Marcus Caduff: «Welche Parteien haben Anrecht auf einen Sitz in die Regierung?»

Marcus Caduff: «Welche Parteien haben Anrecht auf einen Sitz in die Regierung?»

Marcus Caduff
17.05.2018

Eine Frage, die mir die Journalisten als zweiten CVP Regierungsratskandidat immer wieder gern stellen. Bezeichnenderweise wird diese Frage hingegen praktisch nie von den Stimmberechtigten gestellt. Denn die Stimmberechtigten wissen, dass sie letztendlich entscheiden wer Anspruch auf einen Sitz in die Regierung hat und nicht die Parteien, es interessiert mehr der Mensch, nicht die Partei. Entsprechend ist meine Antwort auf die Frage kurz und bündig: keine Partei hat Anrecht auf einen Sitz in die Regierung, welche Persönlichkeit das Recht hat am Regierungstisch zu sitzen entscheiden die Stimmberechtigten. Entscheidend für das Wohlergehen des Kantons sind die Fähigkeiten, das Wissen und die Erfahrung, welche die Persönlichkeiten mitbringen und nicht das Parteiprogramm.

Geht es nach Meinung der Journalisten und „Politweisen“ ist der Stimmanteil bei den Nationalratswahlen für den Anspruch auf einen Regierungssitz massgebend. Warum ausgerechnet die Nationalratswahlen das Mass aller Dinge sein sollen bleibt wohl deren Geheimnis. Für mich ist dieser Vergleich in mehrerer Hinsicht falsch. Aufgabe des nationalen Parlaments (National- und Ständerat) ist es Lösungen für die Herausforderungen des Bundes zu suchen. Entsprechend werden wohl auch jene Parteien gewählt, welchen man am ehesten zutraut diese Herausforderungen lösen zu können. Nun unterscheiden sich jedoch die Aufgaben und Herausforderungen auf nationaler Ebene markant von denjenigen auf kantonaler Ebene. Auch sind die Aufgaben eines nationalen Parlaments wohl kaum mit den Aufgaben einer kantonalen Exekutive vergleichbar. Entsprechend ist auch die Aussage, dass die Parteienstärke bei den Nationalratswahlen massgeblich für die Vertretung in der kantonalen Regierung sein soll, nicht nachvollziehbar. Dass die Wählenden da durchaus unterscheiden, zeigt folgendes Beispiel: bei den Nationalratswahlen 2015 erreichte die CVP in der Gemeinde Domat/Ems einen Stimmanteil von 20.5%, die SVP einen solchen von 33%. Anders das Bild der Gemeinderatswahlen in Domat/Ems, der Gemeinderat wird im Übrigen ebenfalls im Proporzsystem gewählt. Bei den Gemeinderatswahlen Domat / Ems erreichte die CVP einen Stimmanteil von 39%, die SVP einen solchen von 19.6%. Ginge es also nach der eingangs erwähnten Logik, hätte die CVP nicht Anspruch auf 39% der Stimmen im Gemeinderat Domat/Ems. Niemand würde wohl auf diese absurde Behauptung kommen; warum dies bei den Regierungsratswahlen anders sein soll ist nicht nachvollziehbar. Das Beispiel zeigt deutlich, dass die Stimmberechtigten in Domat/Ems der SVP mehr Kompetenzen bei der Lösung nationaler Probleme zusprechen, hingegen den Exponenten der CVP mehr Kompetenz bei der Lösung kommunaler Aufgaben. Ähnliches kann man im Übrigen bei der Wahl des Churer Gemeinderats (auch im Proporz) feststellen.

Und wenn man schon die Stärke einer Partei im Parlament als das Mass aller Dinge herbeiziehen möchte, was meines Erachtens falsch ist, dann stellt sich die Frage, warum nicht die Stärke im kantonalen Parlament massgebend sein soll? Auch wenn das Wahlsystem nicht allen passt, es ist das gemäss Verfassung gültige Wahlsystem und dieses wurde nicht weniger als acht Mal vom Volk bestätigt.

Als Fazit halte ich fest: allein die Stimmbevölkerung wird entscheiden welche Persönlichkeiten Anrecht auf einen Sitz in die Regierung haben. Und wenn andere Parteien für sich einen Anspruch reklamieren, so halte ich fest, dass es diejenigen sind, welche dem Stimmvolk ihr Recht wegnehmen möchten.

 

(Bild: GRHeute)

Grossrat und Fraktionspräsident CVP Graubünden