RhB: 2019 war super, 2020 seit Corona mies

RhB: 2019 war super, 2020 seit Corona mies

5,4 Millionen Franken Gewinn hat die kleine Rote letztes Jahr eingefahren. Coronabedingt sieht es dieses Jahr im Moment eher schwierig aus und im Albulatunnel gibt es Verzögerungen von einem bis zwei Monaten.

Im Geschäftsjahr 2019 betrug die Zunahme der Personenkilometer im Personenverkehr (exkl. Glacier Express) rund 4,8 %, was sich in den Nettoerlösen aus Verkehrsleistungen mit CHF 98,9 Mio. niederschlägt (Zunahme von CHF 6,2 Mio. gegenüber Vorjahr). Der Kostendeckungsgrad erreichte mit 60,3 % einen Spitzenwert und liegt erstmals über 60 Prozent, wie die RhB am Freitag mitteilte. Das Ergebnis im Personenverkehr lag bei CHF 0,3 Mio. Dies nach Bildung einer Rückstellung von CHF 4,0 Mio. für die Altlastensanierung am Standort Landquart im Zusammenhang mit dem grossen Werkstattausbau. Der Autoverlad übertraf die Erwartungen ebenfalls und verzeichnete aufgrund der Rekordfrequenzen von 529 117 beförderten Fahrzeugen einen Gewinn von CHF 1,6 Mio.

Herausforderungen im Güterverkehr

Im Güterverkehr nahmen die Verkehrserträge aufgrund weniger Transportleistungen für den Neubau des Albulatunnels sowie der Totalsperre im Unterengadin ab. Dieser Rückgang führte zu einem Verlust von CHF 1,0 Mio. Die Sparte Infrastruktur war einmal mehr geprägt durch die sehr hohe Investitionstätigkeit, bei etwas tieferen Unterhalts- und Betriebskosten. Zusätzlich profitierte die Sparte Infrastruktur von ausserordentlich tiefen Traktionsenergiekosten (Sondereffekte Partnerwerke). Der ausgewiesene Gewinn wird unmittelbar der gebundenen Reserve nach Art. 67 des Eisenbahngesetzes (EBG) zugewiesen.

Das Investitionsvolumen blieb mit CHF 339,4 Mio. weiterhin hoch und hat sich gegenüber dem Vorjahr (CHF 271,8 Mio.) nochmals deutlich gesteigert. In den Substanzerhalt und den punktuellen Ausbau der Infrastruktur wurden CHF 255,6 Mio. investiert (Vorjahr CHF 211,9 Mio.). Im Verkehr und Nebengeschäft lagen die Investitionen bei CHF 83,8 Mio. (Vorjahr CHF 59,9 Mio.). Rund 40 % der Wertschöpfung ist dabei bei Unternehmungen in Graubün- den geblieben. Ohne die hochspezialisierte Bahntechnik wäre der Anteil der Vergaben im Kanton gar bei fast 70 %.

Auf Basis von Leistungsvereinbarungen erhielt die RhB von der öffentlichen Hand Abgeltungen für ungedeckte Betriebskosten und Abschreibungen von insgesamt CHF 198,9 Mio. Davon wurden CHF 74,5 Mio. für die Finanzierung des Personenverkehrs und CHF 6,1 Mio. für den Güterverkehr eingesetzt. Der Abgeltungsbetrag für die Infrastruktur (Betrieb und Abschreibungen) betrug CHF 118,2 Mio.

Ausblick 2020: Spürbarer Einfluss der Coronakrise

Seit Mitte März hat die Coronakrise auch die RhB voll erfasst. In Absprache mit Bund und Kanton hat die RhB das Fahrplanangebot gut aufrechterhalten können, punktuelle Redukti- onen und Optimierungen wurden dennoch rasch umgesetzt. Die Auswirkungen auf die Frequenzen und Erträge sowie auf das erwartete Ergebnis Ende Jahr sind jedoch aufgrund der massiven Ausfälle sehr gross. Zum heutigen Zeitpunkt ist eine verlässliche Schätzung der finanziellen Auswirkungen auf das Geschäftsjahr 2020 nicht möglich.

