Eine höchst unterhaltsame Debatte über Mobilität, ein nachgestelltes Kirchner-Bild und viel Brauchtum – der Bundstag in Davos bot einige Leckerbissen und hat für volle Strassen und Tische gesorgt.
Als am Samstag um 15 Uhr drei Tambouren – zwei aus Domat/Ems, einer aus Davos – mit den Fahnenträgern auf den Arkadenplatz in Davos einlaufen, ist der Festplatz ein einziges Gewusel von Gästen, Einheimischen und offiziellen Besuchern. Der Platzhirsch Monsteiner Bier hat seinen Stand beim Brunnen und kühlt sein Bier im Wasser. Rundum gibt es Stände mit Handwerk, Food (fünf Schlemmereien aus 500 Jahren!) und Informationen zur Mobiliät in Graubünden im Allgemeinen und Davos im Speziellen. Es ist windstill; die prognostizierten 23 Grad fühlen sich auf dem Platz an wie 45 Grad in einem extrem heissen Sommer in den Strassen von Rom.
Begonnen hatte der Bundstag, ein Anlass im Rahmen der 500-Jahr-Feier des Kantons Graubünden, in Landquart. Der Champagner-Zug der RhB hatte eine illustre Gästeschar nach Davos an die Debatte im grossen Ratssaal gebracht. Es war eine symbolische Reise: Bevor Graubünden zu Graubünden wurde, gehörte Davos zum Zehngerichtebund. Wenn eine Tagung der Ratsboten in Davos statt fand, mussten alle Teilnehmer nach Davos reisen. Diese Reise dauerte früher bis zu zwei Tagen. Im Vergleich: Regierungsrätin Carmelia Maissen reiste am Samstag in zwei Stunden an, wie sie an der Debatte sagte.
«Philosophischer Kaffeeklatsch»
Die Debatte! Herz- und Kernstück des Bundstages, eine Zeitreise durch die Geschichte der Mobilität. Launig moderiert von SRF-Moderator Stefan Flury, in einem mit gut 100 Zuhörenden übervollen Rathaussaal. Diskussionsteilnehmende waren: Regierungsrätin Carmelia Maissen, Walservereinigungs-Präsidentin Leonie Barandun-Alig, Davoser-Verkehrsbetriebe-Chef Daniel Wiedmer, Landammann Philipp Wilhelm, Postauto-Graubünden-Chef Christian Kindschi und RhB-CEO Renato Fasciati. «Ein philosophischer Kaffeeklatsch ohne Kaffee», hatte es Stefan Flury angekündigt.
Was dabei gesprochen wurde? Man erfuhr, dass Renato Fasciati auf der Rückfahrt von einem Singlager wegen Schnee gestoppt wurde und der Zug in einen Tunnel zurück fahren musste, um wieder Anlauf zu holen. Der Zug blieb am Lago Bianco aber trotzdem stecken und musste mit einer Diesellok abgeschleppt werden. Philipp Wilhelm erlebte den Lawinenwinter 1999 im Monstein, und als die Männer sagten, Grundnahrungsmittel mit dem Helikopter schön und gut, aber wo bleibt das Bier? wurde die Brauerei Monstein gegründet. Für Carmelia Maissen hielt der Zug sogar einmal extra an, dabei wollte sie gar nicht einsteigen – sondern nur einer Freundin einen Zettel mit einem humoristischen Gedicht zum Geburtstag mitgeben.
Haben die Vorgängerinnen und Vorgänger alles richtig gemacht? Während Renato Fasciati es gerne gesehen hätte, wenn die RhB auch eine San-Bernardino-Route hätte, ist Christian Kindschi froh, dass die Postauto diesen Kurs bedienen darf. Daniel Wiedmer ist sehr froh, dass es in Davos auf der Promenade und auf der Talstrasse eine Einbahn gibt. «Es ist eine bestechende Lösung, die funktioniert.» Es gab noch mehr interessante Voten, aber sie hier wiederzubringen ohne die Atmonsphäre in diesem Saal, der Moderation von Stefan Flury und dem Gelächter wäre wenig zielführend. Wer nicht dort war, hat etwas verpasst (und hätte eventuell sowieso keinen Platz gehabt, der Saal war wirklich bis auf den letzten Platz und mehr besetzt).
Kirchner für alle
Den Schlusspunkt der Debatte bildete die Antwort auf die Frage: Wann hört Spazieren auf und fängt das Wandern an? Christian Kindschi meinte dazu: «Wenn die Kids merken, dass es wandern ist, hört das Spazieren auf.» «Alles unter 3000 Meter ist spazieren», sagte Philipp Wilhelm. Und Renato Fasciati sagte: «Wandern ist, wenn ein Teil davon mit der RhB oder dem Postauto zurück gelegt wird.»
Auf der verkehrsfreien Promenade gab es an diesem Samstag nichts mit dem Postauto zurück zu legen, auch die Verkehrsbetriebe Davos durften selbstredend nicht hindurch. Nur ein Oldtimer-Postauto und eine alte Flüela-Postkutsche wurden gesichtet: Im Rahmen des Umzugs durch das Dorf. Der historische Umzug: Wieder ein Herzstück! Beginnen tat er mit einem nachgestellten Bild von Ernst Ludwig Kirchner. Der Maler hatte die Feier zum Bundstag am 6. Juni 1936 in einem Gemälde festgehalten. Und genau so, in historischen Kostümen, mit den Flaggen aller Gemeinden des Zehngerichtebundes, startete der Umzug beim Kirchner Museum. Moderiert und erklärt wurde der Umzug wiederum von Stefan Flury und von Co-Organisator Christoph Luzi, die es sich auf der «Schatztruhe» bequem gemacht hatten und den vollen Überblick über das Geschehen hatten.
Auf der verkehrsfreien Promenade und dem Arkadenplatz liess es sich noch lange feiern. Verschiedene Konzerte sorgten für Stimmung, Vanessa T. musste wegen Corona leider absagen. Davos wurde – wie damals Rom – nicht an einem Tag erbaut. Aber an diesem Bundstag in Davos bekam man eine kleine Ahnung davon, welch wichtige Arbeit die Urmütter und Urväter Graubündens geleistet hatten.
(Bilder: zVg/Mattias Nutt/Johannes Frigg)