In den letzten 100 Jahren durfte Graubünden nur zweimal den Schweizer Nationalratspräsidenten stellen. 2021 könnte es wieder soweit sein – sollte SVP-Nationalrat Heinz Brand wiedergewählt werden. Was alles andere als sicher ist.
Im schweizerischen Schnitt müsste Graubünden in hundert Jahren viermal den Vorsteher der höchsten Schweizer Wahlbehörde stellen. Hat Graubünden hierbei als Randgebiet, weit weg von Bern, einen geographischen Nachteil? Das Bundesparlament will diese «Benachteiligung» offenbar beseitigen und wählte Heinz Brand zu seinem Vizepräsidenten. 2021 soll der Klosterser das Amt des höchsten Schweizers ausüben. Für den Kanton Graubünden ist dies durchaus von Bedeutung, bietet die «Plattform Nationalratspräsident» doch Möglichkeiten, die Vielfalt und die Probleme des Bergkantons in Bern bewusst zu machen. Was in Zeiten, in denen sich die nationale Politik immer mehr auf die Zentren fokussiert und die Berg- und Randgebiete zunehmend an Boden verlieren, zweifellos ein Plus wäre für Graubünden.
Linksrutsch in Graubünden?
Wäre, weil die Wiederwahl von Heinz Brand in den Nationalrat alles andere als sicher ist. Bis zu diesem Sommer schien es noch sicher, dass der Klosterser auch in der nächsten Legislaturperiode Graubünden im Nationalrat vertritt und somit auch das Präsidium antreten wird. Die Listenverbindung zwischen SP, Verda und Grünliberalen könnte dem bisherigen SVP-Vertreter im Nationalrat nun aber einen Strich durch die Rechnung machen. Es ist durchaus möglich, dass der Sitz von Heinz Brand an die Klima-Allianz – wahrscheinlich an den Grünliberalen Josias Gasser – geht. Ganz so unbestritten ist die GLP in Graubünden allerdings trotz der Rückenwind der Klimaerwärmung auch nicht, nicht zuletzt, weil sie sich noch im Frühjahr geschlossen gegen die Weiterführung der Wasserzinsen aussprach – was für viele Bündner Gemeinden von existentieller Bedeutung ist.
Bürgerliche Listenverbindung geplatzt
Auch die Mitte-Parteien sprechen einem Bündner Nationalratspräsidium wenig Bedeutung zu. CVP, BDP und FDP schlossen sich zusammen, um der SVP einen Sitz abspenstig zu machen. Ein Schuss, der gemäss der letzten Wahlumfrage nach hinten losgeht. Eine hinter den Kulissen angestrebte bürgerliche Listenverbindung zwischen CVP, BDP, FDP und SVP, die das Nationalratspräsidium für Brand (mit insgesamt vier Nationalratssitzen für die Bürgerlichen) gesichert hätte, scheiterte an der Opposition der Mitte-Parteien. BDP, FDP und CVP dürften auch in Zukunft zwei Sitze in Bern stellen. Falls es aber zum mittlerweile erwarteten Linksrutsch in Graubünden kommt, müssten sich die bürgerlichen Mitte-Parteien an der eigenen Nase nehmen. Das mögliche Nationalratspräsidium für Graubünden hat dabei wenig Gewicht.
Chancenlos ist Heinz Brand allerdings nicht: Falls sich die SVP nicht gegen die Klima-Allianz durchsetzen kann, bleibt dem Klosterser immer noch die Hoffnung, Parteikollegin Magdalena Martullo Blocher zu überflügeln. 2015 holte die Ems-Chefin in Graubünden immerhin über 4282 Stimmen weniger in Graubünden.
Keine Überraschungen beim Umwelt-Rating
Die Bündner Vertreter/-innen im Parlament liegen gemäss einer Statistik diverser Umweltverbände zwischen 0 und 98.1 Prozent Umweltfreundlichkeit: Die umweltfreundlichste Bündner Nationalrätin Silva Semadeni (98.1%) tritt nicht mehr zu den Wahlen an. Von den Bisherigen liegt Duri Campell (BDP) mit 63% Umweltfreundlichkeit im Durchschnitt seiner Partei. Auch Martin Candinas (CVP) bewegt sich mit 46,3% in etwa im Schnitt der CVP. Aus der SVP hat Heinz Brand (4,6%) fast immer gegen Anliegen der Umweltverbände gestimmt, bei Magdalena Martullo-Blocher (0%) war sogar immer. Im Durchschnitt ihrer Parteien liegen auch die zwei wieder kandidierenden Ständeräte: Stefan Engler (CVP) mit 47.5% und Martin Schmid (FDP) mit 22.5%.
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(Archivbild Heinz Brand: zVg./GRHeute)