, Künstler aus Graubünden zu unterstützen. Neben den vielen Goodies, die man abstauben kann bei einer Crowdfundinga-Aktion, ergibt sich auch die Möglichkeit, direkte Kulturförderung als Privatperson zu betreiben und die Musik- oder allgemein Kulturszene zum Florieren zu bringen.

Wichtig für den Betreiber einer Aktion ist vor allem, die Angelegenheit breit zu bewerben, sei es via Social Media, Mundpropaganda oder auch via Presse. Ausserdem gilt als äussert wichtig, einen Plan B für das Projekt bereit zu halten. Finanzierungen via Konzertgagen, Merchandise und auch durch Stiftungen und Kulturförderungen sind das A und O. Sicher auch wichtig ist neben dem zwei Phasen-Plan, die finanziellen Ziele nicht zu hoch anzusetzen und vor allem eine frische, kreative und wirklich überzeugende Idee zu haben.

Plattformen wie wemakeit.ch und andere werden in Zukunft immer wichtiger, vor allem wenn es um die Sparpolitik der Kulturförderungen oder Stiftungen geht. Also verehrte Leser, halten Sie die Augen und Ohren offen und unterstützen Sie Musik aus der Region!  

 

(Bild: Stämpf/Youtube)

author

Chris Bluemoon

Redaktor Kultur
Hauptberuflich Radio-Journalist mit viel Leidenschaft für die Musik, die Poesie und das ganz grosse Chaos.