Was bedeutet der HCD-Transfersturm für die Zukunft?

Was bedeutet der HCD-Transfersturm für die Zukunft?

Wenn man die letzten Wochen verfolgte, wie sich das Kader des HCD 2018/19 formt, kam man nicht um einige Fragen herum: Wie entwickelt sich der HCD? Wieso lässt der HCD gewisse Spieler ziehen? Wie sieht die Zukunft aus?

 

Eines vorweg: Was der HCD in den letzten vierzehn Tagen auf dem Transfermarkt vollzog, ist nichts Neues. Davos hat sich schon etliche Male unter Arno Del Curto neu definiert. Der Zampano an der Bande schreckt nicht zurück, sich von Fan-Lieblingen zu trennen, und unterstellt alles dem Erfolg der Mannschaft. Es ist nicht das erste Mal, dass ADC einen gestandenen, aber alternden NLA Spieler ziehen lässt, um ihn mit einem jungen, noch nicht etablierten Talent zu ersetzen. Im letzten Jahrzehnt holte sich der HCD so die Dienste von Mauro Jörg, Dario Simion, Gregory Hofmann, Gregory Sciaroni, Sven Jung, Fabian Heldner, Samuel Walser, Janick Steinmann und auch damals von (der ersten Generation der jungen Wilden) Mark Streit, Michel Riesen sowie Reto und Jan von Arx.

 

Es lohnt sich daher, die einzelnen Transfers genauer unter die Lupe zu nehmen:

 

1. Samuel Walser geht.

Den Transfer von Samuel Walser wurde bereits hier im Detail unter die Lupe genommen. Kurz zusammengefasst: Nach fünf Jahren im Landwassertal zieht es den Center nach Fribourg. Der Zwei-Weg-Center kam damals mit vielen Erwartungen zum HCD und etablierte sich in dieser Zeit als passabler NLA-Stürmer. Der wirkliche Durchbruch zum Erstlinien-Star gelang ihm aber nie.

 

Samuel Walser ist ein solider Spieler und hat in bisher 336 NLA Partien 102 Punkte erzielt (56 G / 46 A). Er scheint aber seinen Zenit erreicht zu haben.

 


 

 

2. Gregory Sciaroni geht.

Sciaroni spielte 2008/09 eine Saison bei Ambri-Piotta, ehe er nach Davos wechselte und seither im Landwassertal spielt. Der Power-Flügel galt als grosses Talent, und etablierte sich innert kurzer Zeit als solider Middle-6-Stürmer (zweite oder dritte Linie). In den letzten vier Saisons wurde Sciaroni durch Verletzung aber immer wieder zurückgebunden: Seit 2013 hat der Tessiner Stürmer nie mehr als 29 Partien für den HCD absolvieren können und skorte nie mehr als 13 Punkte. Und auch dieses Jahr kam Sciaroni erst 17 Mal zum Einsatz und plätschert mit vier Skorerpunkten vor sich hin.

 

Insgesamt ist Gregory Sciaroni ein solider Spieler mit Erfahrung, aber nicht mehr viel Entwicklungspotential: In 392 NLA Partien hat der 28-Jährige 75 Tore und 72 Assists erzielt (147 Punkte).

 


 

 

3. Noah Schneeberger geht.

Schneeberger spielt seit 2012/13 beim HCD. Vorher dümpelte der Verteidiger bei den SCL Tigers, beim EHC Biel und eine Saison lang bei Genf-Servette herum, ehe Arno Del Curto ihn nach Davos holte. In den ersten Saisons galt Schneeberger noch als Unsicherheitsfaktor, in den letzten Jahren entwickelte sich der 29-Jährige aber zu einem Routinier. Vor allem in den letztjährigen Playoffs war Schneeberger ein sicherer Wert. Rein auf die Eiszeit bezogen ist Schneeberger aber nur die vierte Wahl von Arno Del Curto (14:14 Minuten/Spiel, hinter Nygren, Du Bois und Paschoud). Und wenn man sich die Entwicklung der letzten Jahre anschaut, merkt man, dass ADC zwar viel von Schneeberger hält, aber immer weniger auf ihn setzt: Im Jahr zuvor zum Beispiel spielte Schneeberger mit über 16 Minuten noch zwei Minuten mehr pro Spiel.

 

Insgesamt ist Schneeberger ein valabler, vierter Verteidiger und hat mit insgesamt 364 NLA Partien (15 G / 88 A) reichlich Erfahrung, aber wenig Potential.

