Calanda Broncos vor der ultimativen Challenge

Calanda Broncos vor der ultimativen Challenge

[tps_header]Für den Schweizer Vorzeige-Football-Verein und Serienmeister Calanda Broncos geht es am Samstag um die ganz grosse Krone: Im Endspiel in der Central European Football League greifen die Bündner gegen das derzeit stärkste Team Europas, den Swarco Raiders Tirol, nach der europäischen Krone. [/tps_header]

Bereits zum dritten Mal in der Klubgeschichte haben die Calanda Broncos ein europäisches Endspiel erreicht: 2010 setzten sich die Bündner gegen die Schweden der Carlstad Crusaders im EFAF-Cup-Final durch, 2012 gewannen sie die «Champions League» dank eines Eurobowl-Siegs vor über 4000 Zuschauern im Vaduzer Rheinparkstadion gegen die Vienna Vikings. Im CEFL-Endspiel am Samstag trifft der Schweizer Rekordmeister um 18 Uhr an der Churer Ringstrasse auf den grossen Favoriten Swarco Raiders Tirol aus Innsbruck.

Die vom deutschen Headcoach Shuan Fatah und einer Armada von Assistenten (darunter drei Amerikaner) gecoachten Österreicher sind derzeit das Mass der Dinge in Football-Europa: Die Raiders gewannen 2017 und 2018 die CEFL-Meisterschaft, dominierten 2019 in der Gruppenphase den italienischen Meister und den französischen Vize-Champion und liegen auch in der heimischen Austrian Football League mit weisser Weste an der Tabellenspitze. «Die Raiders sind das Team, das es in Europa zu schlagen gilt», meint auch Broncos-Headcoach Geoff Buffum, der früher selbst als Quarterback und Headcoach in Innsbruck tätig war, «Calanda Broncos gegen Swarco Raiders ist, wie wenn im Fussball Basel gegen Barcelona spielt». Auch für den Swarco-Raiders-Headcoach Shuan Fatah ist klar, wer der Favorit im Spiel ist. «Wir wollen den Titel zum dritten Mal verteidigen», so der Deutsche gegenüber raiders.at, fügt dann aber gleich warnend dazu, «Calanda ist gut gecoacht, die spielen sehr trickreich. Sie dominieren die Schweizer Liga seit Jahren. Aufhorchen lassen haben sie mit ihrem Sieg gegen die Wroclaw Panthers».

«Im Football ist immer alles möglich»

In seinem sechsten Jahr bei den Bündnern hat Buffum die Broncos wieder in ein grosses europäisches Endspiel geführt – schon 2012 war Buffum Coach der Bündner, damals im Gegensatz zu 2019 mit einem Team, das fast mehr Import-Spieler hatte als Eigengewächse. Dass der Final in Chur und nicht wie ursprünglich gedacht im Tivolistadion in Innsbruck stattfindet, ist für die mehrheitlich einheimischen Footballer aus Graubünden ein Hoffnungsschimmer: Die Ringstrasse war immer ein gutes Pflaster für die Bündner, die sich ihre Haut auch diese Saison bisher teuer verkauft haben: In der Schweizer Meisterschaft liegt der Rekordmeister mit einer Niederlage (ex-aequo mit Genf) an der Tabellenspitze, im Europacup setzten sich die Broncos gegen den polnischen, den türkischen und den serbischen Landesmeister durch. Angeführt werden die Broncos vom US-Quarterback Conner Manning, der – mit einem starken Korps von Schweizer Passfängern und Ballträgern – eine bärenstarke Saison hinlegt.

Ein Fragezeichen ist hingegen, ob die Verteidigung der Schweizer, die auch in der nationalen Meisterschaft nicht immer glänzen konnte, einem Kaliber wie den Raiders gewachsen ist. «Wir werden unser bestes Spiel zeigen müssen. Und auf den einen oder andern Fehler von Swarco hoffen», meinte Offense Lineman Federico Ferretti nach dem letzten Europacup-Spiel, «im Sport und besonders auch im Football ist immer alles möglich.» 

2:2 in den Direktbegegnungen

Die beiden Teams aus den Alpen haben in ihrer Geschichte schon viermal gegeneinander gespielt: In den Urzeiten der 90er Jahre gewannen die Broncos das erste Aufeinandertreffen, in der Eurobowl-Triumph-Saison 2012 setzten sich die Bündner vor 5000 Zuschauern in einem legendären Spiel in Innsbruck mit 35:3 durch. Die beiden letzten Direktbegegnungen – im EFL-Halbfinal 2013 (7:37) und im Big 6-Gruppenspiel 2014 (17:40) – gingen hingegen deutlich an das österreichische Spitzenteam. 

