Buchtipp: «Am anderen Ende der Nacht» von Jan-Philipp Sendker

Buchtipp: «Am anderen Ende der Nacht» von Jan-Philipp Sendker

Karin Hobi
17.11.2016

Rund 14 Jahre ist es her, seit Jan-Philipp Sendker seine unglaublich berührende Geschichte «Das Herzenhören» veröffentlicht hat. Eine Geschichte, die Geschichte schrieb. Und auch sein neustes Werk «Am anderen Ende der Nacht» schreit nach grossem Erfolg.

Die Hauptprotagonisten sind Paul, seine Frau Christine und ihr gemeinsamer, vierjähriger Sohn David. David, der am liebsten Verstecken spielt und nicht gefunden werden will. Während einer Chinareise wird das «Nicht-gefunden-werden» jedoch zum Horrorszenario. Paul lässt seinen Sohn für einen kurzen Moment unbeaufsichtigt. Und David verschwindet. Spurlos? Nein! Die Täter werden gedeckt. Sogar von der Polizei. Bei den Menschen, die David den Eltern entrissen haben, handelt es sich um ein politisch mächtiges Paar. Und wenn ihnen etwas gefällt, und sei es ein fremdes Kind, dann kriegen sie es auch. Alles ist käuflich. Alles ist Ware. Der Autor wagt es, mit seinem neusten Werk einen Blick hinter die Fassade des perfekt scheinenden modernen Chinas zu werfen. Packend. Spannend. Und mit vielen Emotionen.

Wie durch ein Wunder kehrt David nach nur wenigen Buchseiten wieder zurück zu seinen Eltern. Ungemeine Erleichterung, aber der Schock sitzt tief und die Angst nimmt kein Ende. Die kleine Familie muss so schnell wie möglich fliehen und sich und ihren Sohn in Sicherheit bringen. Sofern es sie überhaupt gibt, die Sicherheit. Sendker nimmt die Leser mit auf die Flucht. Mit hinein in das Gefühl, der Situation ausgeliefert und auf Hilfe angewiesen zu sein. Welche Menschen wollen wirklich helfen? Und wann und wo kann das Risiko «Vertrauen» eingegangen werden? Paul, Christine und David treffen auf sehr mutige Menschen. Menschen, die mit ihrer Hilfe ihr eigenes Leben riskieren. Mit Fragen wie «Wo zieht ein Mensch die Grenzen seiner Hilfsbereitschaft?», «Zu welchen Opfern ist er bereit, um Fremden in der Not zu helfen?» werden Themen angeschnitten, die aktueller nicht sein könnten.

Paul und Christine. Ein einst sehr verliebtes Paar. Doch die Angst um ihren Sohn und um ihr Leben ist allgegenwärtig und stellt ihre Liebe auf die Probe. Immer wieder hält der Autor inne, um die Beziehung zwischen den beiden sowie auch die Vorgeschichten der Protagonisten zu beleuchten. Dadurch ist dieser dritte Teil der China-Trilogie ohne Vorwissen und als eigenständiges Buch verständlich. Das Buch macht aber Lust darauf, sich die beiden Vorgänger „Das Flüstern der Schatten“ (2007) und „Drachenspiele“ (2009) ebenfalls zu Gemüte zu führen.

 

Der Autor

Jan-Philipp Sendker, einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren, wollte schon in seiner Kindheit Schriftsteller werden. Inzwischen hat er weltweit 3,5 Millionen Bücher verkauft und seine Werke sind in mehr als 30 Sprachen übersetzt. Der 56-jährige Journalist und Schriftsteller ist in Hamburg geboren und lebt mit seiner Familie in Potsdam. Von 1990 bis 1995 war er Amerika- und von 1995 bis 1999 Asien-Korrespondent des Stern. Sein sechstes und neustes Werk «Am anderen Ende der Nacht» ist kürzlich erschienen und der dritte Teil der China-Trilogie.

Infos unter www.jpsendker.de

 

Das Buch

Roman, Deutsch
Einband: Buch (gebunden)
Seitenzahl: 352
Erscheinung: 2016
Verlag: Blessing
Erhältlich: Im Buchhandel
Preis: CHF 28.80

 

Lesung

17.11.2016 19:30 Uhr bei Schuler Bücher, Grabenstrasse in Chur

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Karin Hobi

Redaktorin Kultur
Texterin und Autorin