Manifest zur Stärkung des Zusammenhalts zwischen den kantonalen Sprachgemeinschaften

Manifest zur Stärkung des Zusammenhalts zwischen den kantonalen Sprachgemeinschaften

GRHeute
15.06.2021

Die Deputazione grigionitaliana del Gran Consiglio (DGI) und die Gruppa rumantscha dal Cussegl grond (GrCg) haben ein Manifest für den zukünftigen Umgang mit den Kantonssprachen verfasst. Das Manifest wurde an die Bündner Regierung übergeben. Die beiden parlamentarischen Gruppen fordern eine bessere Umsetzung der geltenden Sprachgesetzgebung.

Das «Manifest zur Stärkung des Zusammenhalts zwischen den kantonalen Sprachgemeinschaften», kurz «Manifest GR3», wurde am 15. Juni 2021 am Rande der Session des Grossen Rates in Davos der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Präsidenten der parlamentarischen Gruppen Paolo Papa, DGI, und Lorenz Alig, GrCg, haben das Manifest anschliessend an Regierungsrat Jon Domenic Parolini, Vorsteher des Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartements, übergeben.

Das Manifest GR3 umfasst sechs Teilbereiche der öffentlichen Dienstleistung, in denen die Deputazione grigionitaliana del Gran Consiglio und die Gruppa rumantscha dal Cussegl grond Handlungsbedarf bei der Berücksichtigung des Romanischen und des Italienischen sehen. Mit dem Manifest soll die in der Kantonsverfassung verankerte Gleichberechtigung der drei Kantonssprachen Deutsch, Italienisch und Romanisch im Alltag vermehrt umgesetzt werden. Zudem soll die Verständigung und der Austausch zwischen den kantonalen Sprachgemeinschaften gefördert werden. Das in Zusammenarbeit mit den Sprachorganisationen Pro Grigioni Italiano und Lia Rumantscha erarbeitete Manifest GR3 ist online unter www.gr3.ch abrufbar.

Die Deputazione grigionitaliana del Gran Consiglio (DGI), die Gruppe Italienischbündens im Grossen Rat, wurde 1961 neu gegründet. In der Gruppe vertreten sind alle Mitglieder sowie Stellvertreterinnen und Stellvertreter des Grossen Rates, die aus dem Bergell, Calancatal, Misox oder Puschlav stammen oder die sich mit der italienischen Sprache und Kultur identifizieren. Das Ziel ist, die Interessen der italienischsprachigen Minderheit in Graubünden zu vertreten und die Anliegen Italienischbündens im Allgemeinen zu unterstützen.

Die Gruppa rumantscha dal Cussegl grond (GrCg), die romanische Gruppe des Grossen Rates, wurde 2001 gegründet und zählt aktuell 27 Mitglieder. Die Gruppe steht allen romanischsprachigen Mitgliedern und Stellvertreterinnen und Stellvertretern des Bündner Parlaments offen sowie allen Abgeordneten, die über Romanischkenntnisse verfügen und sich für die romanische Sprache interessieren. Das Sekretariat wird von der Lia Rumantscha geführt. Präsident: Lorenz Alig, Ilanz; Vizepräsident: Emil Müller, Sur Tasna

Ursprung und Zweck des Manifests – Paolo Papa

Auf der Grundlage der vom Zentrum für Demokratie Aarau durchgeführten Studie sowie den daraus hervorgehenden Überlegungen und Empfehlungen hat die Deputazione grigionitaliana del Gran Consiglio beschlossen, ein Manifest zu verfassen. Es soll in einer vereinfachten Formulierung die Ziele für eine Stärkung der Dreisprachigkeit zum Ausdruck bringen, ist diese doch Teil des historischen, kulturellen, politischen und sozialen Erbes des Kantons Graubünden.

