«Unwürdiges Parteigeplänkel»

«Unwürdiges Parteigeplänkel»

GRHeute
02.09.2016

Im Bündner Grossen Rat wurde gestern ein neuer Kantonsrichter gewählt. Zum Handkuss kommt der parteilose Bezirksgerichtspräsident vom Misox, Davide Pedrotti. Die SVP mit ihrem Kandidaten Fortunat Wolf ging leer aus.

Schon in den letzten Tagen hatte die Kantonsrichter-Wahl für Aufsehen gesorgt. Die BDP hatte in einer Medienmitteilung grossmütig erklärt, sie unterstreiche den Anspruch der SVP auf einen Sitz. Allerdings unterstützte sie nicht den offiziellen Kandidaten Fortunat Wolf, sondern den parteilosen Davide Pedrotti, mit der Begründung, dieser wolle in die SVP eintreten. Die Volkspartei schäumte und warf den ehemaligen bürgerlichen Mitstreitern «Spielchen» vor. Nun kam es, wie es fast immer kommt. Die Linke und die bürgerliche Mehrheit stellte sich gegen den offiziellen SVP-Kandidaten und wählte Pedrotti – und zwar klar mit 88 Stimmen. Wolf holte gerade mal 25 Voten. Pedrotti trat auch nicht in die SVP ein, sondern blieb wegen Meinungsverschiedenheiten mit der Partei unabhängig.Gericht

Die SVP Graubünden bedauert, dass ihr offizieller Kantonsrichter-Kandidat vom Grossen Rat nicht gewählt wurde. «Der Grosse Rat nimmt bewusst in Kauf, dass in der nächsten vier jährigen Amtsperiode ein parteiloser Richter am Kantonsgericht tätig ist, was unweigerlich für eine nicht unerhebliche Unruhe bei den nächsten Wahlen für das Kantonsgericht sorgen wird.» Für die Fraktion der SVP ist klar, was zum Ergebnis geführt hat: «Es ist bedauerlich, dass einmal mehr ein offizieller und äusserst fähiger Kandidat der SVP, der zudem alle Voraussetzungen bestens erfüllt, einem unwürdigen Parteigeplänkel zum Opfer gefallen ist.»

Tatsächlich wird bei den Richterwahlen normalerweise der Parteienproporz respektiert. Ein Tabubruch? SVP-Fraktionspräsident Jan Koch hatte das Parlament jedenfalls schon vor der Wahl gewarnt, einen Parteilosen zu wählen bedeute, «die Büchse der Pandora zu öffnen». Kochs Votum hatte keine Wirkung. Auch wenn Pedrotti aufgrund seiner Qualifikation und seinem Background in Südbünden sicher ein valabler Kandidat war, spielten wohl auch «andere» Faktoren eine Rolle. Kein Wunder, kündigte SVP-Fraktionspräsident Koch an, die Partei überlege sich, in vier Jahren wieder einen Kandidaten ins Rennen zu schicken und damit wenn nötig auch den Sitz eines Bisherigen anzugreifen.

 

Die Bündner Gerichte

Kantonsgericht

  • Norbert Brunner (Präsident, CVP, Domat/Ems, bisher) 113 Stimmen
  • Ursula Michael Dürst (Vizepräsidentin, FDP, Zizers, bisher) 109 Stimmen
  • Albert Pritzi, (FDP, Chur, bisher) 98 Stimmen
  • Fridolin Hubert (CVP, Vals, bisher) 107 Stimmen
  • Peter Schnyder (BDP, Schiers, bisher) 107 Stimmen
  • Davide Pedrotti (parteilos, San Vittore, neu) 88 Stimmen
  • Nicht gewählt: Fortunat Wolf (SVP, Davos) 25 Stimmen

Verwaltungsgericht

  • Urs Meisser (Präsident, FDP, Davos Monstein, bisher) 105 Stimmen
  • Giuliano Racioppi (CVP, Chur, bisher) 99 Stimmen
  • Jacqueline Moser (Vizepräsidentin, BDP, Flims, bisher) 105 Stimmen
  • Thomas Audétat, (BDP, Chur, bisher) 100 Stimmen
  • Robert Stecher (SP, Chur, bisher) 89 Stimmen

Schlichtungsbehörde

  • Peter Portmann (Vorsitzender, Chur, bisher) 107 Stimmen
  • Rita Marugg, (Vize-Vorsitzende Klosters Dorf, bisher) 111 Stimmen
  • Karin Iseppi (Fürstenau, bisher) 109 Stimmen
  • Hermann Steck (Scuol, bisher) 92 Stimmen
  • Marco Ettisberger (Stellvertreter, Chur, bisher) 100 Stimmen
  • Manuela Gurini (Stellvertreterin, Chur, bisher) 100 Stimmen

Kantonales Zwangsmassnahmengericht

  • Urs Raschein (Einzelrichter, Chur) 104 Stimmen
  • Emil Anton Räber (Stellvertreter, Chur) 100 Stimmen
  • Peter Guyan (Stellvertreter, Chur) 109 Stimmen

 

(Bilder: zVg.)

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