«Das Potential wurde noch nicht erkannt»

«Das Potential wurde noch nicht erkannt»

Die Destination Davos Klosters geht neue Wege in der Befriedigung von Tourismus- und Einheimischen-Bedürfnissen: Auf der Open Innovation Plattform kann jeder jederzeit seine Ideen einbringen.

Man kennt das: Kein Hotel wird verlassen, ohne dass einem ein Fragebogen in die Hand gedrückt wird. Die Fragen sind normiert, die Antworten figurieren meist auf einer Skala von 0 (schlecht) bis 10 (super). Am Schluss gibt es ein paar Linien, auf denen man sich austoben kann – und von denen man in der Regel weiss, dass sie vergebene Liebesmüh sind.

Diese leeren Linien sind quasi die Grundlage der Open Innovation Plattform der Destination Davos Klosters. Jeder, egal ob einheimisch oder in den Ferien, kann jederzeit seine Anliegen präsentieren. So entstand unter anderem die neue Filiale vom Kaffee Klatsch in Klosters, das am 19. Dezember eröffnet wird. GRHeute hat mit dem Dominik Knaus, Abteilungsleiter der Innovationsplattform, gesprochen.

Dominik Knaus, was war die Idee hinter der Open Innovation Plattform?

Die Grundidee basiert auf dem sogenannten «Crowdsourcing», ein Ansatz, in dem es darum geht, die unterschiedlichen Anspruchsgruppen in den Entwicklungsprozesses eines Produkts/Angebots zu involvieren (open innovation). Die Open Innovation Plattform hat zum Ziel, die Innovationskraft der gesamten Destination Davos Klosters zu steigern, indem Wünsche und Bedürfnisse sämtlicher Anspruchsgruppen der DDK erkannt und nachhaltig umgesetzt werden.

Es ist nicht das Ziel, dass fixfertige Produkte aus der Open Innovation Plattform (OIP) hervorkommen. Eingebrachte Ideen dienen der Orientierung auf dem Markt für die Angebotsgestaltung und -entwicklung, basierend auf Stimmen von Tages-, Feriengästen, Ferienwohnungsbesitzer, Einheimischen und sämtlichen Leistungsträgern.

Die weitere Ausarbeitung und definitive Umsetzung soll dann in projektspezifischen Gruppen erfolgen, welche die Machbarkeit und die Nützlichkeit einer Idee im lokalen Kontext beurteilen können. Für eine allfällige Umsetzung, votr allem hinsichtlich der finanziellen Ressourcen, sind wir auch im Bereich des Crowdfundings aktiv.

Sie sind die einzige Destination, die eine solche Plattform pflegt. Warum, denken Sie, ist das so? Schlafen die anderen oder sind Sie der Zeit voraus?

Meines Wissens sind wir die einzige Destination, die eine eigens dafür konzipierte Online-Plattform betreibt und auch diesen Prozess im Hintergrund aktiv vorantreibt. Mir ist ein Beispiel aus einer anderen Destination bekannt, die versuchte, via Facebook Ideen zu generieren.

Eines der Projekte, die über die Innovationsplattform entstanden, ist das Kaffee Klatsch in Klosters. Was sind die nächsten oder was könnten Ideen sein, die in der Pipeline sind?

Es ist nicht möglich, eine Idee 1:1 von der Plattform umzusetzen. Viel mehr bieten die Ideen und Inputs – welche durch Projektgruppen verdichtet und bewertet werden – eine Basis für die Entwicklung von neuen Angeboten.

Ein fiktives Beispiel, dass ich immer wieder gerne erwähne, um das Konzept zu erklären: Auf der Plattform wird oftmals auf die veralteten Liftanlagen in Davos Klosters hingewiesen. So könnte man sich diesen Fakt zu Nutze machen und eine «1. Skiliftbügelliftgeber-Party» (Skiliftbügelgeber.ch-Community) der Schweiz im Mekka der Skilifte organisieren.

Das heisst, wir müssen aus den vorhandenen Ressourcen das Beste herausholen, weil sich vieles nicht einfach so schnell anpassen oder optimieren lässt (wie z.B. in der Industriebranche).

Wie ist die Akzeptanz innerhalb des Destinationsmarketing? Werden Sie eher belächelt oder sind alle stolz darauf? 

