Welt heute: Europa muss aufrüsten – nicht nur wegen Trump

Welt heute: Europa muss aufrüsten – nicht nur wegen Trump

Beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel wurde klar: Die Europäer wenden für ihre Armeen nicht genug Geld auf. Nach US-Verteidigungsminister Mattis müsse Europa jetzt aufrüsten, sofern die USA bei ihrem Bekenntnis zur NATO bleiben soll. Die Forderung ist keine Drohung, sondern eine Notwendigkeit.

Die Vereinigten Staaten geben mehr Geld für Verteidigung aus als jedes andere Land auf der Welt. Mit einem Budget von über 664 Milliarden USD geben die Amerikaner nicht nur mehr Geld aus als alle anderen Länder in den Top 15 zusammen, sondern tragen ganze 43 Prozent der weltweiten Ausgaben. Als grösste Wirtschaft der Welt kann man sich das doch leisten könnte man argumentieren; aber auch in Relation zum Bruttoinlandprodukt sind die USA mit 4,7 Prozent weltweit führend und liegen nur hinter Israel zurück (Zum Vergleich, die Schweiz gibt mit 4,8 Milliarden Franken etwa 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aus). Die Europäer hinken da weit hinterher. Deutschland liegt hauchdünn über der 1 Prozent Marke, die Briten und Franzosen kratzen an den 2 Prozent. Genau dieses Ungleichgewicht an Verteidigungsausgaben zwischen den USA und dem Rest der NATO-Partner verführte Donald Trump im Wahlkampf zu drohenden Ausfällen: Die NATO sei obsolet, überflüssig geworden und wenn die Alliierten nicht mehr einbringen würde die USA nur noch gegen Bezahlung den Schutz des Bündnisses übernehmen.

Die Aussage, in klassischer Trump-Manier jenseits des rational Verkraftbaren, verbreitete in Europa die Befürchtung, dass Präsident Trump die NATO substantiell schwächen könnte. In Anbetracht der russischen Aktivitäten im Osten des Kontinents und anderen Krisenherden im Nahen Osten und Ostasien keine beruhigenden Nachrichten. Am Mittwoch hat nun in Brüssel ein Treffen der NATO-Verteidigungsminister stattgefunden, für die Amerikaner reiste James „Mad Dog“ Mattis an. Der ehemalige General, der seinen Spitznamen unter anderem einigen fragwürdigen Aussagen verdankt („be polite, be professional, but have a plan to kill everybody you meet»), forderte von Europa mehr Engagement um das gesteckte Ziel der 2 Prozent Hürde zu erreichen. Obwohl der Ton einmal mehr scharf wirkte, konnten zumindest die von Trump gesäten Befürchtungen zerstreut werden. Die NATO sei ein fundamentaler Grundpfeiler für die USA, versicherte Mattis.

Die Forderungen der Amerikaner verlangen von den Europäern bislang nichts, was sowieso nicht schon vereinbart wäre. Nur lassen sich einige sehr viel Zeit dabei, die 2 Prozent BIP-Anteil auch zu erreichen. Deutschland zum Beispiel müsste die eigenen Ausgaben um ganze 65 Prozent anheben. Die Amerikaner wollen nicht mehr allein für den Schutz des Bündnisses aufkommen, und verlangen eine fairere Aufteilung. Der Wunsch ist nicht nur gerechtfertigt, sondern notwendig. Trump hat in seinem Programm immer wieder auf den isolationistischen Kurs verwiesen, den er den USA verschreiben will. Protektionismus und Abschottung, statt Freihandel und Interventionen. Obwohl man bei „the Donald“ natürlich nie genau wissen kann woran man ist, sollte Europa vorbereitet sein um selbstständig überlebensfähig zu sein – auch militärisch. Vor allem der neue Aufstieg Russlands mit seinen Grossmachtambitionen im Osten Europas stellt eine akute Bedrohung dar. Und wie sich in der Vergangenheit zur Genüge gezeigt hat, ist eine glaubhafte militärische Abschreckung oft das einzige Mittel gegen potentielle Aggressoren.

 

(Bild: EQImages)

author

Franco Membrini

Kolumnist
Hat an der University of Edinburgh seinen «Master of Science in History» absolviert. Zuvor studierte der Churer Geschichte, Betriebsökonomie und Staatsrecht an den Universitäten Bern und Bologna.