Die Österreicher sind derzeit im europäischen Football-Ranking als Nummer 2 eingestuft. Am Samstag gewannen die Raiders auswärts das Prestigeduell gegen die Dacia Vienna Vikings deutlich mit 34:13. Die Top-Platzierung im europäischen Football-Ranking gehört weiter dem deutschen Meister Schwäbisch Hall Unicorns, der allerdings wie alle andern deutschen Bundesliga-Klubs wegen Unstimmigkeiten der beiden konkurrierenden europäischen Football-Verbände die europäischen Wettbewerbe dieses Jahr auslässt.

Die Calanda Broncos sind mittlerweile in die Top 10 Europas – bis auf Platz Nummer 7 – vorgerückt. Dies ist die beste Platzierung eines Schweizer Teams seit 2012, als die damals Star-gespickten Broncos die Saison als Nummer 1 Europas abschlossen. Viele Experten tippen auf einen Sieg der Raiders mit drei bis vier Touchdowns Vorsprung – gelänge den Broncos am Samstag hingegen der Coup in der ultimativen Challenge, hätten sie erneut alle Gründe, Europas Football-Krone 2019 für sich zu beanspruchen.

 

Hier gehts zu den Teams im Vergleich und der Prognose.

Die GRHeute-Prognose zum CEFL-Final zwischen den Calanda Broncos und den Swarco Raiders.

Quarterbacks

Die Calanda Broncos verfügen mit dem auf diese Saison verpflichteten Conner Manning über einen überragenden Passing Quarterback, der diese Saison bereits 27 Touchdowns (bei nur 4 Interceptions) geworfen hat. Die Frage wird sein, ob seine Passfänger die freien Räume finden und Manning genug Zeit haben wird, um seine Pässe loszuwerden. Die Swarco Raiders Tirol setzen ebenfalls auf einen amerikanischen Spielmacher: Sean Shelton ist bereits seine fünfte Saison bei den Österreichern und hat sein Team bereits zu drei Landesmeisterschaften und zuletzt zwei CEFL-Titeln geführt. Der 100 kg schwere Quarterback hat einen exzellenten Arm und ist auch als Ballträger äusserst gefährlich. 

Fazit Quarterbacks: Gleichstand

Receivers

Beide Teams haben eine Armada von Passempfängern im Team, die ein Spiel im Alleingang für sich entscheiden können. Bei den Raiders sind neben dem US-Amerikaner Patrick Donahue unter anderen Adrian Platzgummer, Fabian Abfalter und der junge Lukas Fink zu nennen. Auch die Broncos müssen sich im Passangriff nicht verstecken, mit Lukas Lütscher, Severin Murk, Adrian Sünderhauf (alle drei aus dem eigenen Nachwuchs) und dem amerikanischen Allrounder Max Gray haben auch die Bündner diverse Optionen in der Pass Offense.

Fazit Receivers: Vorteil Raiders

Offense Line

Für Schweizer Verhältnisse sind die Broncos bei den schweren Jungs in der Offense Line exzellent besetzt. Auf internationalem Niveau weht aber ein deutlich stärkerer Wind, was die Bündner in den CEFL-Gruppenspielen sowohl in Wroclaw (Pol) wie auch gegen Kragujevac (Ser) spürten. In der Angriffslinie der Broncos spielen drei Europäer, die schon seit mehrere Jahren in Chur spielen, der starke französische Center Bastien Perreira, der Norweger Jan Henrik Bogen und der mittlerweile bereits 44-jährige (!) André Mathes. Auch die Raiders verfügen über eine internationale Offense Line mit Spielern mit einem italienischen (Gerd Mitterdorfer), einem slowakischen (Stefan Drecun) und einem deutschen (Dominik Bauer) Pass. Dazu kommen mehrere bestens eingespielte, österreichische Nationalspieler. 

Fazit Offense Line: Vorteil Raiders

Running Backs

Was für die Offense Line gilt, kann auch über die Running Backs gesagt werden: Die Broncos sind mit Power Back Steffen Haenelt, dem erfahrenen Tino Muggwyler und weiteren Waffen wie Erik Rageth gut aufgestellt, ob dies aber auch auf höchstem europäischen Level reicht, bleibt abzuwarten. Die Raiders verfügen mit ihrem überragenden Ballträger Sandro Platzgummer und dem schnellen Tobias Bonatti über zwei brandgefährliche Waffen mit grossem Speed.

Fazit Running Backs: Vorteil Raiders

Defense Line

Die Broncos haben im Verlauf der Saison ihren US-Import in der Defense Line, Robert Kitching, durch den Allrounder Max Gray ersetzt. Dies sagt zwar einiges aus über die Qualität der Defense Line mit ihren Leadern Mauro Bühler, dem Deutschen Simon Gavanda und dem «Evergreen» James Canetti aus. Gegen die starke Offense Line der Raiders dürften die schweren Jungs in der Verteidigungslinie aber gleichwohl alle Hände voll zu tun haben. Die Defense Line der Raiders gehört zu den stärksten in ganz Europa.

