Das Amt für Jagd und Fischerei Graubünden hat ihren Quartalsbericht für Grossraubtiere für die Monate April bis Juni 2024 veröffentlicht.
Aktuell leben mindestens elf Wolfsrudel auf dem Kantonsgebiet. Im ganzen Kantonsgebiet jederzeit mit Wolfspräsenz zu rechnen.
- Stagiasrudel: Das Streifgebiet des Stagiasrudels erstreckt sich über die Gemeinden Disentis/Tujetsch/Medel (Lucmagn). Bei den Elterntieren des Rudels handelt es sich um den aus dem Tessin zugewanderten Wolfsrüden M187 und der Stagias-Jungwölfin F105.
- Beverinrudel: Auch im 2. Quartal 2024 gab es keine Nachweise für die Anwesenheit von mehr als zwei Tieren im Streifgebiet. Per Definition ist ein Rudel eine Gruppe von drei Wölfen, welche gemeinsam unterwegs sind. Es ist jedoch nicht definiert, ab wann ein Rudel nicht mehr als solches gezählt wird. Entsprechend muss zur Klärung der Sommer zur Feststellung einer allfälligen Reproduktion abgewartet werden.
- Valgrondarudel: Das Territorium des Valgrondarudels umfasst das Gebiet südlich des Vorderrheins zwischen Disentis und Ilanz und erstreckt sich im Lugnez südlich über den Glenner hinaus. Nach Westen umfasst es Teile der Gemeinden Disentis und Medel (Lucmagn).
- Vorabrudel: Das Vorabrudel ist nach aktuellen Kenntnissen nördlich des Vorderrheins zwischen Waltensburg und Trin sowie südlich des Vorderrheins bei Valendas und Versam präsent.
- Moesolarudel: Das Territorium des Moesolarudels umfasst das Gemeindegebiet von Mesocco und – insbesondere im Winter – Soazza und Teile der Gemeinde Lostallo sowie – insbesondere im Sommer – Teile der Gemeinde Rheinwald.
- Lenzerhornrudel: Das Gebiet des Lenzerhornrudels erstreckt sich nach aktueller Kenntnis über Teile der Gemeinden Scharans und Domleschg, das Hochtal der Lenzerheide, das Schanfigg südlich der Plessur bis zum Gebiet der Gemeinde Albula/Alvra nördlich des gleichnamigen Flusses.
- Muchettarudel: Das Territorium des Muchettarudels erstreckt sich über das Gebiet der Gemeinden Bergün Filisur, Schmitten und im Süden der Gemeinde Davos bis Davos Monstein. Am 19. Juni 2024 gelang der Wildhut den Nachweis von drei Welpen. Nach dem Tod der ehemaligen Leitwölfin F11, zu Beginn des Jahres, ist es unklar, um welche reproduzierende Fähe es sich handelt. Es ist anzunehmen, dass die Welpen vom bisherigen Leitwolf M132, sind
- Calderasrudel: Gemäss genetischer Nachweise dürfte sich das Territorium des Rudels ab ca. Mulegns beidseitig der Gelgia bis Tiefencastel und südlich der Albula zwischen Tiefencastel und Solis erstrecken. Anfang des 2. Quartals 2024 gelangen genetischen Nachweise, die zur Klärung der Rudelzusammensetzung beitragen. Der vermutete Leitwolf M226 konnte bestätigt werden. Bei der Leitwölfin handelt es sich um F187, ein bislang unbekanntes Tier. Mit der Identifikation der Elterntiere konnten der männliche, M328, und der weibliche Wolf, F162 dem Calderasrudel zugeteilt werden (beide Jahrgang 2022). Die Wölfin F162, hält sich aktuell im Raum Oberengadin auf (siehe Wolfspaar Oberengadin).
