Offener Brief an die SRG

Offener Brief an die SRG

Liebe SRG,

Oder wie Du schon wieder heisst im Moment. Man verliert ja mit den Jahren den Überblick und meine Oma nennt Dich eh stur Beromünster, was ich ehrlich gesagt süss finde.

Aber um süss geht es jetzt nicht: Du musst Kohle abschreiben, weil Du uns unrechtmässig die Mehrwertsteuer für die Billag verrechnet hast. 11 Franken pro Jahr pro Familie ist diese Ersparnis wert. Man kann sagen: ein Pappenstiel für jede Familie, ein Millionen-Loch für die SRG. 250 Stellen, so droht Ihr, müsst Ihr so sparen. Journalisten zittern um ihre Jobs, einige wenige um die Qualität des Fernsehens. 

Tatsache ist: Fernsehen nach Programm wird je länger je mehr zum Relikt. Klar, für meine Grossmutter ist der Sendezeitpunkt von «Sturm der Liebe» (läuft das noch?) so heilig wie für ihren Mann früher die Tagesschau. Für meine Kinder ist er schnuppewurst: Sie haben ihre Lieblingssendungen in Daueraufnahme-Schleife und kucken, wann sie Zeit und Lust haben. Sendungen von SRF sind da leider nicht dabei.

Womit wir beim Punkt wären: Ich schaue nie fern. Das einzige, was ich auf SRF gucke, ist Grey’s Anatomy, aber das, lange nachdem sie im regulären TV kam. (Weil 20 Uhr einfach schlecht ist wenn man Kinder hat, aber das werfe ich Euch nicht vor.) Das einzige, das ab und zu live läuft, sind Hockey- oder Fussballmatches. Alles andere, liebes Schweizer Fernsehen, produzierst Du für die Katz, jedenfalls bei uns. Das, das muss ich hier auch noch sagen, trifft für alle anderen Sender aber auch zu.

Ich glaube, dass Journis und andere gehen müssen, liegt nicht an diesen fehlenden 11 Franken pro Haushalt, sondern dass Fernsehen grundsätzlich ein Auslaufmodell ist und dass diese Stellen früher oder später sowieso hätten gestrichen werden müssen. Und ja, liebe Gewerkschaften, es ist scheisse, wenn man als Journalist oder anderem Angestellten wegrationalisiert wird, aber man kann es überleben. Und Qualität hat mit der Anzahl der Angestellten rein gar nichts zu tun. Dass man gutes Fernsehen auch mit massiv weniger Mittel machen kann, beweisen unzählige Regionalsender jeden Tag.

Und da haben wir über den Sinn und Unsinn von gewissen Sendungen noch gar nicht gesprochen.

 

(Bild: EQ Images/Melanie Duchene)

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Rachel Van der Elst

Redaktionsleiterin/Region
Rachel Van der Elst mag Buchstaben: analog, virtuell oder überall, wo Menschen sind. In einem früheren Leben arbeitete sie unter anderm bei der AP, beim Blick, bei 20Minuten, beim Tages-Anzeiger und bei der Südostschweiz. In ihrer Handtasche immer dabei: Jasskarten.