Mach’s gut Pat Torpey

Mach’s gut Pat Torpey

Es war ein schwarzer Tag für mich gestern. Es wurde bekannt, dass der Schlagzeuger meiner Lieblingsband Mr. Big Pat Torpey am 7. Februar an den Folgen seiner Parkinsonkrankheit verstorben ist. Ich weinte wie ein kleines Kind, denn Mr. Big haben mich zwei Drittel meines Lebens begleitet. Ich erinnere mich an das Treffen im letzten Jahr und hatte das Glück Torpey doch noch kurz persönlich kennen zu lernen. Hier die Geschichte zum Treffen im Z7 Pratteln mit ihm und Mr. Big.

Ich war gerade mal 10 Jahre alt, als ich diesen einen Song zum ersten Mal hörte: Es war „To be with you“ von Mr. Big und er liess mich nicht mehr los. Zuvor kannte ich eigentlich nur Michael Jackson, was mir meine Mutter ziemlich akribisch versuchte auszureden. Damals war die Zeit, als Jackson mit ersten Fällen von Kindesmissbrauch Aufsehen erregte. Auch wenn ich heute einiges zu diesen Fällen besser weiss, war damals Michael Jackson zu hören nicht gerade angesagt. Was sich ja als er starb rasant änderte, aber das ist ein anderes scheinheiliges Thema. In diesem Kapitel geht es um meine Lieblingsband und nicht um die Macken der Gesellschaft. Meine Mutter Jacintha versuchte mir auf jeden Fall heftigst die Musik von Jackson auszureden, was ihr nur schlecht gelang, denn ich war ziemlich angefressen von dem perfekt produzierten Sound. Sie legte mir stapelweise Merch von David Hasselhoff ins Zimmer, (Im Nachhinein eigentlich auch leicht fragwürdig.) kaufte mir Kompilations mit Songs von den Backstreet Boys und vielen mehr, empfahl mir DJ Bobo, und so weiter und so fort. Ja, meine Mutter wollte meinen MJ-Fankult brechen, doch es gelang ihr nur bedingt. Einzig die Single „To be with you“ brachte mich auf andere Gedanken, noch bevor es Metallica und Nirvana taten. Ich hatte einfach Freude an diesem Lied und bald darauf kaufte ich im Ausverkauf „Lean into it.“ Ab diesem Zeitpunkt war ich angefressen von den Jungs Eric Martin, Paul Gilbert, Pat Torpey und Billy Sheehan. Ich kaufte mir alles von ihnen über die Jahre, sogar die Solosachen, welche phasenweise recht schwierig zu kriegen waren. Es kam die Fussballphase, wo ich vor allem Ricky Martin und so Latinquark hörte, es kam die Metallicaphase, die Deutschpunkphase, die Grungephase, die Numetalphase und einzig zwei Künstler waren immer dabei: Michael Jackson und Mr. Big. Ich liebte die Virtuosität der Band, schätzte aber auch ihre Feinfühligkeit und ihr wahnsinniges Gespür für grandiose Melodien vom ersten Augenblick an. Doch kurz nachdem ich grosser Fan geworden war, hatte sich die Supergroup aufgelöst.

Umso grösser war die Freude, dass sie sich 2009 nach langen sieben Jahren wieder zusammen getan haben und seither in Orginalbesetzung grandiose Alben veröffentlichen. Es brauchte aber doch noch ein paar lange Jahre bis ich sie endlich zum ersten Mal live gesehen habe. Das war 2014 im Z7 Basel auf der Tour zum Album „….The stories we could tell“ und es war eine Offenbarung. Noch nie hatte ich eine derart grandiose Liveband erlebt. Weil Pat kurz zuvor an Parkinson erkrankt war, spielte nun der grandiose Matt Starr Schlagzeug. Schwierig ein solches Konzert in Worte zu fassen. Ich kannte jedes Wort und war einfach nur glücklich. Meine Frau Corina war nicht gerade so geflasht. Sie fand das Konzert von Unheilig (würg) ein paar Wochen später das bessere, was ich bis heute nur schwer nachvollziehen kann.

2017 bot sich mir eine einmalige Chance mir einen Traum zu erfüllen. Mr. Big war mit neuem Album unterwegs und auf ihrer offiziellen Seite schrieben sie aus, man könne eine Meet and Greet kaufen. Klar, schön wäre natürlich gewesen so etwas zu gewinnen, doch hin und wieder muss man das Glück ein wenig herausfordern. Also buchte ich für 150 Dollar ein solches Treffen und wurde von Tag zu Tag nervöser. Meine Vorfreude war grenzenlos, als der Tag des Konzerts und fast wichtiger des Treffens kam. Ich stieg gegen Mittag ins Auto und fuhr alleine nach Pratteln. Meine Frau fand eben nie die gleiche Faszination für die Band wie ich und ausserdem konnte sie kurz vor dem Weihnachtsstress keine freien Tage einziehen, worauf sie leider nicht mitkommen konnte.

