Der HCD kriselt, das ist mittlerweile bekannt. Einer der Gründe, wieso die Landwassertaler am Tabellenende rumkrebsen, ist der neue Goalie Anders Lindbäck.
Ein Rückblick: Am 15. September verkündet der HCD eine bemerkenswerte Neuverpflichtung. Weniger als eine Woche vor dem Saisonstart gibt der HC Davos bekannt, dass das Projekt mit den Jung-Goalies Gilles Senn und Joren van Pottelberghe als gescheitert erklärt wird, und der schwedische Goalie Anders Lindbäck verpflichtet wird. Auf der einen Seite ein Eingeständnis, dass die beiden Youngsters JvP und Senn den HCD nicht weiterbringen können. Auf der anderen Seite ein klares Bekenntnis, dass der HCD einen Schritt nach vorne machen will und bereit ist, eine Ausländerlizenz für die Goalie-Position zu opfern. Ein bemerkenswerter Schritt, denn der HCD ist der einzige Club der National League, der einen ausländischen Goalie engagiert. Aber die Message ist klar: Wir wollen weiterkommen, Senn und JvP sind dafür nicht genug, Lindbäck soll es richten.
Gegenüber Watson.ch verrät Präsident Gaudenz Domenig seine Gedanken zum Transfer:
«Wir müssen damit rechnen, dass unsere zwei Torhüter im Sommer 2019 nach Nordamerika wechseln. Dann brauchen wir einen Ausländer.»
Die Wahrscheinlichkeit sei gross, dass dann auch der SCB und Lugano auf der Suche nach ausländischen Goalies seien – mit entsprechender Preistreiberei. Jetzt sei es noch möglich, einen ausländischen Torhüter zu einem vernünftigen Preis zu bekommen.
Klaus Zaugg betitelte Lindbäck damals als schwedische Antwort auf Reto Berra – sehr stark, aber nicht ganz gut genug für die NHL. Der Kommentar des Chronisten endet mit:
«Die Verpflichtung des schwedischen Goalies hat die Hockeylandkarte verändert. Mit Anders Lindbäck im Tor kann Davos die Playoffs nicht mehr verpassen. Ja, das Verpassen der Playoffs wäre unter den neuen Voraussetzungen die grösste sportliche Pleite in der Karriere von Arno Del Curto. Nun mit Anders Lindbäck die Saison vier Punkte vor den Rapperswil-Jona Lakers zu beenden – das wäre eine Schmach sondergleichen.»
Die Weichen waren gestellt: Der HCD hat kurz vor Saisonbeginn einen Top-Transfer getätigt, mit Aussicht auf mehrere Jahre, und peilt mit einem Schlag wieder einen Rang in der vorderen Tabellenhälfte an.
Fast Forward.
Der HCD steht heute vier Punkte vor den Rapperswil-Jona Lakers. Aber auch 18 Punkte hinter dem Strich, auf dem zweitletzten Platz. Die Playoffs rücken immer weiter weg.
In den letzten sieben Jahren hatte der Achtplatzierte am Ende der Regular Season irgendwo zwischen 68 und 72 Punkte. Das ist der Benchmark, den Davos erreichen muss, wenn er in die Playoffs will. Der HCD steht nach der Hälfte der Regular Season bei 20 Punkten. Das heisst es fehlen also rund 50 Punkte in den verbleibenden 25 Spielen. Mindestens 15 Siege in 25 Spielen wird es brauchen, ansonsten wird der HCD zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten die Playoffs verpassen. Es wäre das Ende der längsten Rekord-Strecke im Schweizer Eishockey.
Woran liegt’s? An vielem, aber in diesem Artikel konzentrieren wir uns auf den neuen Goalie.
Den schwedischen Reto Berra.
Der Top-Transfer.
Anders Lindbäck war bisher die Inkonstanz in Person. Eine derart schwankende Leistung hat man in der National League schon lange nicht mehr erlebt. Dr. Jekyll und Mr. Hyde könnte es nicht besser treffen.
Die Leistung von Anders Lindbäck ist bemerkenswert. Positiv wie negativ.
In 20 Einsätzen hat der schwedische Goalie bisher 9 Partien gezeigt mit einer Fangquote von 95% oder höher. Das ist Weltklasse. Besser als der beste Schweizer Schnitt (93.56%), und weit über dem Ligaschnitt (91.78%). Dafür hat der HCD Lindbäck geholt: Ein Rückhalt eines Top-Goalies.
Aber in 10 Partien zeigte die Schizophrenie ihre hässliche Fratze: 10 Partien, in denen Lindbäck nie über eine Fangquote von über 88.89% kam. Tiefer als der schlechteste Schweizer Goalie-Schnitt (89.62%, Lindbäcks Durchschnittsquote wohlgemerkt).
Wahnsinn. Eine solche ausschlagende Kurve ist wahrlich bemerkenswert, und kann nicht auf schwache Verteidigung, schlechtes Boxplay oder andere Faktoren abgeschrieben werden. Eine, zwei Parteien können vielleicht noch so erklärt werden. Aber eine ganze Saison über? Da muss man den Goalie hinterfragen. Und es ist nicht so, wie wenn Lindbäck eine Tendenz erkennen lässt. Auf einen Topspiel folgt ein Flopspiel und umgekehrt. Die Kurve spickt konstant von oben nach unten. Wie ein Seismograf bei einem Erdbeben schlägt Lindbäcks Leistung nach oben und unten aus. In nur einer einzigen von 20 Partien (!) schaffte es Lindbäck bisher, irgendwo im Schweizer Schnitt von 89.7% und 93.4% zu liegen. Entweder ist der Schwede drüber oder sonst drunter. Stabilität ist ein Fremdwort.
Von 9 Partien mit starken Leistungen Lindbäcks gewann der HCD deren 7. Das ist logisch. Genauso logisch ist, dass der HCD sämtliche Partien verlor, in denen Lindbäck floppte. Der Einfluss des Goalie auf das Endresultat ist also markant.
Die Rechnung ist einfach: Wenn Davos die Playoffs erreichen will, darf sich Lindbäck in den verbleibenden 25 Partien nicht mehr als zehn solche Aussetzer leisten. Ansonsten schafft der HCD den Sprung über den Strich nicht mehr. Bisher deutet nicht viel darauf hin, dass der schwedische Goalie irgendeine Form von Konstanz zeigen wird können.
Es wäre eine Schmach sondergleichen.
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* Gezählt wurden Goalies, die mindestens 14 Partien im Tor spielten.
(Stats: SIHF, Bild: HCD Twitter)