Die Hauptforderung der Initiative, über die wir am 9. Februar abstimmen, ist höchst attraktiv. Sie hat günstigere Mieten im ganzen Land zum Ziel. Die Mieten spielen in der Schweizer Volkswirtschaft tatsächlich eine Schlüsselrolle. Im Schnitt fliessen rund 20 Prozent eines Haushalteinkommens in die Miete. Deswegen ist es meines Erachtens richtig, dass Massnahmen getroffen werden, um das Angebot an preisgünstigem Wohnraum zu erhöhen. Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften haben bewiesen, dass sie dies können. Dazu kommt, dass Genossenschaften nicht als linke Organisationen angeschaut werden dürfen.
Die Genossenschaft ist eine höchst anerkannte Rechtsform. Genossenschaften kennen wir in der Landwirtschaft, in der Bankenwelt und bei den Lebensmittelhändlern. Der Gedanke der Genossenschaft passt zu meiner Partei, auch beim gemeinnützigen Wohnungsbau. Genossenschaften bieten Leistungen an, die sich direkt an der Nachfrage und am Gemeinnutzen orientieren und sind nicht spekulativ. Darum kann auch ich die Stossrichtung der Initiative ohne Weiteres unterstützen. Ich tue dies auch aktiv, beispielsweise im Beirat von Wohnen Schweiz, dem bürgerlichen Verband der Baugenossenschaften. Trotzdem ist der Weg, den diese Initiative beschreiten will, völlig falsch! Dies aus den folgenden Gründen:
1. Das Parlament hat nach Einreichung der Initiative nicht nichts gemacht, sondern eine Aufstockung des Fonds de Roulement beschlossen!
Mit dem Fonds de Roulement besteht bereits ein etabliertes Förderinstrument des Bundes. Aus diesem können die Verbände der Wohnbaugenossenschaften gemeinnützigen Bauträgern zinsgünstige, rückzahlbare Darlehen gewähren. Diese wichtigen Darlehen dienen als Rest- oder Überbrückungsfinanzierung. Damit diese bewährte Förderung weitergeführt werden kann, hat das Parlament im Frühjahr eine Aufstockung des Fonds de Roulement von 250 Millionen Franken über eine Zeitdauer von 10 Jahren beschlossen. Die CVP hat an vorderster Front für diese Aufstockung von 250 Millionen Franken gekämpft, dies gerade, weil der gemeinnützige Wohnungsbau ein für den Wohnungsmarkt und die ganze Gesellschaft wichtiges Anliegen ist. Unnötige und teure Vorschriften auf Verfassungsebene sind aber falsch. Trotzdem: ohne die vorliegende Initiative im Rücken wäre es wohl im Parlament nicht zur Aufstockung des Fonds de Roulement gekommen. Die Initiative hatte somit eine wichtige Wirkung im Parlament. Leider haben die Initianten es aber verpasst, sich darüber zu freuen und die Initiative zurückzuziehen. Die vorliegende Volksinitiative ist eine reine Zwängerei. Dazu kommt, dass die Aufstockung des Fonds de Roulement nur dann in Kraft tritt, wenn die Volksinitiative abgelehnt wird.
2. Es braucht keine unnötige Verfassungsänderung!
Die Bundesverfassung garantiert die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus bereits heute. Wohnungsknappheit besteht, aber sie besteht nur punktuell und vorab in den Städten. Die Städte haben jedoch bereits eigene Massnahmen zur Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus getroffen und können dies auch weiterhin tun. Ebenfalls benötigen die Kantone keine Ermächtigung durch den Bund auf Verfassungsebene, um auf ihrem Gebiet ein Vorkaufsrecht einzuführen. Sie haben bereits heute diese Kompetenz, welche teilweise auch gezielt genutzt wird. Vorschriften sind somit – wenn überhaupt – auf städtischer oder kommunaler Ebene zu fordern. Das Prinzip der Subsidiarität muss auch in dieser Frage gelebt werden. Wo Probleme sind, sollen diese gelöst werden! Der Bund bietet mit dem Fonds de Roulement gemeinnützigen Bauträgern zinsgünstige, rückzahlbare Darlehen. Das ist richtig. Man schafft Anreize und respektiert die Autonomie der Kantone und Gemeinden. Darum ist es falsch auf Verfassungsebene vorzuschreiben, dass der Anteil des gemeinnützigen Wohnungsbaus an den neu gebauten Wohnungen gesamtschweizerisch bei mindestens 10 Prozent liegen muss. Die Zahl ist willkürlich, riskant und schränkt die Bautätigkeit massiv ein. Es besteht das Risiko, dass sich das Problem der fehlenden Wohnungen noch verschärfen wird, wenn private Investoren durch diese neuen Regulierungen nicht bauen dürfen. Übrigens, auch private Investoren sind nicht per se Spekulanten und viele schaffen im Alltag auch günstigen Wohnraum.
3. Die Kosten für den Bund und für die Kantone sind unverhältnismässig!
Eine verpflichtende Quote von 10 Prozent der neu gebauten Wohnungen im Eigentum von gemeinnützigen Wohnbauträgern entspricht gegenüber dem heutigen Bauvolumen mindestens einer Verdreifachung. Ohne eine massive Steigerung der Darlehen lässt sich der angestrebte Anteil von 10 Prozent nicht erreichen. Selbst wenn das erforderliche Volumen über den Fonds de Roulement erreicht werden könnte, was jedoch nicht realistisch erscheint, wären rund fünfmal mehr Darlehen und damit zusätzliche Mittel in der Grössenordnung von 120 Millionen Franken pro Jahr oder von 1.2 Mia. über eine Zeitdauer von 10 Jahren erforderlich. Zudem würde ein derart umfassendes Programm zu einem massiven Ausbau der Bürokratie führen.
Die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» schiesst klar am Ziel vorbei: die darin enthaltenen Forderungen sind unrealistisch und nicht marktkonform. Insbesondere die Forderung, dass gesamtschweizerisch mindestens 10 Prozent der neu gebauten Wohnungen im Eigentum gemeinnütziger Wohnbauträger sein sollen, ist utopisch. Das bisherige System der indirekten Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus über schweizweit tätige Organisationen ist effizienter und marktgerechter. Die CVP steht klar dazu und hat sich auch klar von denen auf der rechten Seite differenziert, die gar nichts unternehmen wollten. Mit dem neuen Rahmenkredit zugunsten des Fonds de Roulement wurde der Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» eine sinnvolle Alternative gegenübergestellt, damit die bewährte und marktnahe Politik in der Wohnbauförderung weitergeführt werden kann. So hat die CVP im Parlament ganz klar die Aufstockung des Fonds de Roulement unterstützt, aber ebenso klar die vorliegende Initiative abgelehnt. Aus diesen Gründen empfehle ich Ihnen die Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» abzulehnen!
(Bild: GRHeute)