Schicksalsspiel?

Schicksalsspiel?

Die Schweiz steht mit dem Rücken zur Wand. Ein Sieg heute gegen Dänemark ist Pflicht, ansonsten verschwindet die Viertelfinal-Quali langsam am Horizont.

Nach zwei Niederlagen in den ersten zwei Spielen wurden die Stimmen bereits laut: «Abstieg!» «Trainerentlassung!» Und weiteres fordern die Polemiker. Der Sturm sei miserabel, und die NHL-Spieler bringen gar nichts. Wenn es nach den Stimmen der Pessimisten geht, wäre es wohl besser, bei den kommenden Spielen nicht mehr anzutreten – so unbesiegbar scheinen die Übermächte zu sein.

Die Schwarzmalerei ist aber nichts anderes als Polemik, und Coach Fischer hat Recht, wenn er sagt, dass man nun ruhig bleiben muss. Ja, es stimmt, dass einige Spieler in den ersten beiden Partien noch nicht brilliert haben. Namentlich die Verteidiger Grossmann und Weber. Und ja, es stimmt, dass die Schweiz im Sturm ein echtes Problem hat. Man muss sich nur diese Statistik zu Gemüte führen:

1, 1, 0, 1, 0, 2, 3, 3, 2, 6, 3, 3, 1, 3, 1, 1, 2, 1, 1, 2, 3.

Das ist die Ausbeute seit 2014. Das sind 40 Tore in 21 Spielen. 1.90 Tore pro Spiel. Nur einziges Mal erzielten die Schweizer mehr als drei Tore. Vor knapp zwei Jahren besiegten sie Kasachstan mit 6:2.

Woran fehlt es?

Nicht an den Chancen. Die Schweiz hat im Schnitt mehr oder weniger gleich viele Schüsse und Chancen wie der Gegner.

Genauer gesagt: In neun Partien gegen Big-6-Teams hat die Schweiz zwar das Schussverhältnis jedes Mal verloren, teilweise mit brutalem Resultat. Dementsprechend resultierte auch nur ein Sieg bei acht Niederlagen.

Gegen die vermeintlich Kleinen bestimmen die Schweizer aber das Spiel. Nur einmal hatte der Gegner mehr Schüsse als die Schweiz, ansonsten dominierte die Schweiz die Partien mehr oder weniger. Dementsprechend schauten auf die letzten elf Spiele auch sechs Siege heraus. Es zeigt sich ein Muster: Wenn die Schweiz mehr Spielanteile hat, steigen die Gewinnchancen. Logisch.

Wieso verlor die Schweiz also die Partien vom Wochenende trotz mehr Schüssen? Auf der einen Seite liegt das an der desolaten Chancenauswertung der Schweiz. Die Schweiz tingelt seit mehr als zwei Jahren bei einer Trefferquote von rund 6%. Das ist unterirdisch. Da sieht jeder gegnerische Goalie gut aus. Nur vier Mal traf die Schweiz besser als 8.5% – jedes Mal resultierte ein Sieg.

Was muss die Schweiz anders machen?

Alle haben es gelesen. Das Aufgebot stimmt, die Stimmung stimmt. Aber das System stimmt überhaupt nicht. In der Defensive müssen die Räume enger gemacht werden. Der Slot darf nicht zur Spielwiese der NHL-Stürmer Ehlers, Eller und Hansen werden. Die Auslösung muss flüssiger und schneller gehen. Gegen die schnellen dänischen Flügel braucht es Biss und keine ängstlichen Rehaugen.

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Und im Sturm muss noch viel mehr und gradliniger gearbeitet werden. Zu oft fehlt es am wirklichen Druck auf den gegnerischen Goalie. Die Stürmer sind zwar da, aber es herrschte bisher weder bei den Kasachen noch bei den Norweger je Alarmstufe Rot vor dem Tor.

Es ist schlussendlich sinnbildlich, dass der bisherige Topskorer der Schweiz Samuel Walser (Titelbild) heisst: Zweimal reüssierte der Defensiv-Center bei Abpraller am schnellsten und erzielte die sogenannten dreckigen Tore. Walser landete in der Meisterschaft mit 11 Toren auf dem 57. Rang der Skorerliste.

Die Schweiz hat ihre Baustellen. Aber es ist nicht alles schlecht. Die Goalies spielen (abgesehen von einem kleinen Moment) solide, die Spieler haben mehr Potential als der Gegner aus Dänemark, und mit dem Rücken zur Wand spielt es sich oftmals befreiter.

Und gerne erinnert man sich daran, dass die Schweiz letztes Jahr nach den ersten beiden Startspielen nur einen Punkt mehr hatte und am Ende der Vorrunde in sieben Spielen nur zwei Siege aufweisen konnte. Und mit diesem 2-5 Record und zehn Punkten danach (mit drei Punkten Vorsprung) die Viertelfinale doch noch relativ klar erreichte.

Noch ist nichts verloren. Hopp Schwiiz.

 

 

(Bild: Melanie Duchene/EQ Images, Quelle: iihf.com)

 

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Richi Brändli

Redaktor Eishockey
Ehemaliger Kolumnist bei GRHockey, Plausch-Spieler und Fan von regionalem bis internationalem Eishockey.