Die Churer Altstadt stirbt – von wegen!

Die Churer Altstadt stirbt – von wegen!

In den vergangenen Wochen und Monaten wurde heiss diskutiert und viel kritisiert. Die Churer Altstadt sei vom «Aussterben» bedroht. Keine Frage, unser historischer Ortskern befindet sich im Strukturwandel. Und das ist auch gut so. Denn, wer genauer hinschaut erkennt, dass nicht nur abseits, sondern auch im Zentrum ein positiver Wandel stattfindet.

Der Kern unserer Stadt verliert ihre Bedeutung. Läden stehen leer, neu eröffnete Geschäfte schliessen innerhalb kurzer Zeit. Unmut und Unbehagen machen sich bei den Ladenbesitzern in der Churer Altstadt breit. Während sich Chur unterhalb der Grabenstrasse mit kulturellen Events neu erfindet und die Stadt zunehmend revitalisiert, scheint die Altstadt immer mehr in Vergessenheit zu geraten. Doch der Schein trügt.

Ideenreichtum und Innovation beleben Chur

Der wirtschaftliche Wandel im Verkehr und im Handel, beim Shoppen, Wohnen und in der Gastronomie als auch in der Vervielfältigung der Begegnungsmöglichkeiten führt in der Churer Altstadt zu komplexen Problemen. Es scheint, als würde das Leben ausziehen, irgendwohin in die Peripherie, wo die Erreichbarkeit besser und die Mieten tiefer sind.

In den letzten Jahren hat sich Chur von einer trüben, tristen Stadt in einen bunten und kulturellen Ort mit Flair, an dem man sich wohl fühlt und gerne aufhält, entwickelt. Neue und altbewährte Geschäftskonzepte beleben tagsüber die Reichs- und Obergasse und das pulsierende Nachtleben im Welschdörfli. Regelmässige, abwechslungsreiche Veranstaltungen und kulturelle Angebote leisten Hilfe zur Selbsthilfe und ziehen Einheimische und Touristen von Nah und Fern in die Bündner Hauptstadt. Events wie beispielsweise das «Buskers», die «Waazzoouu Töfflitour», die «Public Viewing Arena» und die «Alphütta» auf dem Theaterplatz, das «pur.streetfood Festival» an der Bahnhofstrasse oder die «Grande Tavolo» in der Churer Altstadt, das traditionsreiche «Churer Fest», der «Christkindli»- und «Alexander»-Markt, der «Churer Wochenmarkt» oder das malerisch bunte Angebot an Kunstausstellungen sorgen für Unterhaltung – für Jung und Alt.

Persönlichkeit ist das Motto der Altstadt

Wer glaubt, dass unsere Altstadt schrittweise zerbröselt und in den Churer Altstadtgassen tote Schaufenster zu Gesicht bekommt, verschliesst offensichtlich die Augen vor unentdeckten Schätzen. Denn die Churer Altstadt lebt spürbar im Kontrast zur Moderne in allen Ecken und Winkeln. Sie definiert sich neu und ergänzt das Traditionelle. Wo einst die Löwenapotheke mit ihren ehrwürdigen Räumlichkeiten und dem paradiesischem Innenhof die Kundschaft in der Reichsgasse bedient hat, stellen heute junge, unbekannte, altbekannte und regionale Künstler ihre Werke in der «Galerie Loewen» zur Schau. «Innovation kommt mit der Jugend. Neue, standhafte Ideen sollen die Churer Altstadt beleben und den Tourismus, als auch die Einheimischen anlocken. Konzeptstarke Nischenprodukte werden sich hier in Zukunft etablieren können. Damit die Altstadt überleben kann, müssen die einzelnen Geschäfte, Chur Tourismus und die Stadt Chur stärker miteinander zusammenarbeiten. Sich ergänzen, statt sich zu konkurrenzieren», so Manuel Solcà, Inhaber der neuen Kunst-Galerie Loewen.

Galerie Titelbild

Ob polarisierend und mutig oder klassisch angehaucht: Wer sich in der Churer Altstadt niederlässt, interpretiert die Kunst der Gastfreundschaft, der Persönlichkeit und wirkt der Anonymität entgegen. Alteingesessene Geschäfte in der Obergasse wie der «Kuchilada», der Fashionstore «Laki Mi», die «Altstadtmetzgerei Mark» oder das charmante «Caféstübli Angelika Kaufmann» in der Reichsgasse leben die Gastfreundschaft und verleihen der Stadt Persönlichkeit. «Das Unterhaltungsangebot in Chur hat spürbar zugenommen. Doch vieles davon spielt sich im unteren Teil der Stadt ab. Alles wird nach aussen verlagert. In dieser Hinsicht würde ich mir mehr wünschen, dass die Veranstalter ihre Events – ähnlich wie das Buskers – durch die ganze Stadt ziehen. So profitieren alle davon und die Veranstaltungen beleben zugleich auch die Altstadt,» so Anny Wolf, Inhaberin und Gastwirtin des Caféstübli Angelika Kaufmann. Konkurrenzdenken ist hier fehl am Platz. «Im Gegenteil! Die Geschäftstreibenden in der Reichsgasse sind wie Familie. Jeder kennt jeden. Jeder hilft jedem. Und genau diese Atmosphäre ist das, was unsere Altstadt ausmacht.»

Titelbild Reichsgasse

In der Altstadt bewegt man sich zu Fuss oder auf dem Fahrrad. Hier kennt man sich, hier wird gegrüsst, geplaudert und gelebt. Hier pulsiert das Leben, hier werden Geschichten erzählt. Und das ist auch gut so.

 

(Bilder: GRHeute/Galerie Loewen)

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Andjela Dinkel

Geschäftsführerin/Region
Inhaberin der Agentur ProjektStation.ch & Jungunternehmerin mit Drive und Gespür für den Puls der Zeit im Bündner Rheintal.