El Niño – eine detaillierte Analyse

El Niño – eine detaillierte Analyse

Nachdem Nino Niederreiter und die Minnesota Wild letzte Nacht aus den NHL Playoffs ausgeschieden sind, ist nun auch die letzte Hockey-Saison mit Bündner Beteiligung zu Ende. GRHeute berichtete bereits gestern über Niederreiters Jahr mit 49 Punkten (21 G/28 A) in 88 Spielen. Zeit, die Saison des erfolgreichsten Bündner Hockeyaner einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Zehn Argumente und Statistiken, die Nino diese Saison pulverisierte:

*Achtung: Wer keine Zahlen lesen will: Es hat am Ende des Artikels eine Zusammenfassung des Inhaltes.

In unregelmässigen Abständen hat GRHeute Niederreiter mit anderen jungen Spielern verglichen, die in einer ähnlichen Situation stecken: Jonathan Huberdeau (Florida Panthers), Brayden Schenn (Philadelphia Flyers), Thomas Tatar (Detroit Red Wings), Tyler Toffoli (LA Kings) und Chris Kreider (NY Rangers).

1. Punkte

„Die anderen Jungstars buchen viel mehr als Nino.“

Nein, das stimmt so nicht mehr. Niederreiter hat bis Ende Saison Boden gut gemacht und ist mittlerweile der zweitbeste Torschütze bei numerischem Gleichstand, und auch seine Punkteausbeute lässt sich sehen. Mit 40 Punkten (17 G/23 A) in 88 Spielen ist Nino nach Jonathan Huberdeau der produktivste Spieler.

 

2. P60

„In dem Fall erhält er viel mehr Eiszeit.“

Nein. Niederreiter ist immer noch bei rund 13 Minuten Eiszeit bei 5 gegen 5, das ist in dieser Gruppe ein durchschnittlicher Wert. Seine Ausbeute von 2.08 Punkte pro 60 Minuten Eiszeit ist demzufolge sogar Spitzenwert dieser Spieler.

 

3. CF%

„Aber was macht er fürs Spiel?“

Sehr viel. Nino 54.29 CF% Statistik zeigt, dass nur Thomas Tatar und Tyler Toffoli noch besser den Puck kontrollieren konnten. Das Beispiel von Brayden Schenn zeigt es: Der Stürmer der Philadelphia Flyers hatte zwar ebenfalls eine starke Saison und buchte am Ende 59 Punkte. Mehr als ein Drittel der Punkte konnte der junge Stürmer aber im Powerplay erzielen. Bei 5 gegen 5 endete Schenn bei 34 Punkten und sogar mit leicht negativen Corsi Werten (CF% 49.59). Das heisst, der Gegner hatte im Schnitt mehr Chancen als das eigene Team. Anders bei Niederreiter. CF% 54.29 ist ein starker Wert, der zeigt, dass Nino einen positiven Output auf das Spiel der Wild hatte.

Name Gm G A P G60 A60 P60 CF%
Jonathan.Huberdeau 82 14 29 43 0.7 1.45 2.15 49.5
Nino.Niederreiter 88 17 23 40 0.88 1.2 2.08 54.29
Tyler.Toffoli 87 20 17 37 1.08 0.91 1.98 58.95
Brayden.Schenn 86 14 20 34 0.77 1.1 1.87 49.59
Chris.Kreider 84 16 15 31 0.89 0.84 1.73 50.32
Tomas.Tatar 86 13 15 28 0.8 0.92 1.72 56.78
Jaden.Schwartz 39 5 11 16 0.57 1.25 1.82 54.34

 

Und wenn man ihn nun mit seinen Mitspieler im Team vergleicht?

 

4. Linemates

„Wahrscheinlich konnte Nino einfach immer mit den Superstars zusammenspielen wie damals Damien Brunner.“

grh_teammates

 

Nein. Nino Niederreiter begann die Saison in einer Linie mit Mikko Koivu und Jason Zucker. Als nominell zweite Linie bildeten die drei im ersten Drittel der Saison eine der stärksten Linien in der NHL, was sich in Puckbesitz und Skorerpunkte ummünzte, wobei Ninos Eiszeit irgendwo zwischen 15 und 18 Minuten lag.

