Spatenstich auf dem Julierpass

Spatenstich auf dem Julierpass

GRHeute
16.05.2017

Am Sonntag fand auf dem verschneiten Bündner Julierpass der Spatenstich für Origens Theaterturm statt. Intendant Giovanni Netzer erzählte von der Idee für den babylonischen Turmbau an der alten Passstrasse. Der Bündner Standespräsident Michael Pfäffli vollzog den ersten Spatenstich. Bereits am 31. Juli wird der knapp dreissig Meter hohe Turmbau von Bundesrat Alain Berset eröffnet und mit Gion Antoni Derungs Oper „Apocalypse“ eingeweiht (GRHeute berichtete).

Für den Spatenstich hätte der höchste Bündner, Standespräsident Michael Pfäffli, fast noch eine Schneeschaufel gebraucht: vor wenigen Tagen lag auf der Baustelle noch ein halber Meter Schnee. Zum Auftakt der Veranstaltung auf dem Pass sangen die Origen – Sänger Martin Mairinger und Sybille Diethelm zwei rätoromanische Winterlieder – ein ironischer Seitenhieb auf die Wetterlaunen des Julierpasses. Intendant Giovanni Netzer erzählte von seiner persönlichen Faszination für den Pass, von tausend Passfahrten zu allen Jahreszeiten, von Schneeverwehungen und Mondnächten. Der Pass sei ein „Ort des Innehaltens auf der Reise, die Leben heisst; er rücke die Masstäbe menschlicher Bedeutung zurecht und provoziere Grenzüberschreitungen, die wir heute wieder dringend brauchen“. Standespräsident Michael Pfäffli lobte das Engagement und attestierte dem Julierturm eine wackere Gebäudehöhe: die Dachterrasse auf 2314 Meter über Meer übertreffe den Babylonischen Turm um ein Vielfaches. Der Gemeindepräsident des Surses Leo Thomann wies darauf hin, dass das Juliertheater vielen anderen Turmbauprojekten etwas Entscheidendes voraushabe: es werde wirklich gebaut.

Etappierung und Kosten

Bis zur Eröffnung Ende Juli werden CHF 2.2 Millionen in den Bau investiert. Die Aufführungen im August bespielen den hölzernen Turm und ermöglichen wichtige Erfahrungen mit dem gewaltigen Raum. Im Herbst erfolgt die zweite Ausbauetappe, die die Winterbespielung gewährleistet. Die Finanzierung der zweiten Bauetappe in Höhe von CHF 0.6 Mio wurde vor kurzem gestartet und soll bis im Herbst abgeschlossen werden.

Technische Herausforderung

Der dreissig Meter hohe Holzturm ist eine technische Herausforderung. Er muss Schneestürmen, Staublawinen und Windstärken von bis zu 200 Stundenkilometern standhalten. Die Bauzeit beträgt wenige Wochen und ist ein logistischer Kraftakt, dessen Gelingen viel Wetterglück und einen schneearmen Frühling voraussetzt. Die Turmteile werden bei der Firma Uffer AG in Savognin vormontiert und als Schwertransport auf den Julier gebracht.

Spielplan für eine Baustelle

Origen begleitet den Turmbau mit einer ganzen Reihe von Veranstaltungen. Der Holzbauingenieur Walter Bieler gibt bei einem Atelierbesuch Einblick in die grosse Rechenarbeit seines Büros. Die Schwertransporte der Turmbauteile durch die engen Gassen des Surses werden mit einer Lesung über Kafkas und Hofmannsthals Turmerzählungen begleitet. Zuvor können die vierzig Turmstümpfe bei der Firma Uffer in Savognin betrachtet werden. Auf dem Julier wird ein kleines temporäres Baumuseum mit integrierter Aussichtsplattform errichtet. Besucher erhalten Einblick in die Probenarbeit. Während der Aufführungszeit im August gibt’s tägliche Tage der offenen Türme.

Eröffnung mit Bundesrat Alain Berset

Der Schweizer Bundesrat und Kulturminister Alain Berset wird den Theaterturm am 31. Juli 2017 eröffnen und eine Ansprache am Vorabend des Nationalfeiertages halten. Die grosse Rede wird substantiell umrahmt: Romanische Gesänge frönen der einheimischen Tradition, neue russische Choreographien öffnen den Blick auf weite Welten, die der Pass verbindet.

Oper „Apocalypse“ von Gion Antoni Derungs

Zur Einweihung des Turmes wird Gion Antoni Derungs Oper «Apocalypse» unter der Leitung von Clau Scherrer in einer Inszenierung von Giovanni Netzer und Kostümen von Martin Leuthold aufgeführt. Das phantastische Werk mit seinen skurrilen Figuren, apokalyptischen Reitern, babylonischen Huren und bärtigen Himmelswesen erzählt vom Untergang der Welt, vom Fall Babylons, und von der Hoffnung auf einen neuen Himmelsgarten. Das Werk wird unter dem offenen, klaren Sternenhimmel am Julierpass aufgeführt – bevor dann der Theaterturm im Herbst sein winterfestes Dach erhält.

(Bilder: zVg.)

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