Bund schliesst Schulen und Skigebiete

Bund schliesst Schulen und Skigebiete

Fertig Schule, fertig Skifahren: Der Bund hat beschlossen, die Schulen bis am 4. April zu schliessen. Auch Vereinstätigkeiten, Schwimmbäder und Kinos müssen zu machen – ebenso wie die Skigebiete.

Wäre es nach dem Kanton Graubünden gegangen, wären die obligatorischen Schulen offen geblieben. Noch am Nachmittag teilte die Standeskanzlei mit, dass «nur» die nichtobligatorischen Schulen geschlossen werden. «Vorbehalten bleibt ein Entscheid des Bundes», schrieb der Kanton. Mittlerweile ist der Fall klar: Der Bund hat alle Schulen geschlossen. Bis am 4. April.

Ebenfalls angeordnet hat der Bund, dass Skigebiete und andere Freizeitangebote geschlossen werden müssen. Es herrscht eine «ausserordentliche Lage», der Bund spricht von einer Notlage.

Die steigende Zahl infizierter Personen, die neue Situation an den Grenzen, die Schliessung der nicht obligatorischen Schulen und die zusätzlichen Einschränkungen bei Veranstaltungen haben dazu geführt, dass die Regierung für den Kanton Graubünden die «ausserordentliche Lage» ausgerufen hat. Bei der Beurteilung der Lage haben die erschreckenden Zahlen aus dem Kanton Tessin eine wesentliche Rolle gespielt.

Dort nimmt die Zahl der infizierten und hospitalisierten Personen explosionsartig zu und verdoppelt sich jeden zweiten Tag. Gemäss Gesetz über den Bevölkerungsschutz ist eine «ausserordentliche Lage» dann angebracht, wenn die Mittel von Gemeinden und Kanton nicht mehr ausreichen, um ihre Aufgaben zu bewältigen oder wenn eine grosse Zahl von Personen betroffen ist. Dies trifft nun zu. Die bisherige Führung durch das Gesundheitsamt wird an den Kantonalen Führungsstab übertragen.

Zahl der erkrankten Personen steigt – Verlangsamung zwingend nötig

Auch im Kanton Graubünden steigt die Zahl der mit dem Coronavirus erkrankten Personen rapide an. Aktuell ist das Virus bei 43 Personen nachgewiesen (Stand heute Morgen). Es werden aber gemäss der Strategie des Bundesamts für Gesundheit keine flächendeckenden Tests mehr durchgeführt. Getestet werden nur noch Personen mit Symptomen aus Risikogruppen und Patientinnen und Patienten mit besonders schweren Symptome. Die bestätigten Fälle dienen somit zwar als Gradmesser, bilden jedoch nicht die abschliessende Zahl der am Coronavirus erkrankten Personen im Kanton. Für die Verantwortlichen des Gesundheitswesens ist klar, dass man die Zunahme von erkrankten Personen deutlich verlangsamen muss, da sonst das Gesundheitssystem in kurzer Zeit überlastet sein wird.

Umfassendes Massnahmenpaket

Aus diesem Grund hat die Bündner Regierung heute die folgenden Massnahmen beschlossen.

Ab Samstag, 14.3.2020, 08.00 Uhr, vorerst bis 30. April 2020, 24.00 Uhr gelten:

Das Amt für Militär und Zivilschutz wird angewiesen, Einsatzbereitschaft des Zivilschutzes zur Unterstützung des Gesundheitswesens herzustellen.
Alle Vereinsaktivitäten wie Sportanlässe, Veranstaltungen, Versammlungen, Trainings, Proben usw. sind untersagt.
Öffentliche und private Anlässe oder Versammlungen mit mehr als 50 Personen, welche nicht unter die vorgenannten Bestimmungen fallen, sind verboten. Die zuständige kantonale Behörde kann Veranstaltungen ausnahmsweise zulassen, wenn überwiegende öffentliche Interessen dies gebieten, beispielsweise Veranstaltungen zur Ausübung politischer Rechte.
Religiöse Anlässe mit mehr als 50 Personen sind untersagt.
Der Besuch in Spitälern, Alters- und Pflegeheimen und anderen Betreuungsinstitutionen ist untersagt. Über Ausnahmen (Besuche für Patienten in ausserordentlichen Situationen: Eltern von Kindern, Partner von Gebärenden sowie nahe Angehörige von sterbenden Menschen oder unterstützungsbedürftigen Patienten) entscheidet die Institution.
Bei allen anderen Veranstaltungen und in allen Einkaufsgeschäften sind die Verantwortlichen aufgefordert, für die Einhaltung der Regeln der Hygiene und der sozialen Distanz zu sorgen.

