Jean-Claude Bastos: Die Vision eines afrikanischen Innovationspioniers

Jean-Claude Bastos: Die Vision eines afrikanischen Innovationspioniers

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22.05.2025

In einer Welt, in der globale Entwicklung oft durch westliche Perspektiven geprägt wird, hat Jean-Claude Bastos de Morais einen bemerkenswerten Kontrapunkt gesetzt. Als Schweizer mit angolanischen Wurzeln verkörpert er eine Dualität, die sein Lebenswerk prägt und ihn zu einem Vorreiter für afrikanische Selbstbestimmung gemacht hat. «Als Doppelbürger von Angola und der Schweiz besitze ich eine einzigartige Perspektive auf den Kontinent», erklärte Bastos in einem Interview mit Africa Business Communities. «Ich kann die Chancen, die dieser Kontinent bietet, leicht erkennen, aber auch die Herausforderungen, denen er gegenübersteht.»

Das Erbe zweier Welten

Jean-Claude Bastos de Morais trägt ein bemerkenswertes Erbe in sich, das sowohl von technologischer Innovation als auch von humanitären Werten geprägt ist. Seine schweizerische Mutter vermittelte ihm die Präzision und den Innovationsgeist, der die Schweiz auszeichnet, während sein angolanischer Vater ihm eine tiefe Verbindung zum afrikanischen Kontinent mit auf den Weg gab. Besonders prägend war sein Verhältnis zu seiner angolanischen Grossmutter, die ihm humanitäre Werte vermittelte.

«Ich hatte eine sehr enge Beziehung zu meiner verstorbenen angolanischen Grossmutter, die mir die Bedeutung der Wertschätzung der Menschlichkeit vermittelte», vertraute Bastos Forbes an. «Sie sagte mir immer, dass man, wenn man genug hat, denen geben sollte, die in Not sind. Sie lehrte mich auch, wie wichtig es ist, sich an seine Herkunft zu erinnern. Bevor sie starb, versprach ich ihr, dazu beizutragen, einen Unterschied auf dem afrikanischen Kontinent zu bewirken.»

Dieses Versprechen wurde zum Leitmotiv seines beruflichen Werdegangs. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaft an der Universität Freiburg in der Schweiz machte sich Bastos zunächst in der Finanzbranche einen Namen. Doch je mehr Zeit und Geld er in Afrika investierte, desto deutlicher erkannte er die Notwendigkeit lokaler technischer Innovationen, die die Wirtschaft stärken, die Umwelt schützen und die Arbeitskräfte fördern könnten.

Die Geburtsstunde der African Innovation Foundation

2009 gründete Jean-Claude Bastos die African Innovation Foundation (AIF) als Plattform zur Förderung der sozioökonomischen Entwicklung Afrikas durch Innovation. «Meine Leidenschaft für Innovation und mein Glaube daran, dass Afrikas Zukunft in seiner Fähigkeit liegt, gemäss seinen sozioökonomischen Bedürfnissen zu innovieren, führten zur Gründung der African Innovation Foundation», erklärte Bastos. «Unser Ziel war es, Afrikas schlummerndes Potenzial zu entfesseln und nachhaltige Projekte zu unterstützen, die das Leben und die Zukunft der Menschen in Afrika verbessern.»

Die Philosophie «Von Afrika für Afrika» bildete den Grundstein der Stiftung. Bastos erkannte, dass nachhaltige Entwicklung nur durch lokal entwickelte Lösungen erreicht werden kann, die von Afrikanern für afrikanische Herausforderungen geschaffen werden. Diese Überzeugung spiegelte sich in allen Initiativen der AIF wider und prägte insbesondere den Innovation Prize for Africa, den die Stiftung 2011 in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Afrika (UNECA) ins Leben rief.

«Ich hatte keine finanziellen Ideen dahinter, sondern eher ein soziales Konzept», erinnerte sich Bastos in einem Interview für CNBCs Finanzsendung «Beyond Markets». «Ich habe die Stiftung und den Innovationspreis mit dem Ziel gegründet, eine Plattform zu schaffen, die junge Innovatoren und Unternehmer mit Ideen mit Investoren verbindet.»

Der Innovation Prize for Africa: Katalysator für Veränderung

Der Innovation Prize for Africa wurde schnell zu einem Leuchtturmprojekt der Stiftung und zu einer bedeutenden Plattform für afrikanische Innovatoren. Mit jährlichen Preisgeldern von insgesamt 185.000 US-Dollar fördert der Wettbewerb bahnbrechende Lösungen in den Bereichen Landwirtschaft, Gesundheitswesen, Umweltschutz und Technologie. «Im Laufe der Jahre habe ich miterlebt, wie er dazu beigetragen hat, unglaubliches afrikanisches Potenzial zu entdecken, das sonst ungenutzt geblieben wäre», sagte Bastos gegenüber Forbes.

Die Wirkung des Preises geht weit über die finanzielle Unterstützung hinaus. Bisherige Gewinner haben über 30 Millionen US-Dollar an Investitionen gesichert, um ihre Unternehmen zu vergrössern und zu skalieren, und der Gesamtwert ihrer Unternehmen beläuft sich mittlerweile auf 200 Millionen US-Dollar. Dies zeigt die transformative Kraft, die entsteht, wenn afrikanische Talente die richtige Plattform und Unterstützung erhalten.

