Richter «Weinstein» und die Juristin

Richter «Weinstein» und die Juristin

Graubünden hat seinen Fall Weinstein. Was «Justiz Inside» und diverse andere Medien berichten – und es gilt die Unschuldsvermutung -, erinnert in ganz vielen Weisen an den gefallenen Filmproduzenten aus Hollywood.

Die Hauptdarsteller:in: Ein Mann mit Macht (Verwaltungsrichter) und eine Juristin, die ein halbjähriges Praktikum beim Gericht macht.

Die Handlung: Der Mann mit Macht – ein Familienvater – belästigt die Juristin. Den traurigen Höhepunkt findet die Story vor einem Jahr, als der Richter die Juristin zu einem Gespräch bittet. Aus der Besprechung wird gemäss den Medienberichten eine Vergewaltigung.

Was danach passiert, kann man derzeit im Kino im Film «She said» sehen.

Es gibt: Verstrickungen innerhalb des Gerichts (eine Ex-Freundin des Richters arbeitet bei der Staatsanwaltschaft). Diverse Verschleppungen und Fehler: Der Richter kommt, anders als in den anderen 19 Fällen von Vergewaltigungsvorwürfen in den letzten Jahren, nicht in Untersuchungshaft. Der Chat-Verlauf, in dem er unter anderem geschrieben hat «Am liabschta wör i di do ufs Bett schmiessa und di do näh», wird nicht gesichert. Die Juristin bricht zusammen und wird krank geschrieben.

Wie Harvey Weinstein hatte der Richter offenbar Allmachts-Fantasien: «Richter sind in Graubünden unantastbar», soll er gesagt haben.

«Rape Culture sind nicht einzelne Männer, die sexuelle Übergriffe begehen, sondern eine Gesellschaft, die sich mitschuldig macht, in dem sie Täter schützt, Opfer abwertet und juristische Regelungen, die Opfer im Stich lassen», schreibt Twittererin Agota Lavoyer. Ihr Tweet wurde von der Bündnerin Sonja Silber, die in ihrer Show «My pussy real soft» genau diesen Mechanismen auf den Grund geht, in ihrer Instagram-Story retweetet.

Was das mit den betroffenen Frauen macht, ist im Fim «She said» ebenfalls sehr gut zu sehen. Ihre Hilflosigkeit und Ohnmacht ist auch Jahrzehnte nach den Geschehnissen körperlich zu spüren.

 

 

Der Richter streitet alle Vorwürfe ab. Wie im Film. «Mein Mandant sah sich mehrere Monate, nachdem eine 25-jährige Juristin ihr Praktikum abgeschlossen hatte, plötzlich mit strafrechtlichen Vorwürfen konfrontiert. Er bestreitet jegliches widerrechtliches Verhalten. Die bestrittenen Vorwürfe sind sehr überraschend und belastend für meinen Mandanten», wird seine Anwältin in den Medien zitiert. Er habe von Beginn weg umfassend mit den Untersuchungsbehörden kooperiert.

Gemäss der «SonntagsZeitung»  (Abo-Schranke) stellt der Richter die Vorfälle in Abrede – es habe vereinzelte körperliche Kontakte gegeben, aber die seien im gegenseitigen Einverständnis geschehen. Geschlechtsverkehr habe es nicht gegeben. Aktenkundig ist aber offenbar auch, dass der Richter dem Freund der Juristin kurz nach dem Vorfall via dessen Vater ausrichten liess, dass er ihn für eine Stelle am Gericht ins Spiel bringen könne.

Im Real-Life wurde Harvey Weinstein zu 23 Jahren Gefängnis verurteilt.

Die von ihm belästigten und vergewaltigten Frauen haben lebenslang.

Für den Richter gilt die Unschuldsvermutung.

(Bild: GRHeute)

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Rachel Van der Elst

Redaktionsleiterin/Region
Rachel Van der Elst mag Buchstaben: analog, virtuell oder überall, wo Menschen sind. In einem früheren Leben arbeitete sie unter anderm bei der AP, beim Blick, bei 20Minuten, beim Tages-Anzeiger und bei der Südostschweiz. In ihrer Handtasche immer dabei: Jasskarten.