Ab Samstag, 14.3.2020, 17.00 Uhr, vorerst bis 30. April 2020, 24.00 Uhr gelten:

Sämtliche Unterhaltungsstätten wie Bibliotheken, Archive, Kinos, Theater, Museen, Jugend-, Sport-, Wellness-, Fitnesszentren, Schwimmbäder, Discos, Musikbars, Nacht-, Erotikclubs usw. haben den Betrieb einzustellen.
Hotel- und Restaurantbetrieben, mit Ausnahme der vorgängig genannten Unterhaltungsstätten und / oder Betriebsteilen, ist es gestattet, ihren Betrieb unter folgenden Bedingungen weiterzuführen:
Gewährleistung der erhöhten Hygienestandards und der nötigen sozialen Distanz;
keine Selbstbedienung;
Einhaltung eines Abstandes von mindestens 1 Meter zwischen den Tischen;
Gewährleistung einer Mindestfläche von 4 Quadratmetern der bewirtschafteten Fläche pro anwesendem Gast.
Ab Montag, 16.3.2020, 06.00 Uhr, vorerst bis 30. April 2020, 24.00 Uhr gelten:

Die Skigebiete haben den Betrieb einzustellen.

Wo immer möglich und sinnvoll wird in der kantonalen Verwaltung Homeoffice angeordnet.
Die Regierung empfiehlt der Bevölkerung dringend, die Regeln der Hygiene und der sozialen Distanz in zwischenmenschlichen Beziehungen strikte einzuhalten, insbesondere gegenüber Menschen über 65 Jahren und für Gruppen, die als gefährdet eingestuft sind. Personen über 65 Jahren und Angehörigen von Gruppen, die als gefährdet eingestuft sind und daher besonders dem Risiko schwerwiegender Komplikationen ausgesetzt sind, die ihr Leben gefährden können, wird dringend davon abgeraten:

Kinder und Jugendliche zu betreuen;
an öffentlichen oder privaten Veranstaltungen teilzunehmen;
öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.
Unterstützung für Wirtschaft und Tourismus
Die Bündner Regierung will Wirtschaft und Tourismus in dieser schwierigen Lage bestmöglich unterstützen. Sie setzt dazu eine Task Force mit Vertretern des Departements für Volkswirtschaft und Soziales, des Departements für Finanzen und Gemeinden sowie der Graubündner Kantonalbank ein.

Öffentlicher Verkehr: Betrieb aufrechterhalten und Schutz verstärken
Es wird sichergestellt, dass der öffentliche Verkehr seinen Betrieb aufrechterhält. Die Transportunternehmen sind dafür verantwortlich, dass die Schutzmassnahmen für Personal und Passagiere verstärkt werden. Zudem ist eine Planung zu erarbeiten, wie der ÖV auch bei Personalausfällen sichergestellt werden kann. Der Kanton setzt dazu eine Arbeitsgruppe ein und ist in engem, laufendem Austausch mit Bund, Rhätischer Bahn, PostAuto und mit Vertretern aus dem Bau-, Verkehrs und Forstdepartement, den Transportunternehmen und weiteren ÖV-Betreibern.

Stopp von nicht sofort notwendigen Operationen
Das Gesundheitsamt ordnet per Samstag einen Stopp aller nicht sofort notwendigen Eingriffe in folgenden Institutionen an:

Centro Sanitario Valposchiavo
Center da Sandà Engiadina Bassa
Spital Oberengadin in Samedan
Klinik Gut in St. Moritz
Damit wird in den Institutionen Platz frei für Coronavirus-Patienten und das Personal kann sich verstärkt um diese kümmern.

«Abstand nehmen und so zusammenstehen!»
Zentral bleibt weiterhin die Risikogruppen zu schützen und die Ausbreitung zu verlangsamen. Die Regierung appelliert eindringlich an die Bevölkerung – insbesondere auch an die Gesunden und Jungen –sich an die Verhaltensanweisungen des Bundes zu halten. Zentral sei ein gesunder Abstand zu anderen Personen. «Abstand nehmen und so zusammenstehen!» lautet das Motto der Bündner Regierung.

Risikogruppen
Personen ab 65 Jahren
Personen, welche insbesondere folgende Erkrankungen aufweisen:
Bluthochdruck
Diabetes
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Chronische Atemwegserkrankungen
Krebs
Erkrankungen und Therapien, die das Immunsystem schwächen
Informationen für die Bevölkerung
Für weitere Informationen zuhanden der Bevölkerung verweist der Kanton Graubünden auf die folgende Webseite: www.gr.ch/coronavirus

Für allgemeine telefonische Anfragen steht der deutschsprachigen Bevölkerung die Infoline des Bundesamtes für Gesundheit zur Verfügung:
Telefon: +41 58 463 00 00 (täglich 24 Stunden)

Auskünfte an die Bevölkerung in italienischer Sprache erteilt die Hotline des Kantons Tessin
Telefon: 0800 144 144 (täglich von 7 bis 22 Uhr)

(Bild: zVg)

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Rachel Van der Elst

Redaktionsleiterin/Region
Rachel Van der Elst mag Buchstaben: analog, virtuell oder überall, wo Menschen sind. In einem früheren Leben arbeitete sie unter anderm bei der AP, beim Blick, bei 20Minuten, beim Tages-Anzeiger und bei der Südostschweiz. In ihrer Handtasche immer dabei: Jasskarten.