Zusammen mit dem Kanton haben die Bergbahnen in Graubünden im letzten Winter mit der kontrollierten Offenhaltung einen volkswirtschaftlichen Schaden von 1 Mrd. Franken verhindert. Dabei lagen die Covid-bedingten Inzidenzen deutlich unter dem Tirol.
Im aktuellen Jahresbericht blickt der Verband Bergbahnen Graubünden (BBGR) auf den letzten Coronawinter 2020/21 und den Coronasommer 2020 zurück. Im Sommer konnten mit der nahen Sommerfrische in den Bergen viele neue und vermehrt auch jüngere Gäste in Graubünden begrüsst werden. Trotzdem stammen nur 8,1 Prozent des Verkehrsertrages aus dem Sommer. Das Wintergeschäft finanziert damit die strategische Zielsetzung der Stärkung des Sommers. Im Jubiläumsjahr 2020 der Graubündner Kantonalbank konnten die Käufer:innen einer Jahreskarte einer Bergbahnunternehmung dank der Zusammenarbeit mit der GKB und dem Kanton Graubünden mit einer oder zwei geschenkten Tageskarten nach Wahl belohnt werden. Die Verunsicherung infolge der Pandemie hatte trotzdem Aus- wirkungen auf den Vorverkauf. Die neu eingeführte Jahreskarte graubündenCARD erlitt gegenüber dem ehemaligen Winter-Snowpass einen Rückgang von 22,8 Prozent. Die dies- jährige zweite Ausgabe der graubündenCARD scheint dieses Minus dank der erfolgreichen Strategie der Bergbahnöffnungen, und vielleicht auch teilweise wegen der sympathischen Gutscheinaktion ,nun glücklicherweise wieder wett zu machen.
Aktive Bündner Lösung
Präsident Martin Hug lobt die Bündner Strategie der kontrollierten Öffnung im Winter 2020/21 als aktive Lösung, welche die Krise nicht administriert, sondern ihr aktiv getrotzt habe. Dank einem gezielten Lobbying sei es im November 2020 gelungen, die Kompetenz zur Öffnung der Skigebiete an die Kantone zu übertragen. Die kontrollierte Öffnung wurde von den kantonalen Betriebstestungen, nach dem Vorbild der Weissen Arena (WAG), und ab dem Frühling 2021 von der Impfoffensive begleitet. Zusammen mit dem Kanton und Gastro Graubünden sei es damit geglückt, einen volkswirtschaftlichen Schaden von 1 Mrd. Franken zu vermeiden, ohne die Gesundheit der Bevölkerung und der Gäste zu gefährden. Trotzdem resultierte für die Bergbahnen der zweitschlechteste Winter der letzten 20 Jahre: im Vergleich zur Vorsaison mit dem wegen dem Lockdown verkürzten Saisonschluss redu- zierte sich der Transportertrag nochmals um 7,7 Prozent.
Investitionen gefährdet
Die Bündner Bergbahnen investierten in den letzten zehn Jahren vor der Coronakrise 115 Mio. jährlich. 2019/20 waren es gar 130,2 Mio.. Trotz der erschwerenden Coronabedin- gungen können die meisten Bergbahnen zwar die betrieblichen Kosten decken. Die Branche ist aber mit 25 Prozent Abschreibungen/Rückstellungen sehr investitionsintensiv. Während die betrieblichen Erträge stagnierten, nahmen die Aufwände zu. Die betriebsnotwendigen Investitionen und Abschreibungen sind deswegen gefährdet. Gemäss Präsident Martin Hug braucht es zusätzliche Impuls- und Anschubprogramme durch Bund und Kanton. Nur so bleibe der Wertschöpfungsmotor Bergbahnen international konkurrenzfähig. 2019/20 bo- ten die Bergbahnen in Graubünden 4’373 Jobs im Winter und 1’538 im Sommer. Sie be- förderten 6,8 Mio. Gäste und machten einen Transportumsatz von 207 Mio. 72,9 Prozent werden dabei von sieben grossen Unternehmen erwirtschaftet. 19,8 Prozent von 11 mitt- leren Unternehmen und 7,3 Prozent von 33 kleineren Unternehmen. Die 17 Skigebiete der Region Mitte treten neu gemeinsam als KMS GR auf: die Kleinen und Mittleren Skigebiete Graubündens. Sie bieten für Aboinhaber:innen eine Pandemieabsicherung bei einem regi- onalen Lockdown.