Ich kam um kurz vor Drei an und machte Bekanntschaft mit anderen Fans und Autogrammjägern. Ich hatte eigentlich fast alles zum Unterschreiben dabei, alle Tonträger, Singles und die Soloalben von Paul und Eric. Ich wusste, es wird eine heavy Aufgabe, da die Jungs sicher nicht alles unterschreiben werden. Wir warteten relativ lange vor dem Z7, da Mr. Big noch am Sound tüftelten, um uns exklusiv zu bespielen. Wir waren 15 Personen aus allen Himmelsrichtungen. Es war langsam ein wenig kalt und dann liess uns der Tourmanager endlich rein. Wir bekamen eine rote Tasche mit Klebern, einem grossen Foto und Umhängern drin. Mein Fanherz schlug bis zum Hals. Die Türe ging auf und auf der Bühne stand meine Lieblingsband und spielte nach einer kurzen Begrüssung „Defying Gravity“, den Titelsong vom neuem Album. Oh mein Gott, so nahe war ich meinen Helden echt noch nie. Doch es wurde noch besser. Nach der kurzen Einlage, kamen sie zu uns herunter und machten Fotos mit uns. Ich war nervöser als vor meinem ersten Schultag als ich jedem von ihnen die Hand drückte. Der Tourmanager machte zwei Fotos, damit sicher auch ein gutes dabei ist, was bei mir prompt auch so geschah, auf dem einten hatte ich nämlich die Augen geschlossen.

Dann begann die Autogrammjagd und ich erinnerte mich sofort an das, was meine Frau gesagt hatte: „Man kann nicht den Fünfer und das Weggli haben.“ Denn vor lauter Hervorsuchen von den wichtigen Tonträgern für Paul, Matt und Eric verpasste ich Pat und Billy komplett, was mich heute sehr ärgert. Denn jetzt habe ich zwar Mr. Big getroffen, jedoch keine Autogramme von allen… Bei Pat verstand ich es noch einigermassen, da seine Parkinsonkrankheit doch schon recht weit fortgeschritten ist. Billy verschwand, da er dachte, er hätte bei allen seine Zeichen gesetzt. Nun ja, ich genoss die Zeit sehr mit Paul und Eric, die sich ins Zeug legten für mich. Beide unterschrieben wie wahnsinnig meine Mitbringsel. Goldkehlchen Eric Martin brachte dann noch während dem Unterschreiben den Satz des Tages: „ Thank you man, you brought my kids to College.“ Das fand ich ziemlich lustig. Er fand, da ich so viele seiner Scheiben habe, habe ich die schulische Laufbahn seiner Kinder mitfinanziert.

Paul Gilbert tat nach der zehnten Unterschrift dann auch die Hand weh, worauf er mich bat, mein letztes Stück zu reichen. Ich war so fixiert auf die Autogramme, dass ich ganz vergessen hatte, dass man eigentlich auch mit ihnen Einzelphotos machen könnte, ich Depp. Eric Martin nahm ich mir dann noch gekonnt zur Seite und knipste mit ihm ein Bild. Dann ging das Treffen leider schon zu Ende. Also gut, es war eine gute Stunde, die ich mit meinen Helden verbracht hatte, doch ich hätte noch ewig mit ihnen plaudern können…
Eric rief mir beim Gehen noch nach, dass ich meine Miete zu zahlen nicht vergessen solle, nach dem Kauf von so vielen Mr. Big Erinnerungsstücken. Doch für mich hatte sich jeder Rappen gelohnt. Ich hatte Mr. Big persönlich getroffen, einige Sätze mit ihnen gewechselt und war wie ein verliebter Teenager einfach nur unglaublich glücklich.

Vor dem Konzert traf ich per Zufall noch Matt und konnte mit ihm gleich auch noch ein Foto nachholen.
Die erste Vorband „Faster Pussycat“ war zum Kotzen und verdammt laut. Die zweite „The Answer“ war verdammt gut und doch musste ich meine Energie für den Hauptact aufsparen, weshalb ich von ganz hinten zuhörte. Dann standen meine Helden endlich auf der Bühne und lieferten eine etwas mehr als stündige Supershow, die keine Wünsche offen liess. Es ist mir noch nie passiert, dass ich vor Freude weinen musste, doch als sie „Undertow“ spielten, flossen die Freudentränen nur so über meine Wangen. Es war der Moment aller Momente, so glücklich war ich zum letzten Mal an meinem Hochzeitstag. Es war alles so verdammt perfekt und ich war einfach nur glücklich. Da lohnte es sich nach dem Konzert auch zwei Stunden nach Hause zu fahren und todmüde in die Federn zu sinken. Pleite, aber mit einem Herzen, das bis zum Rande gefüllt ist mit wundervollen Erinnerungen. Ich hoffe, ich kann noch viele Mr. Big Konzerte sehen in meinem Leben, denn sie sind wie Wein und werden jedes Jahr besser.

Diesen Text schrieb ich kurz nach dem Konzert für mein neues Buch. Jetzt weiss ich nicht, ob es meine Lieblingsband überhaupt noch live geben wird in Zukunft. Trotzdem möchte ich mich für die tollen Jahre mit der Band bedanken und vor allem den besten Drummer aller Zeiten küren: Pat Torpey hat mich beim Schlagzeugspielen beeinflusst wie kaum ein anderer. Ich wage sogar zu behaupten, dass ich erst wegen ihm die Stöcke in die Hand genommen habe. Es war mir eine grosse Ehre ihn kurz persönlich kennen zu lernen. Danke für so vieles! Rock on in Heaven.

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Chris Bluemoon

Redaktor Kultur
Hauptberuflich Radio-Journalist mit viel Leidenschaft für die Musik, die Poesie und das ganz grosse Chaos.