Fazit Defense Line: Vorteil Raiders

Linebackers

Österreichische Power gegen Schweizer Power: So lautet das Duell auf den Linebacker-Positionen. Die Gäster aus Innsbruck um ihren erfahrenen Philipp Margreiter sind schnell und intelligent, bei den Broncos haben die Linebackers um ihre Leader Marco Mahrer und Kai Takahashi, die aus dem eigenen Nachwuchs stammen, eine bislang starke Saison hinter sich. 

Fazit Linebackers: Vorteil Raiders

Defense Backs

Mit der Rückkehr von Matthias Tanno hat die 2019 nicht immer über alle Zweifel erhabene Passverteidigung der Broncos an Sicherheit gewonnen. Gleichwohl wird das Defense Backfield um Dea Baumann, Flavio Gisler und Max Gray alle Hände voll zu tun haben. Schwer wiegt der Verlust von Safety Alex Raich, der das Endspiel verpasst und sein Glück an einem Junior College in den USA versucht. Die Raiders ihrerseits haben – um ihren amerikanischen Safety Darius Robinson – in der Passverteidigung in der starken österreichischen Liga bislang wenig anbrennen lassen.  

Fazit Defense Backs: Vorteil Raiders

Coaching

Broncos-Headcoach Geoff Buffum ist ein ausgewiesener Coaching-Fuchs und kennt Innsbruck aus eigener Vergangenheit als Quarterback und Headcoach der Raiders bestens. Mit der Armee an erfahrenen Coaches der Raiders können es Buffum, sein norwegischer Defense Coordinator Nicolay Knutsen und die drei Assistant Coaches aber nur schwerlich aufnehmen. Der Deutsche Shuan Fatah ist nun bereits seit bald neun Jahre in Innsbruck ist und hat in dieser Zeit eines der grössten Football-Programme Europas aufgebaut. Er wird unterstützt von einer siebenköpfigen Coaching Staff mit den drei Amerikanern Lee Rowland (Offense), Kevin Herron (Defense) und Kyle Callahan (Receivers), die sich diese Saison mit ihren Anpassungen zur Halbzeit schon mehrfach ausgezeichnet haben.

Fazit Coaching: Vorteil Raiders

Weitere Faktoren

Der Heimvorteil ist für die Calanda Broncos sicher ein wichtiger Faktor, wäre ein Auswärtsspiel in Innsbruck wohl beinahe zu einer «Mission Impossible» geowrden. Die Broncos Fans haben schon mehrfach bewiesen, dass es an der Ringstrasse richtig laut und entsprechend ungemütlich für einen Gegner werden kann. Allerdings treffen die Broncos auf einen Gegner, der sich laute Stadien gewöhnt ist und auch auswärts regelmässig grosse Siege einfährt: Im letzten CEFL-Qualifikationsspiel nahmen die Österreicher auswärts beispielsweise den starken italienischen Meister Milano Seamen mit 50:23 auseinander, am letzten Sonntag setzten sie sich bei den Dacia Vienna Vikings souverän mit 34:13 durch. Bezüglich den Erfolgen in den letzten zehn Jahren können die Bündner durchaus mithalten: Mit zwei europäischen Erfolgen (2010 Efaf-Cup, 2012 Eurobowl) und acht Schweizer Meistertiteln sind auch die Broncos gewöhnt, in grossen Spielen zu gewinnen.

Fazit Weitere Faktoren: Vorteil Broncos

Prognose

Die Broncos-Offense ist gefestigt und sollte auch gegen die Raiders punkten können. Dies gilt allerdings noch mehr für die Gäste, deren Angriff in dieser Saison von niemandem gestoppt werden konnte. Rein nach der Papierform müssten die Raiders mit mindestens drei Touchdowns Vorsprung obenaus schwingen. Mit einem fanatischen Heimpublikum im Rücken und einigen Big Plays – vor allem in der Verteidigung – sind die Bündner aber nicht ganz chancenlos, vor allem, wenn sie gut ins Spiel starten. Es dürfte für die Bündner aber schwierig werden, die Pace der Raiders bis zum Schlusspfiff mitzugehen. 

Prognose: Broncos 21 Raiders 41. Hoffnung: Broncos 29 Raiders 28.

 

(Bilder: Szenen vom Eurobowl-Spiel 2012 zwischen den Swarco Raiders und den Calanda Broncos/GRHeute)

author

Mathias Braendli

Redaktor Region/Sport
Marketeer, Ex-Journalist und Football-Blogger. Sound: Adam Green, Ryder the Eagle, Bob Dylan, Helloween. TV: Better Call Saul, Game of Thrones, Sport. Buch: Fall & Rise von Mitchell Zuckoff.