Einmal Salzburg retour

Einmal Salzburg retour

Knapp fünf Stunden dauert die Reise von Sargans im Direktzug nach Salzburg. Sie bringt einen direkt ins Flüchtlingselend.

Eine Viertelstunde von Salzburg fängt die Realität an – im gelobten Land, Deutschland. Die wenigsten, die nach Österreich fahren, wollen auch dort bleiben. Von 15 000 Flüchtlingen aus Ungarn stellten 89 einen Asylantrag in Österreich, 3 davon in Salzburg, wie der Radiosender «Antenne Salzburg» berichtet. An einem kleinen Bahnhof liegen Schuhe im Wartehäuschen. Sie waren, soviel steht fest, einem Flüchtling. Die Schuhe sind das einzige, was von ihm in diesem Dorf im Grenzgebiet zurück geblieben ist.

Salzburg ist nur eine Durchgangsstation, die Flüchtlinge aus Ungarn wollen nach München und dort weiter zu ihren Verwandten. Am Samstag wird eine ganze Welle Refugees erwartet, die in den Zug nach München umsteigen. An Bahnsteigen mit Zügen aus Wien stehen Sanitäter bereit, Menschen mit Megaphonen, und die Stimme im Lautsprecher sagt irgendwas mit Refugees und Security, es zerhackt im immerwährenden Bremslärm von einfahrenden Zügen. Zu Dutzenden werden sie in die Unterführung gebracht, wo in einem abgesperrten Bereich Richtung Schallmoos Liegen bereit stehen.

Im Zug nach München sind viele Menschen in Tracht. Manche tragen Plastiksäcke mit Alkoholika mit sich, Frisuren werden neu geflochten, die Wohlstandsschickeria ist auf dem Weg an ein Herbstfest. Auf dem kleinen Bahnhof im Grenzland steigen noch mehr zu. Vor der Abfahrt des Zuges standen sich Dirndl-Trägerinnen mit Alkohol in Plastiktaschen Menschen gegenüber, die vor Müdigkeit kaum mehr gehen konnten und in ihren Plastiksäcken ihr letzes Hab und Gut mit sich tragen.

Schon bevor diese Flüchtlingswellen kamen, waren diese Grenzlandkreise bei Salzburg immer wieder im Brennpunkt des Flüchtlingelends. Hier wurden schon Menschen mitten auf der Autobahn aus Lastwagen geworfen, als die Welt noch mit klammen Fingern Bilder von Flüchtlingsbooten in Lampedusa auf dem Smartphone wegklickte. 1600 ungefähr waren es allein in der Woche davor.

In Salzburg machen Kamerateams Jagd auf die ausgezehrten Flüchtlinge, Familien werden interviewt und dann stehen gelassen. Auf jeden Fall ist die Stimmung friedlich, keine Aggressionen, auf keinen Seiten. Die Flüchtlinge bekommen eine Liege, was immer sie brauchen, bevor die Reise ins gelobte Land weiter gehen kann.

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 Der kleine Bahnhof im Grenzland Österreich – Deutschland ist für die allermeisten Flüchtlinge nur ein blaues Schild mit weisser Schrift und einem Namen, den, falls sie ihn lesen, sofort wieder vergessen. Und doch hat auch dieser Landkreis seine Last zu tragen. Es gibt Leute, die in der Integration von Flüchtlingen beschäftigt sind, die sagen: Wir sind froh, wenn mit den kälteren Temperaturen die Ströme wieder abreissen. Wir müssen mal verarbeiten, was hier ist.
In Salzburg stehen keine Hilfskolonnen im Einsatz, wie sie für #trainofhope im Bahnhof Wien angelaufen ist. Wer hier ankommt, ist notdürftig und mehr versorgt worden. Wer in einem kleinen Bahnhof im Grenzgebiet strandet, bleibt ebenfalls nicht lange.

Die verlassenen Schuhe, eine Art hoher Converse aus Rauhleder, sie liegen auch am nächsten Tag noch da. Der Zugsschaffner erzählt, er habe den Flüchtlingen gegeben, was die Dirndl-Trägerinnen liegen liessen. Wasser, Zahnpasta. Er kann es selbst nicht fassen. In Salzburg werden die Liegen von Sanitätern übereinander gelegt. Der ärgste Ansturm ist vorüber.

Im Grenzland Schweiz/Österreich in Buchs patroulliert die Grenzwache. Die Lage ist ruhig. Flüchtlinge sind keine zu sehen.

 

 

 

 

(Symbolbild: HaloPix/EQ Images)

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Rachel Van der Elst

Redaktionsleiterin/Region
Rachel Van der Elst mag Buchstaben: analog, virtuell oder überall, wo Menschen sind. In einem früheren Leben arbeitete sie unter anderm bei der AP, beim Blick, bei 20Minuten, beim Tages-Anzeiger und bei der Südostschweiz. In ihrer Handtasche immer dabei: Jasskarten.