HTW Blog: «Wer im Tourismus tätig ist, hat Abenteuerblut in den Adern»

HTW Blog: «Wer im Tourismus tätig ist, hat Abenteuerblut in den Adern»

GRHeute
04.04.2018

Prof. Dr. Andreas Deuber, Leiter des Instituts für Tourismus und Freizeit an der HTW Chur, verbrachte kürzlich einen Monat in Costa Rica. In einer Eco-Lodge an der Pazifikküste traf er auf Tourismusabsolventin Fabienne Schläppi, die dort arbeitet. Im Interview gibt Fabienne einen spannenden Einblick in ihre Arbeitswelt und ihre Motivation.

Text: Andreas Deuber / Bild: Fabienne Schläppi

AD: Das letzte Mal haben wir uns in Chur an der HTW gesehen, und jetzt sitzen wir uns in Costa Rica am Pazifischen Ozean gegenüber: Was soll man dazu sagen?

FS: Ja, das ist schon ein wenig verrückt! Aber die Welt ist eben kleiner geworden, man kann räumliche Distanzen einfach überwinden. Und wer im Tourismus tätig ist, liebt den Szenenwechsel und hat etwas Abenteuerblut in den Adern, das trifft wohl für uns beide zu. Bevor ich meine Arbeit hier im Boutique Hotel Lagarta Lodge aufgenommen habe, war ich über ein Jahr in Asien unterwegs und konnte meine Reiselust so richtig ausleben.

AD: Aber das hier ist jetzt Arbeit, nicht Abenteuer!

FS: (lacht) Ja, das kann man wohl sagen. Meine Arbeitstage sind lang und intensiv. Aber Abenteuer ist durchaus dabei, denn das Umfeld und die Kultur sind total anders, als ich es aus der Schweiz kenne. Schon mein Arbeitsweg geht ziemlich über Stock und Stein, und jeder Tag birgt Überraschungen. Man kann generell weniger gut planen und braucht viel Flexibilität und interkulturelles Verständnis. So bin ich eigentlich für den Aufbau des Qualitätsmanagements zuständig, aber musste zufolge einer unerwarteten personellen Veränderung in den ersten Monaten die Leitung und Organisation der Reception übernehmen.

AD: Aus Gästesicht ist das Boutique Hotel Lagarta Lodge ein wunderbar gelegenes kleines Resort über dem Meer, direkt anschliessend an ein dazugehöriges Naturschutzgebiet mit einer grossen Vielfalt an Pflanzen und Tieren. Wie nimmst du das Hotel wahr?

FS: Ja, das stimmt. Auch ich geniesse jeden Tag die wunderbare Aussicht, die tolle architektonische Gestaltung sowie die positive Energie der Umgebung. Aber primär ist die Lodge natürlich mein Arbeitsplatz, den ich aus professioneller Perspektive betrachte. Mein Blick ist dauernd auf Abläufe und die Qualität unserer Arbeit am Gast und hinter den Kulissen ausgerichtet. Ich liebe das seit meiner KV-Lehrzeit im Lenkerhof und den zwei Jahren, die ich im Hotel Giardino in Ascona gearbeitet habe.

AD: Was hat dich an der Anstellung im Boutique Hotel Lagarta Lodge besonders interessiert?

FS: Auf die Stelle hast ja du mich aufmerksam gemacht und dir dabei sicher etwas überlegt. (lacht) Vor Jahren waren wir ja mal zusammen auf einer Studienreise in Island unterwegs. Und ich habe zwei Jahre in deinem Hochschulinstitut an der HTW Chur gearbeitet, so dass du meine Interessen und Stärken kennst. Ich brenne für die Themen Hotel und Nachhaltigkeit, die beide hier im Boutique Hotel Lagarta Lodge ideal zusammenkommen. Der Schweizer Eigentümer will, dass das Hotel nach ethischen, ökologischen und ästhetischen Prinzipien geführt wird, und er strebt ein Schweizer Qualitätsniveau an.

