«Ich habe zwei bis drei Jahre Wörter gesammelt»

«Ich habe zwei bis drei Jahre Wörter gesammelt»

GRHeute porträtiert in unregelmässigen Abständen «Lüt vu Graubünda». Dabei wird über einen Aspekt aus dem Leben von «normalen» BündnerInnen berichtet. Der Blog ist lose angelehnt an die populäre Webseite «Humans of New York».

Paul Camenisch, 77, aus Domat/Ems.

«Für das Buch ‹Wortspiele› habe ich zwei bis drei Jahre Wörter gesammelt und hinterfrage sie. Die meisten kommen mir in den Sinn, wenn ich Kreuzworträtsel löse. Dann denke ich immer: Dieses Wort kann man auch in einem ganz anderen Zusammenhang brauchen. Dann diktiere ich meine Gedanken ins Handy und wenn ich ein paar habe, schreibe ich sie auf.

Zwei der liebsten Wortspiele, die ich für das Buch geschrieben haben, gehen so: ‹Wenn der Reifen kein Profil mehr hat, ist er abgefahren, und wenn der Zug nicht mehr im Bahnhof steht, auch.› und ‹Wenn man sich nicht weiter entwickelt, bleibt man stehen, und wenn man am Bahnhof den Fahrplan studiert, sowieso.› Dass alle nach dem gleichen Schema gelesen werden können, ist mir wichtig. Sie fangen alle mit ‹Wenn› an. So merkt man die unterschiedliche Bedeutung der Wörter viel besser. Ausserdem sind sie alphabetisch geordnet. Insgesamt befinden sich im Büchlein über 700 Sprüche, ein paar wenige davon im Dialekt.

Die Suche nach einem Verlag dauerte ungefähr ein halbes Jahr. So etwas passt natürlich nicht in jedes Portfolio. Es ist rot, damit es auffällt. Für mich ist es das ideale Buch zum Beispiel für eine Arztpraxis, wo man warten muss. Man kann ein paar Sätze lesen, dann legt man es weg. Zuhause kann man es auch später wieder zur Hand nehmen. Auch Schulen könnten damit arbeiten.

Seit ich selbst ein Buch geschrieben habe, lese ich selber wieder vermehrt Bücher. Vor allem Krimis. Ich habe für die Pfarrei Domat/Ems alte handschriftliche und gedruckte Dokumente transkribiert. Desgleichen für das Kreisgericht Rhäzüns Gerichtsakten aus dem frühen 19. Jahrhundert. Diese wurden damals in der Deutschen Kurrentschrift geschrieben. Da gibt es aus heutiger Sicht haarsträubende Urteile, die man sich gar nicht mehr vorstellen kann. Vielleicht lese ich deswegen gern Krimis.

Das alles mache ich, damit ich eine Beschäftigung habe. Es ist sehr interessant und es macht mir Freude. Wortspiele sammle ich jetzt keine mehr, dafür schreibe ich Kurzgeschichten. Vielleicht wird da einmal ein Buch daraus.»

Das Buch «Wortspiele» kann man in der Buchhandlung des Vertrauens direkt kaufen oder bestellen. Es ist im CMS Verlag erschienen.

(Bilder: zVg, GRHeute)

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Rachel Van der Elst

Redaktionsleiterin/Region
Rachel Van der Elst mag Buchstaben: analog, virtuell oder überall, wo Menschen sind. In einem früheren Leben arbeitete sie unter anderm bei der AP, beim Blick, bei 20Minuten, beim Tages-Anzeiger und bei der Südostschweiz. In ihrer Handtasche immer dabei: Jasskarten.