 

Obwohl diese Linie mit Koivu und Zucker funktionierte, entschied sich Coach Yeo nach rund einem Drittel der Saison dazu, verschiedenste Experimente auszuführen. Praktisch alle Kombinationen wurden versucht, Ninos Eiszeit sank auf durchschnittliche 14 Minuten. Das Resultat dieser Achterbahnfahrt: Wenig Konstanz, viele Niederlagen und ein entlassener Coach.

 

Nach rund 60 Spielen fand Interims-Coach John Torchetti eine Lösung für das Auf und Ab und begann, Nino praktisch ausschliesslich mit Jason Pominville und Erik Haula auftreten zu lassen. Und das mit durchschlagendem Erfolg: Ähnlich wie zuvor die Kombination Koivu/Zucker entwickelte sich auch die Pominville/Haula/Niederreiter-Linie zu eine der dominantesten der NHL. Die Minnesota Wild gewannen wieder an Fahrt, Ninos Eiszeit (und seine Produktion) schossen wieder nach oben.

 

5. WOWY

„In dem Fall waren wohl seine Mitspieler die tragenden Figuren für den Erfolg.“

replacements-1516-MIN-niedeni92-shots

Falsch. Man hat ein gutes Argument, wenn man sagt, dass der Erfolg dieser beiden Linien hauptsächlich von Nino abhängig war. Lokalpatriotismus hin oder her: Fakt ist, dass sämtliche Spieler im Team bessere Resultate erzielten, wenn Nino mit ihnen auf dem Eis stand. Ausnahmslos alle Spieler liessen weniger Schüsse zu und generierten gegen vorne mehr Chancen. Die WOWY-Statistik (With or without) zeigt auf einer einfachen Grafik auf: Wer mit Nino spielt, ist auf der richtigen Seite der roten Linie.

 

 

6. Zone Starts/Quality of Competition

„In dem Fall durfte er gegen schlechte Gegner spielen oder immer im gegnerischen Drittel ran.“

 

Nein. Nino erhielt diese Saison zwar nicht mehr ganz so viele Bullys im eigenen Drittel, und hatte am Ende ein ausgeglichenes Verhältnis bzgl. Einsatz im eigenen oder gegnerischen Drittel. Die Toplinie um Parise wurde aber bei weitem mehr «verwöhnt». Ninos Zone Starts (ZSO%Rel) liegen im durchschnittlichen Bereich.

 

Was aber augenfällig war, und besonders in den Playoffs sichtbar wurde: Die Coaches vertrauten Ninos Linie die schwierigen Jobs an und liessen sie gegen die gegnerischen Toplinien spielen. Und das Trio mit dem Churer war trotz mittelmässigen Zone Stars gegen die besten der Liga erfolgreich

 

7. G, A, P, P60, CF%

„In dem Fall hat Nino einfach von der Produktion seiner Mitspieler profitiert.“

Im Gegenteil. Vor allem Ninos individuelle Zahlen sind eindrücklich:

Niederreiter machte bei numerischem Gleichstand am meisten Tore (G 17), führte die Punktestatistik mit 10 Punkten voran (P 40), hat den höchsten Punkteschnitt pro 60 Minuten Eiszeit (P60 2.08), und treibt das Spiel nach vorne wie kein anderer (CF% 54.29). Und das alles mit relativ bescheidenen Zone Starts und weniger Eiszeit.

