Wieso nicht mal ein Whisky-Bier zum Dessert?

Wieso nicht mal ein Whisky-Bier zum Dessert?

Schweizer trinken hauptsächlich Lager. Schade eigentlich, denn zu Fisch harmoniert perfekt ein helles, süffiges Bier mit Zitrusnote, wie Bier-Sommelier Christoph Zindel aus Tamins weiss. GRHeute verlost zwei Tickets für einen Abend mit ihm.

Christoph Zindel, wie viele Biersorten kennen Sie?
Beim Bier spricht man nicht unbedingt von Sorten, sondern von Bierstilen. Weltweit gibt es rund 150 Bierstile, ich selber erkenne gut zwei Dutzend am Geschmack.

Trinkt man Bier aus der Flasche oder aus dem Glas?
Natürlich nur aus dem Glas! Die Aromen und Finessen eines Biers entwickeln sich so viel besser. Zudem beurteilen wir Bier-Sommeliers das Bier auch visuell, also die Farbe, Schaumbildung, Trüb- oder Klarheit, was in der Flasche unmöglich wäre.

In welcher Temperatur trinkt man das perfekte Bier?
Das kann man nicht verallgemeinern. Als reiner Durstlöscher ist ein gekühltes Bier, bei mir meist ein einfaches Lager, perfekt. Will man ein Bier jedoch geniessen, wählt man ein komplexeres und vielleicht auch ein dunkleres Bier, welches durchaus Raumtemperatur haben darf. Seine Aromen entfalten sich ganz anders.

Was ist die Kunst eines Bier-Sommeliers?
Es gibt keine Kunst. Wir beurteilen das Bier immer nach unserem persönlichen Geschmacksempfinden, denn Aromen, Duft- oder Bitterstoffe erlebt jeder Mensch anders. Hierfür braucht es sensorische Eigenschaften, die man schulen kann. Eine Herausforderung ist es jedoch, das Bier nach seinem Stil einzuordnen, ob es ein Weizen, Porter, Stout oder ein Triple ist.

Wie ist die Bierkultur in der Schweiz?
Im Vergleich zu den USA, Deutschland oder Belgien ist sie weniger entwickelt. Noch bis vor wenigen Jahren hat sich unsere Bierkultur auf «Stange» oder «Kübel» beschränkt, was noch heute in den Restaurants meist gang und gäbe ist. Dann haben kleine Brauereien angefangen, mutig in der Schweiz eher unbekannte Bierstile zu brauen, worauf die grossen Brauereien nachgezogen haben – wenn auch nur als Nischenprodukte. Inzwischen haben wir zwar grosse Fortschritte gemacht, mit dem Level der hiesigen Wein-Kultur können wir uns jedoch nicht vergleichen. Nebst der Wein- auch eine Bierkarte in der Gastronomie würde ich sehr begrüssen.

Wie viel Bier trinken wir?
Die Schweizer haben 2017 im Schnitt über 54 Liter Bier getrunken, was rund die Hälfte vom Bierkonsum der Deutschen ist. 75 Prozent davon waren Lager.

Ist Bier trinken in einem noblen Restaurant salonfähig?
Durchaus! Wesentlich ist jedoch, wie es serviert wird. Erhalte ich an einer weiss gedeckten Tafel einen Humpen Bier, ist das klar ein Stilbruch, ein schönes Bierglas jedoch nicht.

Woher kommt der Trend, dass man zum Essen Bier trinkt? Haben wir das den zugewanderten Deutschen oder den zahlreichen Craft-Biers zu verdanken?
Unsere nördlichen Nachbarn sind stark daran beteiligt und uns in dieser Hinsicht weit voraus. Dass wir zum Essen Bier trinken, haben wir jedoch den Amerikanern abgeschaut, wie auch den Trend von Craft-Beer-Brewings, handwerklich gebrauten Bieren.

Worauf sollte man achten, wenn man ein Bier zum Essen trinkt?
Es verhält sich ähnlich wie beim Wein – nicht mit einem starken Bier beginnen. Ein Weizen passt gut zu Salat, ein helles Bier zu hellem Fleisch und ein dunkles zu einem saftigen dunklen Braten. Zu Fisch harmoniert ein helles, süffiges Bier mit Zitrusnote. Wichtig ist zu entscheiden, ob man im Gaumen etwas Ergänzendes oder Konträres zu den Speisen wünscht.

Gemeinsam eine Flasche Wein zum Essen geniessen hat etwas Verbindendes. Wie ist das beim Bier, trinkt hier jeder seine eigene Flasche?
Wieso nicht? Biertrinken ist ja auch ein persönliches Genuss-Erlebnis. Es gibt aber auch qualitativ hervorragende Biere in 0.75 Liter-Flaschen, die man gemeinsam geniessen kann. Mit dem Preis von 30 Franken sind sie nahe beim Wein.

Früher war Bier für den Büezer und Wein für die Gehobenen – löst sich dieser Unterschied auf?
Er flacht sich ab. Doch Bier und Wein waren immer Gegenpole, auch historisch gesehen.

Ist der Spruch «Bier auf Wein, das lasse sein» für Sie stimmig?
Ich halte mich daran, ja. Ebenso wie an den zweiten Teil des Spruchs, «Wein nach Bier, das rat ich dir».

Gibt es eigentlich auch Biere, die zu Desserts passen?
Das ist immer eine spannende Geschichte, mit denen man die Gäste überraschen kann. Das sehr dunkle Stout-Bier beispielsweise hat starke Röstaromen, die von Kaffee bist fast hin zu Schokolade reichen. Das passt prima zu Süssspeisen. Nach einem üppigen Essen empfehle ich auch ein im Whisky-Fass gelagertes Whisky-Bier.

Christoph Zindel aus Tamins ist seit 2013 Diplom-Sommelier mit Ausbildung in Zürich und München. Sein grosses Wissen über Bier, dessen Geschichte sowie Herstellungsprozesse teilt er gerne mit anderen Menschen. Das nächste Mal am Freitag, 25. Mai beim «Beer & Dine» im Restaurant «Va Bene» in Chur. www.restaurant-vabene.ch. GRHeute verlost einmal zwei Tickets für den Anlass im Wert von je 99 Franken. Einfach auf Facebook das Lieblingsbier verraten, und schon hüpft man in den Lostopf. Das Ergebnis wird am Freitagmorgen im Facebook-Post bekannt gegeben.

Die wichtigsten Bierstile finden Sie hier: hopfenherz.ch/bierstile

(Bild: Natalia Godglück)