Von Anfang an war klar, dass auch die Gruppa rumantscha dal Cussegl grond und die Sprachorganisationen (Pro Grigioni Italiano und Lia Rumantscha) einbezogen werden sollten, um die erarbeiteten Ideen besser verbreiten und koordinieren zu können.

Das heute vorgestellte Manifest ist das Ergebnis einer gemeinsamen Anstrengung, um gegenseitiges Verständnis zu schaffen, einen ausgewogenen Gebrauch der drei Kantonssprachen zu fördern und die romanische und italienische Sprache zu stärken: in den Gemeinden und Regionen, in denen sie die traditionelle Sprache sind, aber auch in der gesamten kantonalen Verwaltung und in den staatsnahen Betrieben.

Es geht also nicht darum, Gesetze zu ändern oder bereits aufgegleiste Projekte zu kippen, sondern das Bewusstsein der Regierung für die Erwartungen von uns Politikerinnen und Politikern und der gesamten Bevölkerung zu schärfen: dass ein positiver Beitrag zur Verständigung der drei Sprachen und Kulturen geleistet wird; dass sie auf proaktive Art und Weise miteinander umgehen können; dass sich das gegenseitige Verständnis verbessert und Kooperationen geschaffen werden können. Nicht zuletzt geht es auch darum, die Gleichbehandlung der Kantonssprachen innerhalb der kantonalen Ämter und im Bereich der Schulen zu fördern.

Unsere Absicht ist es, das Manifest in den Regionen, Gemeinden und Verbänden zu verbreiten, um so unsere Botschaft zu vermitteln und ein allgemeines Bewusstsein dafür zu schaffen, dass unsere drei Sprachen, unsere drei Kulturen kein Hindernis, sondern ein Gewinn sind.

Mit sechs Schwerpunkten zur Einhaltung des Kantonalen Sprachengesetzes Lorenz Alig

Die Gruppa rumantscha dal Cussegl grond zählt aktuell 27 Mitglieder und engagiert sich seit 2001 im Grossen Rat für die Interessen des Romanischen. Unter anderem begleitete sie die Totalrevision der Kantonsverfassung (2003), welche allen drei Kantonssprachen die gleichen Rechte zuspricht, und die Erarbeitung des 2008 in Kraft getretenen Sprachengesetzes des Kantons Graubünden. In dieser und in vielen anderen Fragen hat sich die Gruppa rumantscha dal Cussegl grond zusammen mit der Deputazione grigionitaliana del Gran Consiglio immer wieder erfolgreich zugunsten der gelebten Dreisprachigkeit in unserem Kanton eingesetzt.

Mit dem «Manifest GR3» zur Stärkung des Zusammenhalts der drei Sprachgemeinschaften im Kanton Graubünden stellen die zwei parlamentarischen Gruppen zum ersten Mal eine gemeinsame Forderung für den künftigen Gebrauch der kantonalen Sprachen vor. Das Manifest verlangt von der Regierung nicht mehr und nicht weniger als die konsequente Einhaltung der geltenden Sprachgesetzgebung.

Im Manifest wurden sechs Hauptaktionsbereiche aufgegriffen: politische Mitwirkung und Vertretung, Justiz, Service public, Bildung, Information und mehrsprachige Identität.

Mit den sechs Forderungen des Manifests möchten unsere parlamentarischen Gruppen den von der Regierung im aktuellen Regierungsprogramm eingeschlagenen Weg unterstützen und aufzeigen, in welchen Bereichen wir uns noch stärkere Signale erhoffen. Wir fordern unter anderem, dass die gemäss Regierungsprogramm vorgesehene Koordinationsstelle «Mehrsprachige Verwaltung» starke Kompetenzen erhält und eine umfangreiche Wirkung nicht nur innerhalb der kantonalen Verwaltung, sondern auch auf Regions- und Gemeindestufe entfalten kann. Es ist an der Zeit, die geltende Sprachgesetzgebung umzusetzen.

Das Manifest ist online unter www.gr3.ch abrufbar.

(Bild: GRHeute Archiv)

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