Nino Niederreiter hat sich diese Saison zum Top-Stürmer der Minnesota Wild entwickelt. Noch sind es vordergründig andere Namen, die im Hockey State skandiert werden. Zach Parise ist ein Superstar. Und Thomas Vanek ist der Hometown-Boy. Und Haula, Zucker und Coyle gelten als grosse Zukunftshoffnung. Aber der wahre, heimliche Star ist mittlerweile Nino Niederreiter. Nino ist in allen wichtigen Situationen auf dem Eis, und er strahlt eine unglaubliche Dominanz aus. Auch in den Playoffs hat man gespürt, welchen Drive der Churer mittlerweile entwickelt hat, und oftmals war Minnesota am gefährlichsten, wenn El Nino im Slot tobte.

Name Gm G A P P60 CF% ZSO%Rel TOI/Gm
Nino.Niederreiter 88 17 23 40 2.08 54.29 2.19 13.12
Erik.Haula 81 11 19 30 2.01 44.91 -16.48 11.05
Zach.Parise 70 15 12 27 1.61 49.71 15.84 14.38
Jason.Pominville 81 9 20 29 1.58 51.91 11.51 13.59
Thomas.Vanek 74 10 14 24 1.57 45.91 13.56 12.4
Charlie.Coyle 88 16 14 30 1.47 47.38 3.33 13.91
Mikko.Koivu 88 6 25 31 1.46 51.63 9.06 14.53
Justin.Fontaine 64 5 10 15 1.36 44.05 -6.2 10.34
Mikael.Granlund 88 9 19 28 1.34 49.75 12.78 14.25
Ryan.Carter 62 6 5 11 1.15 38.37 -25.51 9.26
Jason.Zucker 77 11 8 19 1.12 48.51 1.45 13.19
Chris.Porter 67 5 3 8 0.84 41.01 -21.21 8.52
Jarret.Stoll 55 3 3 6 0.71 35.53 -29.5 9.26

 

Gegen seine Altersgenossen in der Liga sieht Nino also gut aus. Und im eigenen Team gehörte Niederreiter diese Saison zu den besten Stürmern. Wie sieht also der Vergleich mit der gesamten Liga aus?

 

8. CF%

„Bei Minnesota gut zu sein, heisst nichts. Ligaweit gesehen ist Nino nur Mittelmass.“

 

Nope. Nicht nur im Vergleich zu seinen Team-Mitspielern sieht Nino gut aus. Ligaweit erarbeitete sich der 23-Jährige den Respekt und erntete viel Lob für seine Spielweise. Und auch in den Zahlen der Regular Season untermalen dies: Mit einem Corsi Wert von CF% 54.40 landete Niederreiter auf Rang 37 der gesamten NHL. Das heisst es gibt pro Team praktisch nur einen Spieler, der noch besser war. Spieler wie Crosby (54.54), Tyler Seguin (55.02) oder Joe Thornton (56.35). Wenn ein Stürmer in den Top 100 rangiert ist, kann man sagen, dass er ein potentieller Erstlinien-Stürmer ist. Nino ist in den Top 40.

 

9. Rel. CF%

„Aber die richtigen Superstars machen ihr gesamtes Team besser und beeinflussen so den Erfolg.“

Richtig. Und wenn man schaut, welcher Spieler auf sein Team am meisten Einfluss hatte, so wird alles noch eindrücklicher. Zur Erklärung: Rel. CF% ist eine Statistik, die zeigt, wie gut oder schlecht ein Spieler im Verhältnis zum eigenen Team ist. Konkret wird die eigene CF% Statistik mit der des gesamten Teams verglichen, wenn der Spieler nicht auf dem Eis ist. Und da schwingt Nino oben aus (und unterstreicht damit, wie integral er für den Erfolg der Minnesota Wild war): El Nino ist von fast 500 NHL Spielern, die mindestens 600 Minuten Eiszeit erhielten, die Nummer Eins. Mit +9.02 führt er die Liga an. Das heisst, dass kein anderes Team mehr von einem einzelnen Spieler profitiert als die Minnesota Wild von Nino.

