Sie sait: Unsere Katze heisst auch Shaqiri

Sie sait: Unsere Katze heisst auch Shaqiri

Unsere schwarzweisse Katze heisst Shaqiri. Seit vier Jahren lebt sie bei uns und macht wie alle Katzen, was sie will. Tagsüber schläft sie, nachts ist sie unterwegs. Letzten Sommer war der Kater fast ein halbes Jahr abwesend, so dass wir dachten, er käme nie wieder. Bis er eines Nachts um 2 Uhr vor der Tür stand und Einlass begehrte. Nachdem ich eine Stunde lang Zecken aus ihr entfernt hatte, durfte sich Shaqiri – die Katze – in ein Bett legen, wo er die nächsten zwei Wochen, unterbrochen nur von Essensaufnahme, blieb. Heute ist der Kater wieder fit und munter wie ein Turnschuh und macht weiterhin, was er will.

Den Namen Shaqiri hat die Katze nicht von uns. Soweit ich es in Erinnerung habe, wurde sie dem Tierheim Chur vor die Türe gelegt und an dem Abend gefunden, als Xherdan Shaqiri drei Goals gegen Honduras und die Schweizer damit in den Achtelfinal schoss. Hammer! Die Weltmeisterschaft war für einen Abend zum Greifen nah!

Damals machte Shaqiri – der Fussballer – keinen Doppeladler nach einem Tor, soweit mich Google richtig informiert. Vielleicht wäre es damals auch nicht so schlimm gewesen, weil eben: Achtelfinal!!!! Drei Tore gegen Honduras!!!!!! Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, aber gemäss einschlägigen Artikel bei der Google Suche waren die Tore auch eine Antwort auf die massive Kritik, die Shaqiri – der Fussballer – bei den ersten beiden Spielen, insbesondere auch gegen Frankreich, einstecken musste.

Ich bin nicht so der Fussball-Fan, aber ich gehe gern an Public Viewings. Der Stimmung wegen. Und wenn ich sehe, wie sich die Schweizer Fans über ein Goal freuen, dann ist mir wirklich, wirklich extrem egal, ob in diesem Fussballer zwei oder drei oder vier Herzen schlummern. Er hat das Goal gemacht, dank ihm sind wir weiter. Ob er dann einen Doppeladler hinterherschickt, ist mir ebenfalls egal. Ich meine: Die Autokorso. Der Jubel. Fussballabende für die Ewigkeit. Die Chance auf mindestens Achtelfinale: Das verdanken wir zwei Secondos.

Van der Elst ist übrigens auch ein Fussballer-Name, an den sich ältere Fussballfans sicherlich erinnern. Als ich jung war, gab es ihn sogar als Panini-Bildli. Leider hat dieser Franky Van der Elst gar nichts mit mir zu tun, obwohl mein Name auch belgisch ist. Funfact: Ich kann weder die Nationalhymne singen noch was mit den allermeisten Einheits-Schweizer-Lager-Dosen-Bieren etwas anfangen. Die Nationalhymne haben wir im Gegensatz zum Appenzeller Landsgemeindelied («Alles Leben strömt aus dir») nie in der Schule gesungen.

Geboren bin ich als Rachel Müller, und bis ich neun war, blieb das so. Wie viel schweizerischer wäre das gewesen und wieviel Lebenszeit hätte ich gewonnen, wenn ich den Namen nicht dauernd hätte buchstabieren müssen!! Und bis auf ein Mail, in dem man mir letztens vorschlug, meine Aufenthaltsbewilligung zu optimieren, hatte ich noch nie, wirklich gar nie irgendwelche negativen Reaktionen auf meinen ausländischen Namen. Ausgenommen die ewige nervige Verwechslung mit den Niederlanden. Und dass ich jedes belgische Bier fast jedem Schweizer Bier vorziehe, ruft bei den meisten eher Verständnis als Verachtung hervor.

Mein Verdienst für die Schweiz ist bis auf meine schiere Anwesenheit auch nicht gross, das muss man vielleicht hinzufügen. Weder kann ich trotz eines berühmten Fussballernamens Goals schiessen wie ein Shaqiri – der Fussballer – noch kann ich die Nationalhymne auswendig. Und es stört mich auch nicht. Sollen die sich Patrioten nennen, die das wollen. Ich freue mich jeden Tag an den kleinen Dingen, verdrücke für unsere Nati ein paar Freudentränen und falls Shaqiri – die Katze – jemals von einem Adler gefressen wird, dann hat Survival of the fittest gewonnen. Müsste man akzeptieren. Würde Shaqiri – die Katze – einen Adler nach Hause bringen, was eher unwahrscheinlich ist, dann würde ich diesen brav schweizerisch in der Kadaversammelstelle entsorgen. Zusammen mit all den Kommentaren über fehlenden Patriotismus und die Undankbarkeit, für die Schweiz spielen zu dürfen.

Übrigens, wer von der ganzen Diskussion auch die Nase voll hat, soll mal hier klicken: Wie Mondrian die WM-Spiele gemalt hätte.

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Rachel Van der Elst

Redaktionsleiterin/Region
Rachel Van der Elst mag Buchstaben: analog, virtuell oder überall, wo Menschen sind. In einem früheren Leben arbeitete sie unter anderm bei der AP, beim Blick, bei 20Minuten, beim Tages-Anzeiger und bei der Südostschweiz. In ihrer Handtasche immer dabei: Jasskarten.