Die nötigen Sofortmassnahmen und Kostenreduktionen (wie z.B. Anmeldung Kurzarbeit, Mehr-/Überzeitenabbau, Anpassung der Schalteröffnungszeiten, Tourenstreichungen Produktion, Budgetkürzungen, Verschiebung von Arbeiten und Projekten) sind in allen Bereichen umgesetzt und werden ständig weiter optimiert. Da trotz stark eingebrochener Frequenzen das Fahrplanangebot für die Erschliessung Graubündens auf hohem Niveau gehalten werden muss, wird eine zusätzliche grössere finanzielle Unterstützung von Bund und Kanton für 2020 dennoch nötig. Die RhB ist mit dem Bundesamt für Verkehr (BAV) und dem Kanton in Kontakt.

Gemäss Yvonne Dünser, Leiterin der Unternehmenskommunikation, hat die Coronakrise auch Auswirkungen auf den Tunnelbau. Zwar könnten alle Baustellen wie gewünscht betrieben werden, doch müsse für gewisse Arbeiten mehr Zeit eingeplant werden. Bisher wurde der Bau einer einzigen Brücke aus Kapazitätsgründen auf den Herbst verschoben. «Beim Albulatunnel musste die Arbeiten angepasst werden, da die Tunnelbauarbeiter aus dem Ausland fehlen. Dies hat zur Folge, dass es zu zeitlichen Verzögerungen kommt. Aktuell haben wir damit rund einen bis zwei Monate Verzögerung. Ob dies nun Auswirkungen auf den Eröffnungstermin hat, ist sehr stark von der weiteren Entwicklung der Einhaltung von strengeren Massnahmen auf den Baustellen abhängig. Es zeichnet sich aber ab, dass die Termine ambitiös werden dürften», sagte Yvonne Dünser.

Schrittweise zurück zum Normalbetrieb

Das ab März reduzierte Angebot wird ab Mai schrittweise wieder hochgefahren. So verkehren am Autoverlad Vereina ab 1. Mai 2020 die Züge wieder im Halbstundentakt. Ebenso werden die Züge wieder vermehrt von Zugpersonal begleitet. Im Mai fällt, abhängig von der Pandemiesituation und in Abstimmung mit der Systemführerin SBB sowie den Bestellern Bund und Kanton, der Entscheid zum Hochfahren des Angebots ab Juni 2020. Dies betrifft insbesondere die Panoramazüge Glacier Express und Bernina Express sowie die historischen Fahrten zwischen Davos und Filisur sowie Gruppen-, Erlebnis- und Charterfahrten.

Verwaltungsrat und Geschäftsleitung der RhB sind zuversichtlich, dass sich der langfristige Wachstumstrend im öV, gerade im Personenverkehr, in den nächsten Jahren, vielleicht etwas abgeschwächt, fortsetzen wird. Die RhB ist gut aufgestellt und in verschiedenen Sparten tätig und solid unterwegs. Die Modernisierung wird weiter vorangetrieben. Dennoch ist derzeit höchste Aufmerksamkeit auf allen Ebenen nötig: von der Führung und den Mitarbeitenden der RhB wird derzeit viel verlangt – und auch geleistet.

Die in Arosa geplante Generalversammlung am 5. Juni findet nicht im gewohnten Rahmen statt. Sie findet ohne physische Teilnahme von Aktionären mit einem Stimmrechtsvertreter statt, heisst es in der Medienmitteilung. Gemäss Yvonne Dünser ist nicht bekannt, dass eine Generalversammlung jemals abgesagt werden musste. Als Event – sofern Pandemiebedingt möglich – ist erst das Bahnfest im September geplant, bei dem auch der Capricorn getauft werden soll. Ob der Kantonstag stattfindet, entscheidet die RhB im Mai.

(Bild: RhB/swiss-image.ch/Christopf Benz)

 

 

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Rachel Van der Elst

Redaktionsleiterin/Region
Rachel Van der Elst mag Buchstaben: analog, virtuell oder überall, wo Menschen sind. In einem früheren Leben arbeitete sie unter anderm bei der AP, beim Blick, bei 20Minuten, beim Tages-Anzeiger und bei der Südostschweiz. In ihrer Handtasche immer dabei: Jasskarten.