Nach dem Stängali die Shutout-Niederlage

Nach dem Stängali die Shutout-Niederlage

Der HCD wurde zum Auftakt der Champions Hockey League seiner Favoritenrolle gerecht und fegte beim Heimspiel den englischen Meister Cardiff Devils gleich mit 10:1 vom Eis. Am Samstagabend musste sich der HCD dafür dem Gruppenfavoriten Växjö im zweiten Spiel in der Champions League zu Hause mit 0:3 geschlagen geben.

 

Mehr zum Spiel vom Samstag folgt.

 

Matchbericht vom Donnerstag: Vor der Partie gegen Cardiff waren die Rollen klar verteilt: Während für den HCD ein Sieg ein Muss war, freuten sich die Waliser vor allem auf die Chance, einmal gegen den Traditionsverein spielen zu dürfen. Headcoach Andrew Lord bezeichnete die Champions Hockey League vor dem Start als ‚fantastische Möglichkeit, von starken Gegnern zu lernen’.

 

Das schien gestern Abend in der Vaillant Arena der Fall gewesen zu sein.

 

Der HC Davos begann dominant, hatte den Fuss auf dem Gaspedal, und liess den Gegner von der Insel überhaupt nie ins Spiel.

 

In den ersten drei Minuten ‚frassen’ die Cardiff Devils bereits zwei Strafen, als sie versuchten, den Speed der Davoser mit Haken zu bremsen. Beim darauffolgenden 5-gegen-3 knallte Felicien Du Bois mit einem Slapshot die Scheibe ins Netz. Und noch während die zweite Strafe lief, erhöhten die Gelb-Blauen: Der Youngster Chris Egli, der mit Nando Eggenberger und Mauro Jörg die nominell vierte Linie bildete, stocherte die Scheibe von hinter dem Tor über die Linie. (Die vierte Linie war am Ende des Abends übrigens eine der auffälligsten Formationen der Davoser.)

 

Nach 20 Minuten stand es 2:0 für das Heimteam, die Fans sahen aber einen Klassenunterschied, und es war nur eine Frage der Zeit, bis der Damm brechen würde. Robert Kousal (gleich zweimal), Magnus Nygren, Enzo Corvi und Gregory Sciaroni vergaben alle hochkarätige Chancen zum dritten Treffer. Die Partie plätscherte bereits nach 15 Minuten vor sich hin, und Davos begann, etwas lethargisch und zu kompliziert zu wirken. Sinnbildlich: Der HCD spielte kurz vor Drittelsende erneut in doppelter Überzahl, brachte dabei aber wenig zustande. Es schien, wie wenn der Ausgang der Begegnung bereits entschieden war. Davos ‚musste’ nicht mehr, Cardiff ‚konnte’ offensichtlich nicht mehr. Joren van Pottelberghe, der für die Partie den Vorzug im Tor erhielt, hatte in den ersten 20 Minuten wenig zu tun und musste selten eingreifen.

 

Vor allem das Mitteldrittel zeigte dann wieder die klare Differenz in der Qualität zwischen dem Schweizer Traditionsverein und dem CHL Newcomer aus Grossbritannien: Der HCD wachte wieder auf und drückte aufs Tempo, und das Resultat war vernichtend. In der 23. Minute erhöhte der 17-jährige Stürmer Nando Eggenberger auf Vorlage von Mauro Jörg zum 3:0, in der 32. Minute verwertete Marc Wieser einen Rebound zum 4:0, und von da an schien es, wie wenn jeder Schuss reinfallen würde. Mauro Jörg (in Unterzahl!), Felicien Du Bois und Robert Kousal erhöhten im Zweiminutentakt noch vor der zweiten Drittelspause zum 7:0 für den HCD.

 

Wenn der HCD mit Speed agierte, waren die Devils überfordert und liessen reihenweise hochkarätige Chancen zu. Im Mitteldrittel nutzten die Davoser ein halbes Stängeli davon. Cardiff konnte sich gegen das Tempospiel oft nur mit Strafen helfen. (Was irgendwie gar keine so schlechte Lösung war: Wenn man von einer Schwäche im Davoser Spiel sprechen konnte, dann war es das Powerplay. Wie schon so oft in der National League A hatten die Bündner Mühe, wenn der Gegner ein aggressives Boxplay betrieb. Die Gelb-Blauen kamen in diesen Phasen zu weniger gefährlichen Abschlüssen als bei numerischem Gleichstand.)

 

Der Gastgeber war dem Gegner haushoch überlegen. Die einzigen zwei Fragen, die sich vor dem letzten Drittel noch stellten: Schafft Joren Van Pottelberghe einen Shutout? Und schaffen die Davoser womöglich ein «Stängeli»?

 

Die erste Antwort kam nur eine Zeigerumdrehung nach Wiederanpfiff, die zweite kurz vor Ende der Partie: Die zahlreichen Devils Fans konnten in der 41. Minute den Ehrentreffer zum 7:1 im Powerplay feiern. Und die Waliser erhielten dadurch etwas Aufwind und kamen zu mehreren Abschlüssen, wirklich gefährlich wurde es aber doch nie. In der 50. Minute kehrte dann die Sache zurück in gewohnte Abläufe: Der HCD drückte wieder aufs Tempo, Cardiff schwamm, und nachdem Sven Jung von der blauen Linie abzog, fand die Scheibe den Weg irgendwie ins Netz zum 8:1. Drei Minuten später überlief Walser seinen Gegenspieler und bediente Gregory Sciaroni mustergültig, der zum 9:1 einnetzte, und fünf Minuten vor Ende feierte Magnus Nygren seine Tor-Premiere im HCD Dress mit dem Stängeli zum 10:1.

 

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Die Schuss-Statistik zeigt es visuell auf: Während der HCD den Slot regelrecht dominierte und die beiden Cardiff Keepers (die Devils wechselten in der 36. Minute den Torhüter) mit Schüssen aus nächster Nähe bombardierten, konnte Joren van Pottelberghe einen sehr ruhigen Abend geniessen. Die 2520 Zuschauer in der Vaillant Arena erhielten am Ende das erwartete Entertainment: Ein HCD, der in allen Belangen besser war als der Underdog.

 

Vier Tore in Überzahl, eines in Unterzahl. Vier Tore von Verteidigern. Der HCD, im Schnitt fast drei Jahre jünger, war für die Cardiff Devils eine Schuhnummer zu gross. Am Ende war es ein klarer, leichter Sieg, der so irgendwie zu erwarten war. Vielleicht nicht in der Höhe (was ein Beweis für das Potential des Davoser Sturms ist), aber zumindest im Verdikt.

 

(Apropos klar: Das letzte Mal, dass der HCD gegen einen vermeintlich gleichwertigen Gegner doppelstellig buchte und mit neun Toren Differenz gewann, war 2010 gegen die SCL Tigers. Damals besiegte der HCD die Langnauer mit 13:4.)

 

Wichtig wird die Partie vom Wochenende: Nach dem lockeren Auftaktsieg wird es für Davos am Samstag gegen Växjo ungleich schwieriger. Für den HCD ist es eminent wichtig, das Powerplay noch besser zu nützen, denn gegen das skandinavische Spitzenteam werden die Davoser ganz sicher nicht mehr zu so vielen Überzahlsituationen kommen.

 

Der HCD ist auf Kurs, der Start ist geglückt.

 

(Bild: Twitter HCD, Shot-Tracking: CHL)

author

Richi Brändli

Redaktor Eishockey
Ehemaliger Kolumnist bei GRHockey, Plausch-Spieler und Fan von regionalem bis internationalem Eishockey.