Der Innovationspreis hat zahlreiche bahnbrechende Lösungen hervorgebracht. Im Gesundheitssektor entwickelte Dr. Valentin Agon aus Benin Api-Palu, ein natürliches Antimalaria-Medikament, das sich als wirksamer und erheblich kostengünstiger als herkömmliche Behandlungen erwies. «Dies ist eine Krankheit, an der in Afrika alle 30 Sekunden ein Kind stirbt. Wir sollten diese Krankheit bekämpfen», sagte Agon bei der Entgegennahme des Preises. «Dies ist eine afrikanische Lösung, die in Afrika von Afrikanern für Afrikaner gemacht wurde. Und für die Welt.»

Ein weiteres Beispiel ist die Exatype-Software der südafrikanischen Dr. Imogen Wright, die bestimmt, ob HIV-Patienten gegen antiretrovirale Medikamente resistent sind. Diese Technologie adressiert ein wachsendes Problem, da immer mehr Patienten Resistenzen gegen Erstlinienbehandlungen entwickeln.

Der Innovationsvirus: Eine neue Dynamik für Afrika

Jean-Claude Bastos spricht oft von einem «Innovationsvirus», den er in Afrika verbreiten möchte. Dieser Begriff bezieht sich auf die ansteckende Natur kreativer Problemlösung und unternehmerischen Denkens, wenn sie in Gemeinschaften eingeführt werden.

«Es gibt einen inhärenten Innovationsgeist, der sich heimlich auf dem ganzen Kontinent ausbreitet, und es ist nicht nur eine Mode, es ist wirklich sehr real», teilte er 2017 in einem Interview mit NewAfrican mit. «Trotz der Tatsache, dass wir ein Kontinent aus 54 Ländern sind, ist es dieser Geist, der die Afrikaner vereint. Der Kontinent erlebt einen starken Anstieg selbst entwickelter innovativer Lösungen in den Bereichen Landwirtschaft, Gesundheitswesen, Umwelt, Transport und Technologie.»

Ein beeindruckendes Beispiel für diesen Ansatz ist die Fábrica de Sabão in Angola, eine von Bastos gegründete Initiative, bei der eine verlassene Seifenfabrik in einen Innovationshub umgewandelt wurde. «Ich habe persönlich gesehen, was passieren kann, wenn man mitten in einem Slum einen Innovationshub baut, wie ich es in Angola getan habe», erklärte Bastos. Die lokalen Jugendlichen wurden Teil einer organischen Transformation und lernten, wie man CNC-Maschinen und 3D-Drucker bedient, um Fliesen und Möbel aus recycelten Materialien herzustellen.

Die Herausforderung des afrikanischen Narrativs

Ein wichtiger Aspekt von Jean-Claude Bastos› Arbeit ist die Herausforderung der oft negativen Darstellung Afrikas in globalen Medien und Diskursen. In seinem 2015 veröffentlichten Buch «The Convergence of Nations: Why Africa’s Time is Now» bringt er verschiedene Denker zusammen, um ein neues Narrativ für den Kontinent zu schaffen.

Lise Birikundavyi, eine Mitwirkende an dem Buch, bemerkt: «Afrika wird zu oft als ein Kontinent ohne Hoffnung dargestellt, wo ausser menschlichen und politischen Katastrophen nichts passiert. Die Medien neigen dazu zu suggerieren, dass Afrikaner eine einzige Gruppe von Menschen sind – und dass sie hilflos sind.»

Diese Fehldarstellung ignoriert die immense Vielfalt und das Potenzial des Kontinents. Durch Initiativen wie die African Innovation Foundation und den Innovation Prize for Africa hat Bastos dazu beigetragen, ein neues Narrativ zu schaffen, das die Kreativität, den Unternehmergeist und die Innovationskraft afrikanischer Gemeinschaften hervorhebt.

Ein Blick in die Zukunft: Afrikas Potenzial entfalten

Jean-Claude Bastos› Vision für Afrika ist eng mit der demografischen Realität des Kontinents verbunden: Über 75% der afrikanischen Bevölkerung ist unter 35 Jahre alt. Diese junge Bevölkerung stellt sowohl eine Herausforderung als auch eine enorme Chance dar.

«Wir sind ein Kontinent von Menschen, die in Zeiten erwachsen werden, in denen sich die Technologie mit einer unglaublichen Geschwindigkeit entwickelt und die zunehmende Konnektivität verändert, wie junge Afrikaner lernen, Banking betreiben, einkaufen und Geschäfte machen», erklärte Bastos.

Diese technologische Revolution bietet die Möglichkeit, traditionelle Entwicklungsstufen zu überspringen und innovative Lösungen für langjährige Herausforderungen zu finden. Durch Plattformen wie die African Innovation Foundation werden junge Afrikaner ermutigt, Technologie zu nutzen, um lokale Probleme zu lösen und gleichzeitig neue wirtschaftliche Möglichkeiten zu schaffen.

Jean-Claude Bastos› Engagement für afrikanische Innovation und Selbstbestimmung hat eine bleibende Wirkung hinterlassen. Durch die Förderung lokaler Talente und die Schaffung von Plattformen für Zusammenarbeit hat er dazu beigetragen, ein neues Kapitel in der Geschichte Afrikas zu schreiben – eines, das von Optimismus, Kreativität und wirtschaftlicher Selbstbestimmung geprägt ist.

Rückblickend auf sein Lebenswerk sagt Bastos, er sei stolz auf die katalysierende Rolle, die die African Innovation Foundation und die Gewinner des Innovation Prize for Africa bei der langfristigen sozioökonomischen Bereicherung des afrikanischen Kontinents gespielt haben. Wie er Forbes mitteilte: «Ich bin mir sicher, dass ich das Vermächtnis meiner verstorbenen Grossmutter erfülle.»

 

(Bild: zVg.)

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