Jaël: «Ihr habt besseres Wetter als wir!»

Jaël: «Ihr habt besseres Wetter als wir!»

Es wurde eine Rarität, dass prominente Musiker Chur auf ihrem Tourplan platziert haben. Doch seit dem Aufblühen der Ausgehkultur im Frühling dieses Jahres hat sich einiges geändert. Was sehr schön ist. Nun kam es zum Interview mit einer der bedeutensten Künstlerinnen der Schweiz der letzten 15 Jahre. Wenn auch ein wenig verspätet, dafür umso exklusiver!

Feine Töne eines Trios klangen am Donnerstagabend durch die Churer Altstadt. Eine Mischung aus Pop und Folk voller Melancholie, jedoch ohne Sonnenmomente auszublenden. Der als Geheimtipp von Nichtkennern gehaltene Act, der letzte Woche in der Werkstatt spielte, ist in Wirklichkeit ein seit Jahren erfolgreicher Act: Jaël.

Die Berner Musikerin mit der Träne in der Stimme war 16 Jahre lang Aushängeschild der Band Lunik, hat mit ihnen zahlreiche Hits geschrieben und Chartplatzierungen gesammelt wie andere Briefmarken.

Seit letztem Jahr ist sie nun auch solo unterwegs.

Wir haben da aber noch ein paar Fragen Frau Malli…

Wie gefällt es dir in Chur?

Sehr gut! Ihr habt besseres Wetter als wir. Jedenfalls scheint immer die Sonne, wenn ich zu Euch komme!

Du hast bereits einmal mit Lunik in der Werkstatt gespielt. Was ist heute anders?

Die überaus grosse Freude und Dankbarkeit sowie die anhaltende Treue der Bündner zu spüren, dass sie mich auch ohne Lunik unterstützen und hören wollen!

Vermisst du Lunik hin und wieder oder ist alles super, so wie es ist?

Es ist alles super, wie es ist und trotzdem denke ich immer wieder mit Wärme, Stolz und manchmal auch etwas Nostalgie zurück. Zum Beispiel, wenn was am Radio läuft. Das ist so, wie wenn du glücklich liiert bist und dann triffst du einen Ex und merkst, wieviel dich mit dem Menschen verbindet und wie sehr er Teil von dir ist und dich geprägt hat! Dann stürzen schöne Erinnerungen über einem herein, man geniesst den Moment und geht dann weiter.

In Bern habt ihr eine reichhaltige Musikszene. Wie gut kennst du dich mit Bündner Musikern aus?

Nicht so gut ehrlich gesagt… ehmmm Sektion Kuchikäschtli…. Corinne Curschellas… Mir fallen lustigerweise vor allem Rapper ein.

Spielst du oft unter der Woche Konzerte?

Immer öfters! Gerade mit den Acoustic Shows spreche ich ja nicht unbedingt die Wochenend-Teenie-Ausgängerszene an und habe die Erfahrung gemacht, dass Leute in meinem Alter aufwärts auch gerne wochentags am Abend bei mir am bestuhlten Konzert entschleunigen.

Du bist mit deiner Stimme seit Jahren erfolgreich. Was gibtst du jungen Sängerinnen als Tipp mit auf den Weg?

Vor allem Authentizität. Finde deine eigene Stimme und sing von Herzen, was dich ausmacht und berührt. Finde Leute, mit denen du gern zusammen arbeitest, die dich inspirieren und unterstützen, sowie denen du vertrauen kannst. Arbeite hart, stetig, geduldig und steh immer wieder auf.

Was hörst du privat eigentlich für Musik?

Ui… queerbeet. Von skandinavischen Singer-Songwritern bis hin Coldplay, so ziemlich alles, was schöne Melodien und gute Texte hat.

Ich weiss, dass du grosser Züri West-Fan bist. Hörst du hin und wieder aber auch härtere Sachen wie beispielsweise Rap oder Heavy Metal?

Zuhause nicht. Aber wenns an einer Party läuft, kann das durchaus Spass machen.

Wann gibt es eigentlich mal einen Mundartsong von Jaël?

2017! Ritschi und ich haben ein Duett geschrieben, das auf seinem nächsten Album einen Platz gefunden hat.

Wie gefällt dir die Werkstatt? Du bist doch sicherlich grössere Konzerthallen gewohnt?

Ich liebe so heimelige, schöne Orte. Man merkt, dass in der Werkstatt feinfühlige Leute mit dem richtigen Gespühr am Werk sind. Ich fühlte mich sofort daheim!

Wie viele Lunik- und MiNa-Songs spielst du aktuell noch live?

Ich würde sagen, meine Solo-Songs machen etwas mehr als die Hälfte des Programmes aus und mit einem nächsten Album dürfte es dann noch etwas mehr werden. Da ich ja auch bei fast allen Luniksongs mindestens Text und Melodie geschrieben habe, passt das gut zusammen und fühlt sich für mich stimmig an, auch jene älteren Songs zu performen. Und das Publikum freuts auch.

Wie läufts mit der Schauspielkarriere?

Die hatte ich dieses Jahr etwas zurück gestellt, da so viel lief mit der Musik. Momentan habe ich eine Anfrage für ein Theaterstück im 2018 auf dem Tisch, die mich sehr lockt. Eine Filmrolle hab ich abgesagt. Ich sehe mich nach wie vor als Musikerin. In der Schauspielerei picke ich mir einfach die Rosinen, wenn eine daher kommt. Sprachaufnahmen machen mir extrem Spass und auch so Jöbbleins wie die Kinderkonzerte mit dem ZKO, wo ich als Erzählerin tätig bin, machen mir grosse Freude. Das alles zusammengezählt mit der Hauptrolle in meinen Musikvideos deckt meine Schauspiel-Lust vollends ab!

Was sind die nächsten Projekte fürs 2017?

Wir spielen im Frühjahr noch einige Konzerte und im Mai/Juni bin ich dann wieder mit Gus MacGregor in der Schweiz und in England unterwegs. Das Duett mit Ritschi wird erscheinen und somit begleite ich wohl auch ihn am einen oder anderen Gig, eben erwähnte Kinderkonzerte und noch so einige andere kleine Jobs. Und dann steht natürlich vor allem Songwriting an und die Aufnahmen eines nächsten Studioalbums. Das Acoustic-Album, das eben erschien, ist ein Liebhaber-Live-Album.
Aber es sind schon viele Ideen da und wir haben letzten Monat in Amerika bereits drei neue Songs aufgenommen.

Mehr Informationen zu Jaël auf www.jaelmusic.ch.

 

(Bilder: zVg.)

author

Chris Bluemoon

Redaktor Kultur
Hauptberuflich Radio-Journalist mit viel Leidenschaft für die Musik, die Poesie und das ganz grosse Chaos.