Player Team GP Rel.CF%
NINO.NIEDERREITER MIN 82 9.02
PATRICE.BERGERON BOS 80 8.3
BRAD.MARCHAND BOS 77 7.85
BRENDAN.SMITH DET 63 7.63
MATHIEU.PERREAULT WPG 71 7.42
HAMPUS.LINDHOLM ANA 80 7.38
ERIK.KARLSSON OTT 82 7.3
VICTOR.HEDMAN T.B 78 7.25
NICK.SHORE L.A 68 6.94
TOMAS.HERTL S.J 81 6.83

 

10. G60/P60

„Aber er bucht nicht mal 50 Punkte pro Saison.“

Ja. Aber: Nino beeinflusst nicht nur das Spiel der Wild positiv, er bucht auch entsprechend. Mit 43 Regular Season landete er auf dem beachtlichen 137. Rang. Bei 30 Teams kann man getrost von einer Top-6-Performance sprechen. Und im Verhältnis zu seiner Eiszeit ist seine Produktion noch besser. Mit 2.08 Punkten pro 60 Minuten Eiszeit ist Nino ligaweit der 40. produktivste Stürmer. Und wenn man die Playoffs miteinberechnet, springt Niederreiter sogar auf Rang 37 hoch und knackt beinahe die 50 Punkte Grenze (21 G/28 A).

Und zum Abschluss das Ganze als HERO Chart zusammengefasst: Nino gehört praktisch in allen Kategorien zur Top 100 der Liga, sprich Erstlinien-Material. Hut ab.

Dashboard 1

Fazit/ TLDR

Nino spielte seine bisher stärkste NHL-Saison, die ihn zu einem ernsthaften Kandidaten für den Schweizer Eishockey-Spieler des Jahres machen. Die Diskussion Josi-Niederreiter ist auf jeden Fall einiges offener als noch Anfang Jahr.

Nino hat zusammen mit Erik Haula und Jason Pominville zwei Sturmpartner gefunden, die den Churer aufblühen lassen. Er gehört diese Saison zu den Top 40 Stürmern der NHL, führt alle relevanten Statistiken der Minnesota Wild an und hebt sich auch von anderen, gleichaltrigen Stars in der Liga ab. Er beeinflusst das Spiel von Minnesota wie kein anderer und bucht trotz tieferer Eiszeit, besserer Gegenspieler und schlechterer Zone Starts mehr als alle anderen im Team.

Ninos Vertrag von 2.667 Millionen US Dollar läuft noch ein Jahr, ab 1. Juli sind Verhandlungen über eine Verlängerung erlaubt. Die Minnesota Wild tun gut daran, diesen Sommer bereits Nägeln mit Köpfen zu machen. Der Vergleich mit Brayden Schenn von den Flyers wird dabei als Präzedenz-Fall dienen: Der Stürmer der Philadelphia Flyers hatte einen ähnlichen Saison-Verlauf, und sein Vertrag läuft diesen Sommer aus. Gut möglich, dass die Wild das letzte Jahr des Vertrages von Niederreiter nicht abwarten wollen und dem Churer in dieser Offseason bereits eine Verlängerung anbieten. Rechnen darf Niederreiter (ja nach Marktsituation) mit rund 4-5 Millionen Dollars für vier oder mehr Jahre.

Auch wenn die Saison für Niederreiter und die Minnesota Wild ein bitteres Ende fand: Der Bündner Hockeystar hat diese Saison auf jeden Fall alles richtig gemacht und seinen Marktwert im richtigen Moment hochgeschraubt.

 

*Alle Zahlen stammen entweder von Corsica Hockey, war-on-ice oder der NHL und berufen sich auf 5 gegen 5 Statistiken der Regular Season inkl. Playoffs von Spielern mit mindestens 600 Minuten Eiszeit, ausser anders vermerkt.

(Bild: David Berding/Icon Sportswire (EQ Images), Source: war-on-ice, corsica, NHL)

author

Richi Brändli

Redaktor Eishockey
Ehemaliger Kolumnist bei GRHockey, Plausch-Spieler und Fan von regionalem bis internationalem Eishockey.