Wieso Samuel Walser ersetzbar ist, und wieso Rödin ein Juwel sein könnte

Wieso Samuel Walser ersetzbar ist, und wieso Rödin ein Juwel sein könnte

Der HC Davos hat in den letzten Tagen zwei grössere Roster-Moves getätigt. Zum einen lassen die Landwassertaler Samuel Walser Ende Saison nach Fribourg ziehen, zum anderen sind sie am schwedischen AHL-Flügel Anton Rödin dran.

 


 

 

Samuel Walser verlässt also Ende Saison den HCD. Panik? Bitte nicht. Denn die Realität ist: Samuel Walser ist ok, aber mehr nicht. Samuel Walser ist ein Spieler der Gattung „Nice to have“, aber definitiv kein entscheidender Faktor. Das weiss auch Arno Del Curto, selbst wenn er in Interviews seinen Spieler (zurecht und korrekterweise) lobt und schützt. Ein Blick auf die Eiszeiten zeigt aber die Realität:

 

  Spieler GP EQ TOI/GP PP TOI/GP PK TOI/GP TOI/GP
1 Ambühl Andres 23 12:48 03:36 02:54 19:19
2 Corvi Enzo 18 12:41 03:30 02:17 18:28
3 Lindgren Perttu 5 11:10 04:42 02:34 18:26
4 Little Broc 23 13:00 03:52 00:10 17:03
5 Wieser Marc 23 12:24 02:10 01:53 16:28
6 Aeschlimann Marc 19 13:30 00:52 01:14 15:37
7 Kousal Robert 21 11:10 03:18 00:27 14:56
8 Sciaroni Gregory 17 11:08 01:52 01:46 14:48
9 Wieser Dino 22 11:06 00:47 02:14 14:08
10 Simion Dario 23 12:00 01:58 00:03 14:02
11 Jörg Mauro 19 10:46 01:03 01:24 13:14
12 Walser Samuel 23 11:17 00:54 00:40 12:52

 

 

Walser spielt diese Saison im Schnitt 12:51 Minuten pro Spiel. Es gibt elf Stürmer, die mehr Eiszeit erhalten. Und weder im Powerplay (54 Sekunden/Spiel, teamintern Nr. 11) noch im Boxplay (40 Sekunden/Spiel, teamintern Nr. 9) ist Walser wirklich ein relevanter Faktor.

 

Zugegeben: Samuel Walser ist ein dienlicher Spieler, und hat dieses Jahr mit bereits sechs Toren seine produktivste Saison. Nichts desto trotz sollte man den Einfluss des Centers nicht überbewerten. Walser schiesst im Schnitt nur einmal pro Spiel aufs Tor und trifft zur Zeit mit über 23% aller Schüsse – das sind wahrlich keine Werte, die für einen Sniper sprechen, sondern zur Zeit eher auf Treffer-Glück zurückzuführen sind. In seiner besten Saison erzielte Walser in 50 Spielen 23 Punkte. Das war vor zwei Jahren. In seinen restlichen sechs NLA Saisons kam der gross-gewachsene Stürmer nie über 20 Punkte. Fans mögen sagen: “Das hat Sandro Rizzi auch nur einmal geschafft, und der war der beste HCD-Defensiv-Stürmer im letzten Jahrzehnt.“

 

Vergleiche zu Rizzi hinken. Denn defensiv ist Walser weit entfernt von einem wichtigen Anker: Rizzi war einer der einflussreichsten Spieler im Davoser Box-Play und spielte praktisch seine ganze Karriere „Rucksäckli“ gegen die gegnerischen Topstürmer. Walser macht das praktisch nie. Mit einer +/–Bilanz von -7 ist der 25-jährige Walser teamintern der viertschlechteste Stürmer, Nummer 15 von 18. Sandro Rizzi hatte in seinen besten Jahren nie eine Minus-Bilanz. Walser wiederum hat in fünf Jahren beim HCD nur einmal eine Plus-Bilanz.

 

Es stimmt, dass +/- eine fadenscheinige Statistik ist, die wenig aussagt. Aber:

 

Wenn Walser derart wichtig ist für den Davoser Erfolg: Wieso wird er dann nur so wenig eingesetzt? Wieso erhält er Eiszeiten wie ein typischer Viert-Linien-Spieler (bei 5-gegen-5 wie ein Dritt-Linien-Spieler)? Wieso zählt Arno Del Curto zuerst auf elf andere Stürmer, bevor er auf Samuel Walser zurückgreift? Wieso spielt Walser praktisch kein Box-Play? Wenn Samuel Walser wirklich derart relevant für den HCD wäre, würde man seinen Einfluss sehen. Man könnte feststellen, wie Del Curto den Stürmer forciert und merken, dass Walser ein wichtiges Puzzle im HCD-Gebilde ist. Das ist nie passiert.

 

Die letzten Jahre bestätigen eher, dass der zukünftige Fribourger-Stürmer die zweite Version von Janick Steinmann darstellt. Ein hoffnungsvolles Talent, das in jungen Jahren vom Unterland zum HCD wechselte, um ein dominanter Erst-Linien-Center zu werden. Janick Steinmann kam damals 2010 vom EVZ zum HCD und galt als legitimer Nachfolger von Reto von Arx. In drei Saisons und 153 Spielen im Landwassertal konnte Steinmann aber nie wirklich die Erwartungen erfüllen. Guter Spieler? Ja. Aber eben kein Durchbruch. Der Knopf ging nie auf, und genau wie bei Steinmann bricht Del Curto das Projekt Walser nun zurecht ab.

