Aleppo fällt an das Regime

Aleppo fällt an das Regime

Seit 2012 tobt der Kampf um Aleppo zwischen den Anhängern des syrischen Machthaber Assad und den Rebellentruppen der Opposition. Nun ist es dem Regime gelungen, die Stadt unter seine Kontrolle zu bringen.

Seit dem Beginn des Bürgerkrieges in Syrien vor fünf Jahren lässt Bashar al-Assad auf sein Volk schiessen, bombardiert es und hungert es aus. Über 400’000 Opfer forderte der Konflikt bisher, die meisten aufgrund der rücksichtslosen Vorgehensweise des Regimes. Dieselben Taktiken führten die Truppen Assads nun zum bedeutendsten Sieg seit Jahren. Die zweitgrösste Stadt des Landes und dessen ehemaliges wirtschaftliches Zentrum ist nun wieder unter der Kontrolle der Regierung. Die Eroberung Aleppos ist aber nicht nur die Leistung loyaler syrischer Militärs, sondern stützt sich auf breite militärische Hilfe aus dem Ausland. Schiitische Kämpfer aus dem Iran, Irak und dem Libanon trugen ebenso dazu bei wie die russischen Flugzeuge den Weg für die Regierungstruppen ebneten. Und genau da liegt der Hund begraben. Assads Regime kostete mehr Zivilsten das Leben als dasjenige Saddam Husseins, und auch der Vorwurf der Massenvernichtungswaffen wäre in Syrien weit fundierter als damals im Irak. Trotzdem erfreut sich Assad weiterhin seiner Machtposition. Westliche Nationen, allen voran die USA, können sich eine Intervention in Syrien nicht leisten. Vor allem das russische, aber auch das iranische Engagement im syrischen Bürgerkrieg verbindet jede militärische Unterstützung der Rebellen geschweige denn ein direktes Vorgehen gegen Assad, mit einem akuten Eskalationsrisiko. Von einer Eskalation wäre aber nicht nur der Nahe und Mittlere Osten betroffen, die neu entflammte Rivalität zwischen dem Westen und Russland würde die Kriegsgefahr auch in Osteuropa massiv anheben.

Eine Zukunft Syriens ohne Assad wird immer unwahrscheinlicher. Die Rebellen sind auf dem Rückzug und eine Intervention von aussen ist nahezu unmöglich. Der Krieg um Syrien ist aber noch lange nicht vorbei. Bei zahlreichen Gelegenheiten betonte Assad seinen Führungsanspruch auf das ganze syrische Territorium und nicht bloss auf einen Teil. Während die Regierung nun alle grossen Bevölkerungszentren kontrolliert und die Rebellen so zu einer Armee ohne Volk verkommen, liegen weite Teile des Landes noch ausserhalb der Autorität der Regierung. Der IS, welcher über das Wochenende die historische Stadt Palmyra zurückeroberte, beherrscht immer noch den weiten, wenn auch spärlich besiedelten Osten des Landes. Im Norden und Süden des Landes halten Kurden beziehungsweise die Rebellen weitere Territorien unter ihrer Kontrolle.

Trotz dem Fall von Aleppo befindet sich eine endgültige Lösung des Konflikts in weiter Ferne. Humanitäre Tragödien wie in der zweitgrössten syrischen Stadt könnten sich im weiteren Verlauf des Krieges in der IS-Hauptstadt Raqqa und den Hochburgen der Kurden wiederholen. Die Handlungsunfähigkeit des Westens spielt dabei Machthaber Assad in die Hände. Solange militärische Interventionen des Westens aufgrund des hohen Eskalationsrisikos nicht zu erwarten sind, kann Assad jede rote Linie überschreiten und seine kriegsverbrecherischen Methoden mit tatkräftiger Unterstützung aus Russland und dem Iran weiter anwenden.

 

(Bild: Fabio Rodrigues Pozzebom/Wikipedia)

author

Franco Membrini

Kolumnist
Hat an der University of Edinburgh seinen «Master of Science in History» absolviert. Zuvor studierte der Churer Geschichte, Betriebsökonomie und Staatsrecht an den Universitäten Bern und Bologna.