BÜNDNER PERLEN: «UNDERCONSTRUCTION – DEMO» (2007)

BÜNDNER PERLEN: «UNDERCONSTRUCTION – DEMO» (2007)

Hin und wieder gibt es Platten aus Graubünden, die nie eine grosse Medienaufmerksamkeit erhalten haben oder vielleicht schon in Vergessenheit geraten sind. Dieses neue Gefäss, exklusiv auf GRHeute, wühlt durch alte LP-Kisten, entstaubt CD-Sammlungen und widmet grossen Werken eine kurze, aber ausführliche Plattenkritik mit einem gehörigen Schuss Nostalgie. Einerseits zur Erinnerung, anderseits zur Aufstockung jeder Tonträgersammlung, aber vor allem um aufzuzeigen, welch vielfältige Bündner Musikszene wir doch haben.

Diese Perlen dürfen in keiner kompletten Bündner Musiksammlung fehlen. Willkommen zu den Bündner Perlen.

Seit Jahren begleitet mich die Stimme von Tama Carigiet. Sie ist wie ich finde ziemlich underrated. Denn kaum ein anderer Musiker im Bündnerland hat ein solches kraftvolles Organ und gleichzeitig noch ein gutes Händchen für grosse Melodien. Ich hatte ein paar Jahre die Ehre bei Godless Creation ihn als Frontmann und Kreativkopf in der Band zu haben. Er ist nicht nur eine Rampensau, der alles für die Musik gibt, sondern auch sonst eine ziemlich charismatische und intelligente Erscheinung. In leisen Momenten ist er für viele ein Anker, der zuhört und ein Freund auf den Verlass ist. Doch genug zur Persönlichkeit von Tama. Heute hören wir in ein Werk rein, bei dessen Entstehung er noch ein Rohdiamant war. Die Rede ist von der Demo-CD seiner, so glaube ich, zweiten Band Underconstruction. Diese hatten an der ersten Bluemoon Musix Night ihr Abschlusskonzert, was ich sehr schade fand, da ihr wilder Musikmix und ihr Druck als Trio mich noch Jahre geprägt haben. Hören wir rein:

Promise

Tama Carigiet startet mit seiner Gitarre. Es wird langsam lauter. Michi’s Bass und Gianni’s Schlagzeug brechen aus, um kurz später für den Gesang wieder einen Gang runter zu schrauben. Das Lied handelt von einer verflossenen Liebe und dem Beweis, dass man sich nicht unbedingt verändern muss, wenn’s einfach nicht stimmt. Ein ziemlich trotziges Lied, dass im Refrain zum Mitsingen einlädt. Ganz gegen den Schluss hört man Tama erstmals etwas growlen, was ihm sehr gut steht.

Your Fault

Die nächste Nummer ist etwas balladesker und doch mit ziemlich viel Drive. Da Underconstruction auch hier nach dem Schema von Promise vorgeht. Je länger der Track geht, desto ruppiger wird er und phasenweise bricht er fast in wildes Chaos aus.

Trust

Eine rhythmisch etwas andere Geschichte ist diese Nummer, denn hier geben sich wilder Punkrock und schleppender Grunge die Klinke in die Hand. Etwas chaotisch, aber doch immer mit einem spannenden Touch.

Schlohn mer 1

Das war ihre grosse Partynummer, auch wenn sie miserabel gesungen ist vom Bassisten Michi Diefenbach. Das Lied ist jetzt auch noch ziemlich lustig, da die Hauptfigur des Tracks, nach einem One-Night-Stand sich versucht bei seiner Freundin zu erklären. Oh yeah, schloh mer 1, diese punkige Nummer haut auch nach langer Zeit immer noch ziemlich gut rein.

Fründschaft

Der Song, weshalb ich diese Perle überhaupt schreibe, ist diese akustische Nummer über vergangene Freundschaft. Tama erzählt in diesem Lied mit viel Nostalgie von der Kindheit und verblassten Kontakten. Ein Gänsehautmoment, denn viele Wege gehen mit der Zeit unaufhaltsam auseinander, was hin und wieder nur Narben in der Seele hinterlässt. Bis heute zählt der Song für mich zu einem der Wichtigsten in Mundart und prägte mein Schaffen als Mundartkünstler nachhaltig.

Schlussfazit:
Es braucht nicht immer eine Highclass-Produktion, um mit Musik etwas zu bewegen. Die Churer Band Underconstruction hat aus Freundschaft und Liebe zur Musik auf ihrem Demotape einige ziemlich rohe und rockige Perlen der Nachwelt hinterlassen. Das Album U-C-Land erschien nie so wirklich, was ich bis heute als sehr schade empfinde. Denn es ist nicht immer das Budget oder das Business, das Songs mit Nachhall produziert, hin und wieder ist es, wie in diesem Fall einfach auch nur Leidenschaft. Und btw hier hört man, welche guten Ideen der knapp 20-jährige Tama Carigiet mit seinen Jungs Michi Diefenbach und Gianni Zeller schon vor zehn Jahren ausgebrütet hat. Ich hoffe ja schwer, dass von DER Rockstimme in Graubünden bald mal wieder was rauskommt…

Liebe Bands da draussen: Geht raus mit euren Ideen, nehmt sie auf, zeigt sie allen und vielleicht findet hin und wieder ein Song den Weg in die Herzen der Menschen.
Egal, was die Anderen denken: Just do it!

author

Chris Bluemoon

Redaktor Kultur
Hauptberuflich Radio-Journalist mit viel Leidenschaft für die Musik, die Poesie und das ganz grosse Chaos.