Die Kunst, den Dingen auf den Grund zu gehen

Die Kunst, den Dingen auf den Grund zu gehen

GRHeute
03.03.2017

Raphael Kleinstein’s Werkstatt, ein Atelier tief in den Gewölben der Churer Altstadt, erinnert an ein mittelalterliches Laboratorium. Den dunklen Kraftort eines Alchemisten. Überall stehen Schalen und Töpfe, Gläser, Mörser und kleine Plastiksäcklein mit Pulvern in ganz verschiedenen Farben. Raphael stellt heuer eine Auswahl seiner neusten Werke aus und lädt zur Vernissage am 17. März 2017.

Schiefergrau und Anthrazit, blasse Blauschattierungen und Unmengen von fein differenzierten Erdtönen vom schreiend safrangelbem Ocker aus den Steinbrüchen Südfrankreichs bis zur matten grünen cyprianischen Erden oder einem geheimnisvoll schimmernden Felsenrot aus Island.

Die Pulver und Farbpigmente sind für Raphael Kleinstein Motiv, Motivation und Obsession. Mit ihnen verfolgt er das Ziel des Forschers, den Dingen auf den Grund zu gehen. Und was wäre grundsätzlicher als der Staub, aus dem alles entsteht und zu dem alles wieder zerfällt. Der Staub der farbigen Erde. Den archaischen Charakter dieses Staubs, dieser Urfarben wollte er bildnerisch inszenieren. Dazu musste er ganz neue Verfahren entwickeln, denn die unmittelbare Kraft und enorme Intensität der Pigmente war nicht mit einfachen Mitteln auf die Leinwand zu bringen.

Terra Pads_1

In den letzten drei Jahren war seine Werkstatt daher Schauplatz unzähliger Experimente und Versuche. Schliesslich gelang es ihm, die Pigmente so in Szene zu setzen, wie er es sich vorgestellt hatte: roh, farbstark, unverfälscht und kraftvoll. Alles Eigenschaften, die auch den Prozess vom Pigment zum fertigen Pad prägten. Ein schöpferischer Akt, bestimmt nicht nur von sensibler Wahrnehmung, sondern auch von groben Arbeiten und roher Kraft: Trägermaterial, Grundierungen und Untermalungen werden gewalzt, gepresst, gehämmert, die Pigmente gespachtelt, gemalt und eingearbeitet. Im Atelier ist es oft ohrenbetäubend laut, stickig und staubig, ein Arbeiten in dieser Atmosphäre ist ohne Staubschutzmaske ist nicht denkbar.

Terra Pads nennt Raphael Kleinstein seine neuste Serie. In ihrer Strenge erinnern die Bilder an Design-Objekte. Jedes Objekt besteht aus drei Reihen mit je fünf Kacheln. Was diese verbindet, ist ihre leicht konvexe Oberfläche und die Grundfarbe, was sie unterscheidet, sind Nuancen der Schattierung und Feinheiten der Oberflächenstruktur. Durch diese Unterschiede entsteht ein vielfältiges Wechselspiel zwischen den verschiedenen individuellen Pads und letztlich ein Dialog zwischen Bild und Betrachter.

Terra Pads_3

Raphael Kleinstein lebt zwischen den Welten. Zwei Seelen wohnen in der Brust des Alchemisten, denn er ist nicht nur Künstler, sondern auch ausgebildeter Graphic Designer, der regelmässig als Art Director arbeitet. Obwohl es auch in der Welt der visuellen Kommunikation um Farben und Formen geht, könnte der Kontrast zwischen den erdigen Terra Pads und den geschliffenen Hochglanzbroschüren, der Spagat zwischen dem brachialen Werken im Labor und dem filigranen Gestalten am Computer nicht grösser sein. Aber wer weiss, vielleicht gäbe es gar nichts, ohne das Gegenteil.

Raphael Kleinstein stellt eine Auswahl seiner neusten Werke bei Romano Cosi, dem kunstbegeisterten Inhaber der Churer Kommunikationsagentur Atlantiq aus. Die Vernissage findet am 17. März 2017 um 18.30 Uhr an der Kasernenstrasse 36 statt.

Raphael Kleinstein

www.raphaelkleinstein.ch

 

(Bilder: Copyright Dolores Rupa)

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