Es ist unterschiedlich. Die einen finden den Ansatz sehr spannend, andere setzen lieber auf Erfahrung und Altbewährtes. Denjenigen externen Leistungsträgern wie zum Beispiel Hotels, welche diesen Ansatz interessant finden, bieten wir als DMO auch die Möglichkeit, ein Projekt zu starten, Ideen für den eigenen Betrieb generieren zu können. Ich glaube aber, dass das Potential dieses Ansatzes noch nicht durchgehend erkannt wurde, wir immer wieder davon überzeugen müssen und jedes umgesetzte Projekt entsprechend die Plattform bestärkt.

Die Open Innovation Plattform ist ziemlich unübersichtlich, die Menüführung ist ziemlich mühsam. Ist das absichtlich? Theoretisch könnte man ja noch mehr User generieren…

Zuerst zur Menüführung: Das Konzept «scrollen anstatt klicken» entspricht der neuen Art von Webseiten, welche wir auch auf davos.ch/klosters.ch umgesetzt haben. Das Ziel dabei ist, Webseiten möglichst auch für mobile Geräte zu optimieren, auf welchen das Scrollen tendenziell einfacher geht als das Klicken – in diesem Sinne ist das Absicht.

Ich glaube nicht, dass die Menüführung Auswirkungen auf die «Quantität» der User hat. Die User, die sich auf dieser Plattform bewegen, nehmen sich explizit Zeit, um ihren Beitrag auf der Plattform einzubringen. Entsprechend ist für uns die «Qualität» der User von grösserer Bedeutung.

Bezüglich der Auffindbarkeit: Da die Betreuung der Plattform im Hintergrund grossen Aufwand bedeutet (Beantworten von Fragen, Entwickeln von Konzepten etc.), haben wir uns explizit dafür entschieden, die Marketingaktivtäten für die Plattform gering zu halten bzw. hauptsächlich lokale offline zu betreiben. Schliesslich soll nicht die Plattform im Vordergrund stehen, sondern die daraus entwickelten neuen Angebote, wie zum Beispiel eben das Kaffee Klatsch in Klosters.

Die Mitredegesellschaft ist ja ziemlich in Mode. Facebook, Zeitungsportale, Blogs – überall ist Meinung gefragt und wird gegeben. Ist das jetzt der Trend, auf den Sie aufgesprungen sind? 

Mitredegesellschaft und Open Innovation ist meiner Meinung nach nicht vergleichbar. Klar gibt es auch auf der OIP User, die einfach ihren Unmut kundtun. Viele davon wollen sich aber explizit einbringen und einen Beitrag zur Entwicklung von neuen Ideen leisten. Das Prinzip des «Crowdsourcings» kommt ursprünglich aus der Software-Industrie. In diesem Sinne sind wir auf einen Trend aufgesprungen, der in anderen Branchen bereits Einzug gehalten hat und sich auch als wertvoll zeigte.

Wie viele negative Resonanz bekommen Sie von Kunden, die nicht veröffentlicht wird? 

Alle Ideen werden von uns geprüft und wenn möglich freigeschaltet. Wenn der Name fiktiv oder nicht vollständig ist, gehen wir diese Personen wenn möglich an, damit wir deren Input dennoch vollständig publizieren können. Dass wir keine Ideen veröffentlichen, die beleidigend sind, ist selbstverständlich. Ich kann jedoch sagen, dass nicht viele Inputs herausgefiltert werden müssen.

Wie sieht die Destination Davos Klosters in Ihren Träumen aus und was müssen Sie noch tun, damit der Traum Realität wird? 

Eine Destination, die sich ständig weiterentwickelt und dies mit Hilfe von Inputs unserer Anspruchsgruppen, um den verändernden Bedürfnissen gerecht zu werden. Mit der Open Innovation Plattform sind wir hierzu auf dem richtigen Weg.

Dominik Knaus

 

(Bilder: Wikipedia/Innovation Davos Klosters)

 

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Rachel Van der Elst

Redaktionsleiterin/Region
Rachel Van der Elst mag Buchstaben: analog, virtuell oder überall, wo Menschen sind. In einem früheren Leben arbeitete sie unter anderm bei der AP, beim Blick, bei 20Minuten, beim Tages-Anzeiger und bei der Südostschweiz. In ihrer Handtasche immer dabei: Jasskarten.