 

Wenn nun Click-Bait-Artikel rausgehauen werden mit Titeln wie „Warum der HCD nicht mehr Schweizermeister wird“, und damit begründet werden, dass Supertalente wie Samuel Walser wegziehen und Argumente ins Feld geführt werden, dass Walser schlussendlich ein Natispieler sei, dann sollte man dies relativieren. Mittlerweile ist fast jeder vierte (!) Stürmer mindestens einmal in der Schweizer Nati. Und wer bei einem Club nur nominell zwölfter Stürmer ist, sollte nicht zu hoch gelobt werden.

 

Samuel Walser ist ein guter Spieler, der auf seinem Karrierehöhepunkt angekommen ist. Er ist bei numerischem Gleichstand ein sehr solider Center, der eine dritte Linie führen kann, und defensiv verlässlich ist. Mehr aber auch nicht. Er ist kein Topskorer. Er hat keinen Einfluss auf die Special Teams. Als Davoser Fan kann man hoffen, dass Walser noch einmal so richtig Gas gibt und dem HCD hilft, bis Ende Saison auf den NLA-Thron zu steigen, ehe er sich ins Seeland begibt. Und danach wird sein Name im Bündnerland relativ schnell vergessen werden.

 

Womit wir bei der zweiten Transfermeldung des HCD angekommen sind: Laut Medienberichten hat sich der HCD bereits mit dem schwedischen Flügelstürmer Anton Rödin geeinigt. Der Zweitrunden-Draft-Pick (Nr. 53 overall) der Vancouver Canucks scheint seine Zelte in Nordamerika abzubrechen: Sichert sich bis heute Abend keines der 30 NHL-Teams die Rechte an ihm, wird der 27-Jährige voraussichtlich ins Landwassertal ziehen.

Anton Rödins bisherige Karriere

 

 

 

Bei Brynäs IF in der schwedischen Liga war Rödin vor zwei Jahren Captain und Topskorer mit 37 Punkten (16 G/21 A), und in den letzten vier Saisons in der SHL kam der Linksschütze in 187 Spielen auf 138 Punkte (0.73 P/Spiel). Auch in Nordamerika überzeugte Rödin einigermassen, obwohl er in der letzten Saison aufgrund einer Knie-Verletzung nur gerade 6 Spiele absolvierte und sich nie wirklich mit der physischen AHL-Spielweise anfreunden konnte. Alles in allem sind sich die Fans von den Vancouver Canucks aber einig: Rödin ist ein Spieler mit erstklassigen Skills und leidenschaftlichem Einsatz. Wäre nicht ganz hässliches Verletzungspech gewesen, hätte er den Sprung in die NHL wahrscheinlich geschafft.

Das Verletzungspech gehört jedoch genauer untersucht: In den letzten beiden Saisons hatte Rödin (ähnlich wie Magnus Nygren zuvor bei Montreal) immer wieder Rückfälle von seiner Verletzung und schien nicht mehr auf gleiche Touren zu kommen wie noch 2011-2015. Nichts desto trotz darf man in Davos hoffen, dass die Teamärzte seinen Zustand genau geprüft haben und ihn für einsatzfähig befunden haben. Denn schlussendlich spricht das Talent vom schwedischen Stürmer für sich.

 

Und auch die Hockey-Experten lieben ihn. Rödin wird von den Scouts wie folgt beschrieben:

 

Anton Rödin ist ein Top-Skorer, der Speed mit unglaublichen Skills kombiniert. Er ist ein begnadeter Skater der auch bei hohem Tempo den Puck genial kontrollieren kann. Er hat ein Super Auge fürs Spiel und besitzt Playmaker-Qualitäten. Rödin ist eine zuverlässige Quelle für hohen offensiven Output. Er ist der Typ Spieler, der den Gegner bestraft, wenn man ihn nur eine Sekunde aus den Augen lässt. Er ist zwar nicht sonderlich gross oder schwer, aber schreckt vor keinem Zweikampf zurück. Kombiniert mit einem Intellekt, seinen Skills und seiner Agilität verliert er praktisch nie einen Zweikampf. Er ist äusserst ehrgeizig und macht alles, um erfolgreich zu sein – ein Schlüssel für seinen Erfolg als vielseitiger Flügelstürmer.

 

Wow. Das liest sich wie ein Musterspieler für den HCD. Tempo, offensive Feuerkraft, und Zielstrebigkeit: Wenn Rödin nach Davos kommt, und das Spiel von Del Curto einigermassen schnell intus hat, könnte der neuste schwedische Import die langfristige Verletzung von Perttu Lindgren schnell vergessen machen.

Die einzige Frage, die Skeptiker stellen sollten: Perttu Lindgren kämpft seit mehreren Monaten mit einer hartnäckigen Hüft-Verletzung. Rödin kämpft seit Jahren mit einer hartnäckigen Knie-Verletzung. Geht Davos im schlimmsten Fall vom Regen in die Traufe?

 

 

(Bild: eliteprospects, Stats: eliteprospects)

author

Richi Brändli

Redaktor Eishockey
Ehemaliger Kolumnist bei GRHockey, Plausch-Spieler und Fan von regionalem bis internationalem Eishockey.