 


 

 

 

4. Anton Rödin kommt.

Rödins Transfer wurde hier bereits letzte Woche genauer durchleuchtet. Einfach zusammengefasst: Der schwedische Stürmer war in den letzten Jahren verletzungsanfällig, hat aber das Zeugs zu einem Bomben-Ausländer. In seiner letzten vollen Saison buchte Rödin in 33 SHL Spielen 37 Punkte. Nimmt man die aktuellen Translation-Factors (sozusagen die Währungskurse für die verschiedenen Hockeyligen), so entspricht das Potential in der NLA rund 49 Punkten bei einer vollen Saison. Rödin könnte sich also, wenn er vom Verletzungspech verschont bleibt, als legitimer Ersatz für Perttu Lindgren erweisen. Rödin hat einen Zwei-Jahres-Vertrag bis 2018/19 unterschrieben.

 


 

 

5. Luca Hischier kommt.

Von ihm darf man sich vorerst nicht zu viel erhoffen. Insgesamt 91 Partien (6 G / 19 A) absolvierte der ältere Bruder des NHL-Jungstars bisher in der NLA. Dieses Jahr wurde er erst sieben Spiele beim SCB eingesetzt und zeitweise auch in die NLB abgeschoben. Nichts desto trotz: Luca Hischier hat Talent, und kam bisher einfach noch nicht richtig auf Touren. Der 22-jährige Walliser sammelte letztes Jahr in seiner ersten Vollsaison bei Bern 12 Punkte (4 G / 8 A) und liess immer wieder sein Potential aufblitzen. Es scheint nicht viel zu fehlen: Eine gute Ausbildung unter Arno Del Curto und Hischier könnte durchaus ein starker Spieler für die dritte oder gar zweite Linie beim HCD werden. Hischier hat nun bis 2020/21 Zeit, sich beim HCD zu beweisen.

 


 

 

 

(Und dann stehen noch die Gerüchte im Raum, dass der HCD kurz vor einer Vertragsverlängerung mit Sven Jung steht. Dazu aber mehr, sobald es spruchreif ist.)

 

Damit hätten wir es:

 

Mit Noah Schneeberger, Gregory Sciaroni und Samuel Walser verliert der HCD innert einer Woche einiges an Erfahrung. Insgesamt über 1’100 NLA-Partien Erfahrung gehen dem HCD mit diesen drei Spielern verloren. Das Kader wird verjüngt, und Arno Del Curto schneidet alte Zöpfe ab.

 

Das klingt hart, Fakt ist aber, dass Sciaroni und Schneeberger ihren Zenit überschritten haben, und sich nicht mehr gross weiter entwickeln werden. Sie sind, wer sie sind. Genauso Samuel Walser: Er kann sich vielleicht noch etwas steigern, aber sein Limit scheint erreicht. Mehr als ein guter Drittlinien- oder mittelmässiger Zweitlinienspieler wird aus ihm wahrscheinlich nicht mehr. Man weiss mittlerweile, was man von ihm erwarten kann.

 

Ebenfalls Fakt ist, dass die Verteidigung des HCD innert zwölf Monaten mit Beat Forster (34 Jahre), Daniel Rahimi (30 Jahre) und Noah Schneeberger (29 Jahre) gleich drei Routiniers ziehen lässt. Da geht viel Erfahrung verloren. Insgesamt über 1’000 NLA-Spiele verliert die HCD-Defense, um genau zu sein. Nächste Saison werden nur zwei Davoser Verteidiger über 25 Jahre alt sein: Magnus Nygren (27 Jahre) und Felicien Du Bois (34 Jahre). Alle anderen Verteidiger sind 24 Jahre alt oder jünger.

 

Das ist eben auch Arno Del Curto – er merkt, wann er sich von gewissen Veteranen verabschieden muss und unterzieht sein Kader konstant einer Verjüngungskur. Er weiss, dass ein Spieler in der NLA zwischen 24 und 28 seinen Leistungshöhepunkt erreicht, und dass danach nicht mehr viel Steigerungspotential vorhanden ist.

 

Das HCD-Kader hat 2017/18 einen Altersdurchschnitt von unter 24 Jahren und ist somit das jüngste Team der National League A. Das wird nächstes Jahr nicht anders sein. Das tiefe Alter soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, wie erfahren der HCD ist: Mit insgesamt über 5’600 Partien NLA Erfahrung sollten die jungen Wilden im Landwassertal zwar als jung, aber nicht als Rookies betitelt werden.

 

Unterm Strich bedeuten die Transfer der letzten sieben Tage: Der HCD verliert einen Drittlinien-Center (Walser), einen Drittlinien-Flügel (Sciaroni), und einen nominell vierten Verteidiger (Schneeberger). Dafür kommt ein Center (Hischier) mit Drittlinien-Potential und ein Center (Rödin) mit Erstlinien-Potential. Drei Spieler mit Altersdurchschnitt 28 gehen, zwei Spieler mit Altersdurchschnitt 24 kommen. Keine schlechte Ausbeute für den HCD.

 

 

(Bild: HCD Twitter, Stats: eliteprospects)

 

 

 

 

author

Richi Brändli

Redaktor Eishockey
Ehemaliger Kolumnist bei GRHockey, Plausch-Spieler und Fan von regionalem bis internationalem Eishockey.