Der HC Davos hat am Mittwoch seinen Trainer Christian Wohlwend nach dreieinhalb Jahren freigestellt. Die Meinungen gehen weit auseinander, ob das zu diesem Zeitpunkt die richtige Entscheidung war.
Die Spatzen pfiffen es schon längere Zeit von den Dächern, dass HCD-Trainer Christian Wohlwend um eine Vertragsverlängerung coacht. Am Mittwoch der Dampfhammer – Wohlwend muss per sofort gehen. «Wir sind der Meinung, dass die Mannschaft in Zukunft andere, neue Impulse und eine neue Stimme braucht, um sich weiterzuentwickeln. Um diese Entwicklung ab sofort anzustossen, haben wir uns nun für einen vorzeitigen Trainerwechsel entschieden, Wohlwend wurde deshalb heute freigestellt», so Sportchef Jan Alston – eine Begründung ohne wirklichen Gehalt, die viel Raum zu Spekulationen offen lässt.
Der Entscheid ist zumindest aus sportlicher Sicht fraglich. Wohlwend trat 2019 das schwere Erbe nach der Ära Del Curto an. Im März 2020 musste die Meisterschaft – mit dem HCD auf dem ausgezeichneten dritten Zwischenplatz – vor den Playoffs beendet werden. Die Saison darauf fand ohne Zuschauer und ohne Spengler Cup statt, der HCD musste mit Wohlwend in die Pre-Playoffs, wo man an Bern scheiterte. In der immer noch vom Corona-Virus beeinflussten Saison 2021/22 klassierte sich der HCD, von den meisten ohne viel Kredit in die Saison gestartet, als feiner Fünfter und stiess nach einer legendären Playoff-Serie gegen Rapperswil, als mein ein 0:3 in der Serie aufholte, in den Halbfinal vor.
Dieses Jahr hat der HCD erstmals in der Ära Wohlwend ein Kader zusammen, mit dem man den Halbfinal realistischerweise ins Visier nehmen kann. Als derzeit Siebtplatzierter ist der HCD rangmässig hinter diesem Ziel, aber nach Punkten immer noch mitten im Kampf zwischen den Rängen 4 und 7. Wohlwend nun noch vor der Entscheidung abzusägen ist sportlich definitiv ein Risiko. In der Schweizer Meisterschaft hat der Bündner das Soll bisher erfüllt oder übertroffen – und hatte jetzt wie gesagt erstmals die Chance, dieses Jahr einen Schritt nach vorne zu machen. Diese haben die Verantwortlichen dem Engadiner nun entrissen.
Natürlich hat Wohlwend auch einige Kleckser im Reinheft: So zum Beispiel seine dürftige Spengler-Cup-Bilanz oder die emotionalen Ausbrüche wie der legendäre Flaschenwurf im diesjährigen Halbfinal gegen Zug. Über die Relevanz dieser Kleckser kann man streiten. In der wichtigsten Kategorie, der Schweizer Meisterschaft, hat Wohlwend bisher mehrheitlich abgeliefert.
Was genau im Konzert der Alphatiere in Davos zu seiner Absetzung geführt hat, ist in Davos Verschlusssache. Unter Druck steht nun in erster Linie Sportchef Jan Alston, der sich mit der Blitz-Scheidung ziemlich aus dem Fenster lehnt. Und der HCD hat sich entschlossen, dabei auf seinen Sportchef statt auf seinen Bündner Trainer zu setzen. «Ich kann mit dieser Trennung leben», äusserte sich Wohlwend selbst am Mittwochnachmittag im Blick gelassen, «in jeder Form einer Partnerschaft ist es doch so – wenn einer nicht mehr will, dann will er nicht mehr und dann macht es auch keinen Sinn, diese noch weiter aufrechtzuerhalten.»
Für den Rest dieser Saison schenkt der Rekordmeister den beiden bisherigen Assistenztrainern Waltteri Immonen und Glen Metropolit das Vertrauen, sie werden die Mannschaft als Co-Trainer führen. Erst die Resultate in den Playoffs werden zeigen, ob in Davos noch mehr Köpfe rollen müssen – und ob es Mitte Januar der richtige war.
(Bild: Archiv)