Watchdog Society im grossen Interview zum neuen Album

Watchdog Society im grossen Interview zum neuen Album

Sie sind die Heavy Metal-Hoffnung Graubündens und obwohl die Herren von Watchdog Society mit ihrem Sound schon ziemlich umher gekommen sind, folgt jetzt erst ihr Debütalbum. Wie die Produktion war und wie es nach dem Release weitergeht, haben wir im exklusiven GR Heute Interview mit dem Frontmann Ralph Kohler besprochen.

Lange habt ihr gewerkelt, wie zufrieden seid ihr mit eurem Debüt?
Wir sind sehr zufrieden! Seit wir uns zusammengetan haben und angefangen haben, Lieder zu schreiben, haben wir uns schon x-mal musikalisch um die eigene Achse gedreht. Am Anfang wollten wir simplen Post Grunge spielen, viele Balladen und Stücke mit straightem Hard Rock. Irgendwann wurde die Lust nach komplexeren Riffs und progressiven Elementen einfach stärker. Prog Metal wird auch die Richtung sein, in die wir uns schleichend hinbewegen. Ich denke aber, wir haben in unserem Debütalbum einen guten Mix von gemächlichen Liedern und härteren Stücken gefunden.

Ein grosser Teil von euch kommt von der Lenzerheide. Wie hat euch die „Heid“ musikalisch beeinflusst?
Wir wohnen zwar alle im nahen Raum Chur, aber Jan – und seit Kurzem Lüc – sind mit der Lenzerheide verwurzelt. Ich bin mir nicht sicher, ob man von «musikalisch beeinflusst» reden kann, aber es gab da oben früher eine Punkband – MFS. Ist ungefähr 15 Jahre her. Die Brüder hatten es echt drauf und zogen mit ihrem Sound von Club zu Club. Und auch mal auf grosse Bühnen. Damals war die Punkszene in Chur im Safari ziemlich stark. Wir haben sie dort einige Male spielen sehen. Sie waren damals keine 16, waren aber eifrig am Musizieren und hatten, soweit ich weiss, auch einige grosse Türen aufgetreten. Das hat uns sehr imponiert. Ich glaube, einige von ihnen machen heute noch Musik.

Man kennt von der Lenzerheide praktisch nur euch und die Audio Dogs. Was sind deine Geheimtipps von oben?
Ich bin mir sicher, dass es in jedem Ort potentielle Weltmusiker gibt. In der Heide kenne ich leider keine anderen Bands, aber sicher ist, dass es die in der Lenzerheide gibt. Die warten nur auf eine Möglichkeit.

Wie ist der Ausgang auf der Heid? Läuft da nur was, wenn die Touristen anwesend sind?
Keineswegs! Im Central Pub läuft immer was, wenn Live gespielt wird. Die «Heider» schätzen ungefilterte Live-Musik, speziell die Herren vom Central Pub. Es gibt immer weniger Bars und Pubs, die auf Live-Musik setzen. Leider. Der Grund ist überall derselbe: DJs sind günstiger und bedeuten weniger Aufwand. Zudem lässt sich die Lautstärke besser drosseln. Aber es geht dadurch leider ein grosser Teil Kultur flöten. Das soll nicht heissen, dass ein guter DJ nicht jede Party zum Kochen bringen kann. Aber vielleicht können wir alle im Umgang mit lauter Musik etwas lockerer werden (lacht).

Wird es eine kleine Tour zum Album geben?
Geplant ist eine. Luzern, St. Gallen, vielleicht auch Basel. Wir haben erst gerade eine neue Managerin. Die Planung der Tour kostet viel Zeit, die bis jetzt etwas rar gewesen ist. Aber wir sind guter Dinge, dass jetzt der Ball am Rollen ist. Zudem ist ein neues Musikvideo zum Song «Days Of The Phoenix» geplant.

Ihr hattet viele Personalwechsel, hat sich deshalb die Produktion so verzögert?
Der Drummer-Wechsel hat uns verlangsamt, aber es ist nicht der Hauptgrund gewesen, weshalb die LP erst jetzt erscheint. Wir hatten seit Beginn immer wieder mal kleinere Produktionen: die Friendly Fire EP und später das Remake des Songs «What Am I» mit dem Musikvideo und im letzten September der Balcony TV-Auftritt. Zudem sind wir akustisch getourt – die neuen Arrangements haben viel Zeit gekostet. Wir haben uns von kleinen Projekten zu kleinen Projekten geschwungen. Wir mussten die Prioritäten immer wieder verschieben. Es hat auch gedauert, bis wir die Songs so arrangiert hatten, wie wir sie pressen wollten.

Vertreibt ihr die Scheibe selbst oder konntet ihr ein Label finden?
Wir vertreiben alles selber. Ob wir ein Label wollen, wissen wir gar nicht. Für das Ausmass, wie wir Musik machen, brauchen wir eigentlich kein Label. Vielleicht kommt das ja noch.