Fokus Mitarbeitende und Raumplanung
Die Generalversammlung von BBGR am 25. und 26. November 2021 befasst sich nicht hauptsächlich mit Corona, sondern den zwei Hauptthemen Mitarbeitende und Raumpla- nung. Bei den Mitarbeitenden werden mit der «Generation Z» der Nachwuchsmangel an Fachkräften und die damit verbundenen Herausforderungen thematisiert sowie praxisnahe Inputs vermittelt. Regierungsrat Marcus Caduff und Richard Atzmüller, Leiter Amt für Raumentwicklung, gewähren einen Einblick in die Teilrevision des Bundesgesetzes über die Raumplanung mit dem Schwerpunkt Bauen ausserhalb der Bauzone. Die Seilbahnberufe sowie die Aus- und Weiterbildung sind für die Bündner Bergbahnen zentral. Insbesondere die kleineren und mittleren Bergbahnen bekunden immer mehr Mühe Seilbahnfachleute zu rekrutieren. Bei den tourismuspolitischen Themen kümmerte sich BBGR nebst der Raum- entwicklung auch um weitere Umweltthemen. So befürwortete BBGR das abgelehnte CO2- Gesetz. Die vorgesehene Revision des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz (NHG) geht aber zu weit. Das Berggebiet läuft Gefahr, als Gegenvorschlag zur Biodiversi- tätsinitiative nochmals zusätzliche Flächen ausscheiden zu müssen. Mit der Inkraftsetzung der nationalen Biotopinventare in Graubünden per 2021 nahmen die Flachmoore und Tro- ckenwiesen bereits um 40 Prozent zu. Mit weiteren Amtsstellen wurden 2020/21 ausser- dem die Themen orts- und branchenübliche Entlöhnung, amtliche Schätzung von Trans- portanlagen sowie Leitungskataster von Werkeigentümern behandelt. Ausserdem befindet sich das Reglement des Interkantonalen Konkordats für Seilbahnen und Skilifte (IKSS) in Überarbeitung.
Neuausrichtung Seilbahnen Schweiz
Die seit Jahren von BBGR geforderte Verselbständigung von Seilbahnen Schweiz (SBS), ein- hergehend mit der Trennung vom Verband öffentlicher Verkehr (VÖV), wurde im Berichts- jahr umgesetzt. Personell seit dem Herbst 2020 mit dem neuen Direktor Berno Stoffel und logistisch seit anfangs 2021 mit einer eigenen Geschäftsstelle. Für BBGR waren die positiven Auswirkungen bei den intensiven politischen Diskussionen in Bern zur Covid-Pandemie di- rekt spürbar. Das betraf auch andere Themen mit dem nationalen Dachverband wie z.B. die Strategie 2022-2026, die Definition des künftigen Datenmanagements und Projekte im Bereich Technik. Die Zusammenarbeit mit der ITG Interessengemeinschaft Tourismus Grau- bünden konzentrierte sich hauptsächlich auf das Covid-Impulsprogramm Graubünden und GRhome als Projekt zur Steigerung des Tourismusbewusstseins. Mit der Fachgruppe Seil- bahnen der Wirtschaftskammer Tirol wurde der seit 44 Jahren gepflegte fachliche Aus- tausch weitergeführt, was sich insbesondere in der Pandemie als wertvoll herausstellte.
(Quelle: Bergbahnen Graubünden)