Weiter, weiter, weiter – immer wenn die RhB denkt, es geht nicht mehr, kommen von irgendwo noch mehr Passagiere her. Das hat Konsequenzen für alle Beteiligten: Personal, Infrastruktur und Finanzen. «Das fordert uns, macht uns aber auch Freude», sagte RhB-Präsident Mario Cavigelli.
Wir erinnern uns: Letztes Jahr war ein absolutes Rekordjahr für die RhB. Die Personenkilometer wurden dieses Jahr schon um elf Prozent übertroffen, wie RhB-Direktor Renato Fasciati an einer Medienkonferenz vom Mittwoch in Chur sagte. «Seit 2016 nimmt die Nachfrage stark zu.» Und warum? Der Weltrekordversuch ist bei den Gästen immer noch ein Thema, Remote-Arbeiten (also auch vom Ferienhaus oder dem Hotel in Graubünden, «Hitzeflüchtlinge» und dass Zugfahren «in» ist – all das dürfte mitgeholfen haben. Und es führt sicher zum Teil dazu bei, dass die RhB stärker wächst als der Rest der Branche. Vor allem an den Wochenende haben die Züge eine Auslastung von 100 Prozent und mehr.
Berninalinie mehr als ausgelastet
Absolutes Zugpferd, eine Art Leuchtturm der kleinen Roten ist der Bernina Express: Mit gleichen Fahrplan und dem selben Rollmaterial hat er einen Zuwachs von 70 Prozent mehr Gästen als 2016. Von Januar bis Oktober stieg die Zahl der Gäste um 13 Prozent oder von knapp 370’000 auf über 416’000 Gäste. Die RhB hat aber auch investiert: Es gibt mehr Stauraum fürs Gepäck, neues Holzdekor, neue Teppiche und Polster sowie Steckdosen an jedem Sitzplatz.
Um der Belastung auf der Berninalinie, die an den Wochenenden teilweise über 100 Prozent beträgt, Herr zu werden, wird zudem eine Reservationsmöglichkeit eingeführt. Wer einen Sitzplatz auf sicher will, kann diesen ab dem Fahrplanwechsel für fünf Franken reservieren. Gleichzeitig fallen auf vier Regionalzügen pro Tag die Halte in Campocologno und Li Curt weg. Damit sollen die Anschlüsse aus dem Puschlav und nach Mailand sicher gestellt werden. Die italienische Behörde ANSFISA hat zudem Massnahmen zur Erhöhung der Sicherheit in Tirano angeordnet. «Wir pfeifen mehr und mussten Verkehrskadetten einstellen», sagte Renato Fasciati.
Viele Baustellen und Pünktlichkeit
Auch monetär steckt die Führung der RhB einiges in ihre Bahn. Für die Infrastruktur investiert sie eine Million Franken am Tag. «Wir wollen für die nächsten 75 bis 100 Jahre à jour sein», sagte Renato Fasciati. Die Bauarbeiten generieren Langsamverkehr – so zum Beispiel beim Solisviadukt und beim Solistunnel, um nur zwei zu nennen. Ausserdem sollen die Tunnels auf der Berninalinie verbreitet werden, damit die Linie auch mit modernen Fahrzeugen befahren werden kann. Und nicht viel weiter oben droht der Brienzer Rutsch, der gemäss Renato Fasciati im Moment keine akute Gefahr darstellt, in dessen Bereich aber ebenfalls langsam gefahren werden muss.
Womit wir bei der Pünktlichkeit wären: Trotz all dieser Baustellen ist die RhB pünktlich. In diesem Jahr betrug die Pünktlichkeit 90,6 Prozent; im letzten Jahr lag sie bei 86,7 Prozent. «Die Ausbauten helfen uns, noch pünktlicher zu werden», sagte Renato Fasciati. Auf der Albulalinie wurde sogar eigens ein Dispopendel installiert: Sollte sich der Zug aus Chur verspäten, fährt in Samedan ein Zug in Richtung St. Moritz. Die verspäteten Reisenden aus Chur können in den Regionalzug aus dem Unterengadin umsteigen und St. Moritz so erreichen.
Blick in die Zukunft
Die RhB plant in einem Zeithorizont von zehn bis 15 Jahren. In dieser Zeit sollen systematische halbstündliche Verbindungen eingeführt, die Bernina Express-Züge in den Takt integriert und neues Rollmaterial den Komfort verbessern. Das hat seinen Preis: Bei einem Halbstunden-Takt auf der Berninalinie muss die RhB den langen Halt auf der Alp Grüm streichen. «Das ist aber frühestens 2037 der Fall», sagte Renato Fasciati.
«Wir wollen häufiger und schneller verkehren», hatte VR-Präsident Mario Cavigelli eingangs gesagt. Die Finanzierung stelle die RhB vor eine Herausforderung, aber: «Wir schätzen dieses Wachstum. Hoffen wir, dass es so weiter geht.»
(Bild: GRHeute)