AD: Und was hat wohl den Eigentümer an der erst gerade 30-jährigen Fabienne Schläppi besonders angesprochen?

FS: Sicher hat deine Empfehlung eine Rolle gespielt. (lacht) Aber Spass beiseite, meine Erfahrung in der Schweizer Spitzenhotellerie war sicher wichtig, wie auch meine interkulturelle Kompetenz und meine Sprachkenntnisse. (Fabienne Schläppi spricht nebst ihrer Muttersprache Deutsch fliessend Englisch, Spanisch und Französisch. Anmerkung der Redaktion) Mein Tourismus-Hochschulabschluss der HTW Chur war zudem Beweis für eine zeitgemässe profunde touristische Basisausbildung und eine praxisorientierte Spezialisierung.

AD: Warst du auf die Aufgabe gut vorbereitet?

FS: Ich bin ein Fan der dualen Ausbildung, wie wir sie in der Schweiz kennen. Dass sich die Unternehmen so stark an der Ausbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligen, ist einzigartig. Die Hochschulausbildung hat mir geholfen, mein praktisch erworbenes Wissen und meine Kompetenzen zu erweitern und zu komplettieren sowie einen Gesamtüberblick zu bekommen, der es mir heute erlaubt, vernetzt zu denken und Dinge kritisch zu reflektieren. Das ist sehr wichtig, damit eine Organisation sich laufend weiterentwickeln und verbessern kann.

AD: Wie siehst du deine weitere berufliche Zukunft?

FS: Genauso, wie ich gerne immer wieder neue Aufgaben in Angriff nehme, will ich aber auch meine Spuren hinterlassen. Ich habe meine Arbeit in Costa Rica ja erst richtig aufgenommen, und es steht noch viel an, zum Beispiel der Aufbau eines Centro Técnico. Wohin es mich später einmal ziehen wird, steht noch in den Sternen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, auch wieder mal in die Schweiz zurückzukehren. Eine Konstante bei mir ist die Hotellerie, der ich auf alle Fälle treu bleiben möchte.

AD: Du hast ein Centro Técnico erwähnt. Was muss ich mir darunter vorstellen?

FS: Es gehört zum Gesamtverständnis der Eigentümer des Boutique Hotels Lagarta Lodge, dass sie auch einen Beitrag für die Gesellschaft leisten möchten. Dies geschieht schon heute über zwei Stiftungen, die in den Bereichen Umweltschutz und Ausbildung tätig sind. Im geplanten Centro Técnico Nosara möchten wir junge Berufsleute für den Tourismus ausbilden, nicht nur für unseren eigenen Betrieb, sondern auch für andere touristische Unternehmen in der Region, ein wenig nach dem dualen Ausbildungsmodell der Schweiz. Costa Rica ist ein wunderbares Reise- und Ferienland, bei der Professionalität hapert es oft noch ein wenig. Und der Tourismus ist zudem eine riesige Chance für die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Ich bin sehr motiviert, hier einen Beitrag leisten zu dürfen.

AD: Hast du schon von der neuen Vertiefungsrichtung «Sustainable Tourism and International Development» im Bachelorstudiengang Tourismus der HTW Chur gehört?

FS: Ja, klar. Der Ansatz ist bestechend. Tourismus ist in vielen Entwicklungsländern ein grosser Hoffnungsträger. Dass die HTW Chur Spezialistinnen und Spezialisten für den Einsatz in touristischen Entwicklungsprojekten ausbildet, finde ich toll.

AD: Danke für das Gespräch. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg und Zufriedenheit in deiner Arbeit und in deinem Leben – was im Tourismus ja oft Hand in Hand geht.

PROF. DR. ANDREAS DEUBER

Das Gespräch mit Fabienne Schläppi führte Prof. Dr. Andreas Deuber, von 2010 bis 2017 Studienleiter Tourismus an der HTW Chur und seither Leiter des Instituts für Tourismus und Freizeit.

Dies ist ein Blog-Beitrag der HTW Chur.

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