«Die Liebe holen wir woanders»

«Die Liebe holen wir woanders»

Zwei der herausragendsten Frauen-Stimmen dieser Zeit waren in der Stadtbibliothek in Chur zu Gast – und sprachen vor Nationalratskandidatinnen darüber, wie Frau gewählt werden kann: Helen Issler und Brigitte Hauser-Süess.

«Wählt Frauen!» lautete das Motto der von der Frauenzentrale Graubünden organisierten Veranstaltung vom Freitagmittag in der Churer Stadtbibliothek. Sechs Nationalratskandidatinnen – Valérie Favre Accola, Sandra Locher Benguerel, Laura Oesch, Vera Stiffler, Gianna Luzio und Edith Gugelmann – standen zwei Frauen gegenüber, die von allem schon eine Ahnung hatten: Helen Issler als Moderatorin, die ehemalige stellvertretende Chefredaktorin des Schweizer Fernsehen, und Brigitte Hauser-Süess, der persönlichen Beraterin von Bundesrätin Viola Amherd als eine Art Kandidatinnen-Coach. Gut 40 Frauen und eine Handvoll Männer, darunter Flurin Caviezel mit seiner Frau Doris Hidber, hörten ihnen zu.

Vier Bundesrätinnen hat Brigitte Hauser-Süess gesehen: Ruth Metzler, Eveline Widmer-Schlumpf, Doris Leuthard und jetzt eben Viola Amherd. Wie kommt man soweit, fragt Helen Issler die Walliserin. «Man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.» Oder wie sie zu sagen pflege: «Den Respekt holen wir uns in der Politik, die Liebe woanders.»

«Entschuldigt euch niemals»

Anhand des Beispiels von Bundesrätin Viola Amherd zeigte Brigitte Hauser-Süess auf, dass Frauen sichtbar gemacht werden müssen. «Als Viola Amherd als Nationalrätin über Lastwagen sprach, wurden in der Zeitung Bilder über Lastwagen gezeigt. Als es um Seilbahnen ging, zeigte man Seilbahnen.» Bei ihren Ratskollegen sei das anders: «Da zeigt man immer den Mann. Manchmal auch ein paar zusammen, wie sie miteinander reden.»

Ein Teil der geballten Frauenpower für die National- und Ständeratswahlen stand derweil an Stehtischen und durfte ihre Motivationen präsentieren. «Ich möchte zeigen, das Frauen Politik machen können», sagte etwa Edith Gugelmann von der BDP. «Es braucht Frauenpolitik von Frauen», sagte Gianna Luzio von der CVP. «Wirtschaftspolitik ist auch Frauenpolitik», sagte Vera Stiffler von der FDP. «Ich weiss, was in anderen Kantonen ist», sagte Laura Oesch von der GLP. «Es lohnt sich, mitzureden», sagte Sandra Locher Benguerel von der SP. «Die Frauen müssen an den Rahmenbedingungen der Gesellschaft mitarbeiten», sagte Valérie Favre Accola von der SVP.

Und die Analyse von Brigitte Hauser-Süess? «Entschuldigt euch niemals. Entschuldigt euch nicht für eure Kinder, nicht für die Männer, nicht wenn man ledig ist. Für gar nichts.» Man solle sich selbstbewusst und lustvoll einmischen. «Habt den Mut, jemandem auf die Füsse zu stehen», sagte Brigitte Hauser-Süess. «Wir Frauen sind nicht einfach Frauen, wir sind verschieden.» Man dürfe niemals aufgeben.

«Schreibt Frauen mit Chancen zweimal auf die Liste»

Und mit welchen Themen soll das passieren? «Wir können zusammenarbeiten», sagte Valérie Favre Accola von der SVP. «Keine AHV-Alter-Erhöhung für Frauen im jetzigen Moment», sagte Sandra Locher Benguerel von der SP. «Kurze Wege sollen belohnt werden», sagte Laura Oesch von der GLP. «Es lohnt sich für Frauen derzeit nicht, zu arbeiten, wegen der hohen Kosten für die Kinderbetreuung», sagte Vera Stiffler von der FDP. «Graubünden ist den Auswirkungen des Klimawandels direkt ausgesetzt», sagte Gianna Luzio von der CVP. «Die Bildung ist unser wertvollster Rohstoff», sagte Edith Gugelmann.

Damit die Frauen auch die Chance bekommen, für ihre Anliegen im Nationalrat einzustehen, gab es zum Schluss noch eine kurze Einführung in das korrekte Abstimmen von Helen Issler. «Schreibt Frauen mit Chancen zweimal auf die Liste und streicht dafür einen Mann. Wenn ihr eine leere Liste ausfüllt und einige Plätze leer lässt, gehen die Stimmen verloren. Schreibt deshalb unbedingt die Partei eures Vertrauens in die entsprechenden Felder.»

(Bild: GRHeute)

 

 

 

author

Rachel Van der Elst

Redaktionsleiterin/Region
Rachel Van der Elst mag Buchstaben: analog, virtuell oder überall, wo Menschen sind. In einem früheren Leben arbeitete sie unter anderm bei der AP, beim Blick, bei 20Minuten, beim Tages-Anzeiger und bei der Südostschweiz. In ihrer Handtasche immer dabei: Jasskarten.