Grossbritannien und Polen wollen «offenere EU»

Grossbritannien und Polen wollen «offenere EU»

Der GRHeute-Kommentar zum internationalen Brennpunkt der Woche.

 

In Grossbritannien weibeln bereits verschiedene Exponenten der Conservative Party für das Referndum über den Verbleib Grossbritanniens in der EU. In einem grossen Teil ihrer Forderungen werden sie von der neuen konservativen Regierung in Polen unterstützt.

«Westminster könnte als Kammer des Europäischen Parlaments enden». So lautete die Schlagzeile eines Kommentars von John Baron (Conservative-Abgeordneter im Unterhaus) in der neuesten Ausgabe der Zeitung The Sunday Telegraph. Baron bringt die Stimmung unter den britischen Konservativen auf den Punkt: Man fürchtet sich vor einer «ever closer union», einer immer engeren Union. Premierminister Camerons Antwort auf diese Befürchtungen ist das Referendum über den zukünftigen Verbleib des Königreichs in der Europäischen Union, welches für spätestens 2017 angesetzt wurde. Cameron (Bild) bemüht sich aber sichtlich, eine andere Lösung für Grossbritannien zu finden und fordert seit längerem umfassende Reformen der Union in Richtung einer lockereren Beziehung zwischen Brüssel und den einzelnen Mitgliedern.

Auch der polnische Aussenminister, Witold Waszczykowski, betonte den Umstand, dass der von der Union angezettelte, interne Konflikt nur zu einer Schwächung ihrer Ressourcen führe, welche dringend zur Bewältigung grösserer Herausforderungen gebraucht würden.

Diese allgegenwärtigen Krisen der EU bezeugen, dass die Forderungen aus London und Warschau nicht von ungefähr kommen. Schon die Unfähigkeit der Brüsseler Zentralbürokratie, eine auch nur ansätzliche Lösung für die Flüchtlingsproblematik (in einem politisch relevanten Zeitraum) zu finden, schreit förmlich nach Reformen.

Das erklärte Ziel der Union, die Errichtung eines europäischen Bundesstaates, ist nicht nur zum Scheitern verurteilt, sondern es müssen auch die bereits bestehenden, engen Beziehungen zwischen Nationalstaat und Supranationaler Organisation gelockert werden.

 

(Bild: David Cameron und Angela Merkel: Keine gemeinsame Zukunft? – EQ Images/Steffi Loos)

author

Franco Membrini

Kolumnist
Hat an der University of Edinburgh seinen «Master of Science in History» absolviert. Zuvor studierte der Churer Geschichte, Betriebsökonomie und Staatsrecht an den Universitäten Bern und Bologna.