Ali’s Album «EROL» im Test

Ali’s Album «EROL» im Test

Ein nicht gerade alltägliches Werk liegt heute auf meinem Seziertisch. Denn kaum ein anderes Werk wird länger erwartet, kritischer beäugt und wurde unter mehr Erfolgsdruck produziert, wie ALI’s „Erol“. Wir von GR Heute haben rein gehört. Was das Werk taugt, in der grossen Plattenkritik.

BLS Intro

Sehr verspielt wird in das Debütalbum gestartet. Nach erstem Geplänkel kommt ALI wie ein Maschinengewehr rein und legt schon beim ersten Track alles in Asche. Bombe.

Daenerys

Es wird gleich ein zweites Brett nachgelegt und was für eines. Das Intro des Tracks rockt ziemlich gut, dann wird es elektronisch, leicht Autotune-angehaucht. Er erzählt brachial von seinem rauen Weg an die Spitze des Schweizer Raps. Er lebt heute den Traum von vielen und teilt ihn gerne mit jüngeren Nachwuchstalenten. Hut ab, welch ein guter Geschichtenerzähler der Junge geworden ist.

El Magico

Ich muss ALI hier mal ein Kränzchen binden. Denn ich bin kein Fan von modernem Rap und Trap. Doch er schafft hier einen interessanten Balanceakt zwischen zwei Welten. Bei diesem Track wird heftig gefrontet und es ist cool zu hören, dass er dem Battle-Rap hier doch auch noch eine Bühne gibt und somit ein „Zurück zu den Wurzeln“ zelebriert. Denn an den ersten Freestyle-Shows konnte man vor sechs/sieben Jahren schon sein enormes Talent entdecken. Ein gelungenes Revival.

Erol

Titeltrack und sicher auch emotionalster Track des Albums. Nach dem repetitiven Anfang kommt seine Familiengeschichte, respektive die Story seines Vaters Erol zum Vorschein. Einige Male läuft es mir eiskalt den Rücken runter, da die Nummer recht derbe einfährt. Leider ein wenig kurz.

Handglenk

Wow, das überrascht mich jetzt sehr. Ich hätte ihm schon einen Lovesong zugetraut, doch ein solch vielseitiger und kreativer raubt mir gleich ein wenig der Atem. Sehr musikalisch, sehr malerisch und vor allem sehr bleibend. Für mich jetzt schon ein ALI-Klassiker.

Jikan

Nach zwei soften und nachdenklichen Nummern kommt der Krieg. ALI verbrennt die ganze Szene und gibt fette Props seinen Luzerner Jungs. Er ist angekommen bei den richtigen Leuten, die ihm genug Aufwind geben und zu neuen sprechgesanglichen Meisterleistungen animieren.

Kyodai

Ein wenig komische Titel für seine Werke hat ALI gewählt. Hier wird wieder mal seine Liebe zu der asiatischen Kultur zelebriert. Fast ein wenig was für Genre-Fans, denn ich komme nicht so wirklich mit, um was es eigentlich geht, was aber nicht weiter schlimm ist, denn der Song ist sehr entspannend.

L.O.P.

Der Anfang des Liedes erinnert mich ein wenig an ein Glockenspiel. Dann haut der Beat auf einen Schlag ziemlich auf die Kacke. Während andere Rapper auf so einem Beat eher untergehen würden, zerreisst ALI das Stück und zeigt den Beats ihre Grenzen auf. Zum Teil muss man gewisse Sachen nochmals nachhören, da seine Raps schneller sind als das Ohr mithören kann. Das ist der grosse Reiz an seiner Kunst: Man hört gerne vermehrt hin, da im Gegensatz zu anderen einem bei ihm nicht das Gesicht einschläft.

Megatron

Das war eine Ansage, als das Video herausgekommen ist. Ein stylisches Feuerwerk, doch hört und seht selbst:

Mentor

Hui, wieder so eine emotionales Wechselbad der Gefühle. Harter Tabak, was er da alles auf den Tisch bringt. Kein Feuerwerk für seinen Mentor, sondern eher eine Abrechnung. Die betroffene Person wird sicher einige Male leer schlucken bei diesem Song…

Movement

Scharfzüngig jagt Ali über den Beat. Er beweist mit diesem Track, warum er einer der besten im Land ist. Einzigartiger Flow und technisch sehr versiert. In der Hook lässt er es recht modern klingen, mit der durch Autotune verzerrte Stimme. Es gelingt ihm ein guter Mix aus technischer Brillianz und modernem Glanz. Viele finden da das Gleichgewicht nicht.

NMD Adidas

Ich bin ja eher der Puma-Verehrer, aber alles cool, die Dasslers waren ja Brüder. Der Song ist mir ein wenig zu modern. Hier wurde ein Mass an Autotune überschritten, dass es nicht mehr als Ergänzung, sondern als fast schon störend.

No Ziit feat. Mimiks und Primakova Papi

Endlich wieder ein Song der zwei aktuell besten Rapper im Land und dem ehemaligen Lcone, mit dem ALI zuletzt gemeinsam in der Top 10 gelandet ist. ALI klotzt heftig los, ähnlich wie bei seinem Featuringtrack „As hättemer a Grund“. Beide Rapper bringen geniale Parts, doch der Refrain, na ja. Ich bin eher Fan von Frauenstimmen auf dem Refrain als dem Stimmen-Verzerrer. Doch der Trend mit dem Autotune ist seit Jahren ungebrochen im Rap, also hat es sicher auch auf diesem Album seine Berechtigung und seinen Platz.

RQQR feat. Milchmaa

Endlich wieder QR. Endlich wieder Rheinquartier. Endlich wieder Milchmaa und ALI. Eine selbstkritische Hommage an die Gegend, wo beide aufgewachsen sind. Sehr cool wieder mal einen Song von Goran zu hören. Die zwei im Verbund ist schon eine Klasse für sich. Das wird eine grosse Livenummer.

Yume feat. Pronto

Abgeschlossen wird das Album mit einem letzten Gast. Eine kurze Zusammenfassung des Albums. Es sind sechs Jahre her seit seinem Song „Outro“, heute hören die Jungen seinen Sound im Auto. Passender kann man das Album nicht abschliessen.

Schlussfazit:

ALI liefert ein wahres Meisterwerk. Vielfältige und musikalische Beats werden facettenreich berappt, was zu vielen Mitnick-, Oh yeah- und Gänsehautmomenten führt. ALI ist als Rapper auf diesem Album locker zehn Mal innovativer und auch offener als auf Innoue, was ihm sehr gut steht. Sein Vater wäre sicher sehr stolz auf dieses Denkmal, dass er ihm hier errichtet hat. Ich fresse einen Besen, wenn das Album nicht auf die Poleposition der Schweizer Hitparade chartet.

author

Chris Bluemoon

Redaktor Kultur
Hauptberuflich Radio-Journalist mit viel Leidenschaft für die Musik, die Poesie und das ganz grosse Chaos.