Wie ist es mit einem Produzenten zusammen zu arbeiten, der selbst ein raffinierter Gitarrist ist?
Wir hatten schon das Vergnügen, mit Tommy Vetterli von Coroner und 69 Chambers zusammen zu arbeiten. Er ist ebenfalls ein fantastischer und vor allem sehr erfolgreicher Gitarrist. Die Erfahrung schätzen wir alle sehr, ein echt professioneller Produzent und Musiker. Für die LP haben wir uns für Rino Hassler von Rinorecords entschieden. Eine Entscheidung, die absolut richtig war. Wir hatten vor den Aufnahmen sehr viel Zeit in den richtigen Gitarrensound investiert. Nicht nur, weil der Mix nachher besser funktioniert, auch, weil er den selben Ehrgeiz für den perfekten Gitarrensound hat wie ich und René. Das hat mich sehr beeindruckt! Er hat sich umfassend mit unseren Instrumenten auseinandergesetzt, die Amps und Effekte studiert. Und hat das absolute Maximum rausgeholt. Er war nicht nur hochprofessionell, er war richtig leidenschaftlich. Hut ab vor seiner Arbeit!

Es gibt in Graubünden eine starke Metalszene. Doch so richtige Heavy Metal-Bands sind rar gesäht. Hofft ihr mit eurem Album die Saht für die nächste Generation zu legen?
Irgendwie hofft das doch jede Band, mit ihrem Sound die nächste Generation zu inspirieren (lacht). Eine schöne Hoffnung. Vielleicht inspirieren wir die eine oder andere junge Person, selber ein Instrument zu lernen, eine Band zu gründen, und eigene Songs zu schreiben. Vielleicht bleibt sogar ein Funken «Watchdog Society» in ihren Liedern hängen. Wichtig ist uns vor allem, dass es eine nächste Generation «Metalheads» gibt und sie sich dafür interessieren, ein Instrument zu lernen. Am besten ein lautes.

Euer Gitarrist René ist einen Zacken älter als ihr. Gibt es da nie Meinungsdifferenzen?
René ist ein sehr belesener, erfahrener Musiker. Wir sind eigentlich ziemlich stolz auf uns, dass wir eben sehr selten Meinungsdifferenzen haben. Streit kommt so gut wie gar nie vor. Er ist unsere treibende Kraft, was die Genauigkeit und die Harmonie in unseren Stücken angeht. Und er ist für die 32tel Solos verantwortlich (lacht). Die Rollen in der Band sind ziemlich klar verteilt und so muss es meiner Meinung nach auch sein. Die Band ist wie ein Team: Jeder Teamplayer hat seine Aufgabe. Mir als Songwriter ist es trotzdem sehr wichtig, dass René ein neues Stück gehört hat, bevor wir es proben. Seine Erfahrung ist für uns alle sehr wertvoll!

Was war euer bisheriges Highlight als Band?
Ein Highlight war bestimmt der Auftritt bei Balcony TV in Zürich. Es war zwar nur akustisch, aber die Stimmung war fantastisch. Und live auf einem Balkon mit der Skyline von Oerlikon im Hintergrund zu spielen, das hat schon was.

Wo seht ihr euch in zehn Jahren?
In zehn Jahren haben wir bestimmt schon ein weiteres Alben aufgenommen (lacht). Nein, jetzt im Ernst: Es werden hoffentlich zwei oder drei Alben sein. Unsere Vorstellung ist, dass wir alle zwei Jahre ein Album aufnehmen. Es ist ambitioniert, aber erreichbar. Wir wollen zudem etwas mehr ausserhalb von Chur spielen, vielleicht auch mal in Deutschland. Wir werden bestimmt nie damit aufhören, unser Spiel zu verbessern. Und vermutlich wird unsere Musik in 10 Jahren progressiver sein.

Wie eng ist euer Verhältnis zur Musikszene Chur?
Jan und ich sind jedes Jahr am Churerfest und sehen uns die Konzerte im Stadtgarten an. Das einzige, was am Churerfest immer ändert, sind die Bands. Oder ihre Songs. Alles andere bleibt praktisch gleich. Die Churer Musikszene beschäftigt uns schon seit Langem. Seit wir selber noch in der Hip Hop-Szene unterwegs gewesen sind und auf dem Regierungsplatz gerappt haben. Vor dem Eagles. Damals kannte man schon den einen oder anderen, der rappt. Oder die eine oder andere Crew. Jetzt sind es Bands. Einige preschen ehrgeizig nach vorne, andere sind eher zurückhaltend. Aber es ist bei allen inspirierend, zuzuhören.

Das Album «The great together» erschien am 16. August und wird am 8. September 2017 im Kulturhaus Chur getauft. Mehr Infos dazu unter www.watchdogsociety.com/

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Chris Bluemoon

Redaktor Kultur
Hauptberuflich Radio-Journalist mit viel Leidenschaft für die Musik, die Poesie und das ganz grosse Chaos.