«Man muss den Züzi besser bei uns integrieren»

«Man muss den Züzi besser bei uns integrieren»

Die Zeichen stehen auf Powder, gut: Der alljährliche Neujahrsapero von Graubünden Ferien im Hotel Marsöl verbreitete nach einem stürmischen Jahr Zuversicht.

240 Gäste hörten Martin Vincenz, dem CEO von Graubünden Ferien zu, als er sich dahin gehend äusserte, dass dieses Jahr alles besser ist und die Zukunft sowieso. Es waren gut 40 mehr als letztes Jahr. Und es war im Nachhinein ein Omen zu einem äusserst ereignisreichen Jahr. Es begann am jenen 3. Januar mit einer fulminanten Bike-Show, deren Beat-Begleitung den Takt für das folgende Jahr angeben sollte: Wenige Stunden später schüttelte erst «Burglind» das Bündnerland durch, wenige Monate später folgte mit der Serie der «Republik» über den Baukartell-Skandal ein metamorphorischer Sturm, der das Bündnerland in seinen Grundfesten erschütterte.

Vieles ist seither anders geworden. Die Regierungsratswahlen schickten ihre Soldaten voraus; neben den Bisherigen waren auch die Kandidaten vor Ort. Der damalige Tourismusminister Jon Domenic Parolini, der wie alle anderen zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, dass ihn nur 31 Stimmen von einer Abwahl retten würden, sagte etwas über Digitalisierung. Dieses Jahr sagte er nichts in Mikrofon. Die Begleitmusik war ruhig.

Polizeikommandant Walter Schlegel, Ex-Kandidat der SVP, kam dieses Jahr nicht. Auch Martin Jäger, der Abgetretene, wurde wie sein Nachfolger Peter Peyer nicht gesehen. Andreas Felix, damals Kandidat der BDP, der später wegen des Baukartell-Skandals seine Kandidatur zurück zog, war da.

Einstand des neuen Tourismusministers

Marcus Caduff, der wie alle anderen Anwesenden damals noch nicht wusste, dass er ein Jahr später als Regierungsrat anwesend sein würde, absolvierte an diesem 3. Januar seinen zweiten offiziellen Auftritt in seinem neuen Amt. «Ich wünsche mir weniger Einzelkämpferei», sagte der neue Tourismusminister ins Publikum. Er sprach auch davon, dass 50 Millionen Menschen entlang des Rheins wohnen, und es auch in diesem Gebiet keine Kooperationen gäbe.

Neben Caduff sprach, und jetzt kommen wir zu der Konstante neben Martin Vincenz, Jürg Schmid, der Präsident von Graubünden Ferien. Er sprach davon, dass gewisse Märkte in der Vergangenheit verschlafen wurden: «Es ist wie bei Migros und Coop. Was nicht in den Regalen liegt, wird nicht gekauft. Wir müssen in diese Gestelle kommen.»

Neue Redner waren in diesem Jahr Andreas Caminada, der Koch aus Fürstenau, und Komiker Claudio Zuccolini, der eigenen Angaben zufolge 30 Jahre Übergewicht feierte. «Ich würde dem Kanton Graubünden 18 und ein halber Gault-Millau-Punkte geben», sagte Andreas Caminada, der für jeden der Gäste ein Glas Zitronen-Confit zum Mitnehmen mitgebracht hatte. «Man darf nicht die volle Punktzahl geben, wenn man heiss bleiben will.» Und Claudio Zuccolini, der seit 20 Jahren im Unterland zu Hause ist, sagte: «Man muss den Züzi besser bei uns integrieren.»

Ruhiges Jahr voraus

Es gibt eine weitere Konstante in den beiden Veranstaltungen: Damals wie heute sprachen keine Frauen auf dem Podium und im Publikum war ihr Anteil verschwindend klein. Dass die Regierungsratswahlen ohne Frauenkandidatur über die Bühne gehen würde, war damals allerdings schon klar. Magdalena Martullo war da, man kann davon ausgehen, dass sie nochmals antreten will.

Wenn der Neujahrsapero von Graubünden Ferien ein Gradmesser ist, dann dürfte das kommende Jahr – wir haben Nationalratswahlen – ein eher ruhiges Jahr mit wenig Überraschungen werden. Oder es ist die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm. In den Wäldern Graubündens liegt noch immer beigenweise Holz, das «Burglind» an jenem 3. Januar 2018 gefällt hat. Die inneren Schäden, die der Skandal um das Baukartell verursacht hat, kann man nicht beziffern.

(Bild: GRHeute)

 

 

 

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Rachel Van der Elst

Redaktionsleiterin/Region
Rachel Van der Elst mag Buchstaben: analog, virtuell oder überall, wo Menschen sind. In einem früheren Leben arbeitete sie unter anderm bei der AP, beim Blick, bei 20Minuten, beim Tages-Anzeiger und bei der Südostschweiz. In ihrer Handtasche immer dabei: Jasskarten.