- Glattwangrudel: Anhand genetischer Nachweise ist bekannt, dass das Territorium des Glattwangrudels das Vorderprättigau südlich der Landquart bis etwa auf die Höhe von Klosters-Serneus, sowie das Schanfigg nördlich der Plessur bis etwa Langwies umfasst. Auch im 2. Quartal 2024 gingen Hinweise über Sichtungen von mindestens zwei Wölfen ein.
- Rügiulrudel: Das Rügiulrudel bewegt sich nach aktuellen Kenntnissen südlich des Berninapasses auf dem Gebiet der Gemeinde Poschiavo. Bislang gibt es keine genetische Identifikation der Leittiere. Aktuell werden Analysen von weiteren Proben aus dem Jahr 2023 durchgeführt, die zur Klärung der Situation beitragen sollen.
- Jatzhornrudel: Das Territorium des Jatzhornrudels erstreckt sich über grosse Teile des Gemeindegebietes von Davos (gegen Süden bis ca. Höhe Monstein).
- Fuornrudel: Das Fuornrudel bewegt sich östlich in Richtung des Ofenpasses bis ins Münstertal und nördlich von Zernez bis ungefähr nach Ardez, vorwiegend auf der Südseite des Inns. Die Leittiere M312 und F98 konnten mittels genetischer Analysen bestätigt werden.
Wolfspaare und Einzelwölfe:
- Auf dem Gebiet der Gemeinde Klosters gab es auch im 2. Quartal 2024 Nachweise von mindestens zwei Wölfen. Dabei handelt es sich mutmasslich um das im 1. Quartal 2024 nachgewiesene männliche Tier, M307, und einen weiblichen Wolf. Der DNA-Nachweis des weiblichen Tieres fehlt nach wie vor. Auch im 2. Quartal 2024 entstanden am Calanda weitere Fotofallenbilder zweier Wölfe. Ende letzten Jahres 2023 gelang der genetische Nachweis des aus dem Kärpfrudel stammenden Jungwolfs, M286. Genetische Identifikationen des zweiten Wolfes fehlen bislang.
- Im Gebiet Val de la Forcola bis Val d`Arbola im Misox gab es im 2. Quartal Nachweise von mindestens zwei Wölfen. Es wird vermutet, dass es sich dabei nicht um Wölfe aus dem Moesolarudel handelt.
- Im Gebiet der Kantonsgrenze Tessin/Graubünden südlich der Moesa wurde auch im 2. Quartal 2024 nicht mehr als ein Wolf nachgewiesen. Ein seit dem Frühjahr 2022 immer wieder im Gebiet nachgewiesene männlicher Wolf, M243, wurde erneut genetisch nachgewiesen, dieses Mal auch im Gebiet nördlich der A13.
- Im Bergell gab es auch im 2. Quartal 2024 mehrere Nachweise von zwei Wölfen, welche gemeinsam unterwegs sind. Nebst dem männlichen Wolf, M304, konnte auch ein weiblicher Wolf, F230, genetisch nachgewiesen werden.
- Im Engadin gab es auch im 2. Quartal zahlreiche Wolfsnachweise. Nebst dem Fuornrudel im Raum Zernez/Val Müstair gab es im Unterengadin vermehrt Sichtungen von mindestens zwei Wölfen, die zusammen unterwegs sind. Bei dem weiblichen Tier handelt es sich mutmasslich um F219, welche mehrmals in diesem Gebiet genetisch nachgewiesen werden konnte. Genetische Identifikationen des zweiten Wolfes fehlen bislang. Gemäss den Erkenntnissen aus den genetischen Analysen handelt es sich beim Wolfspaar im Oberengadin um das männliche Tier M339 (Herkunft unbekannt) und das weibliche Tier F162, welches aus dem Calderasrudel stammt. Das Wolfspaar bewegt sich nach aktuellen Kenntnissen mehrheitlich im Gebiet zwischen den Gemeinden S-chanf und Samedan. Weiter konnte ein im Jahr 2023 geborener, männlicher Wolf aus dem Fuornrudel, M424, nahe Pontresina genetisch nachgewiesen werden. Dieser Wolf hält sich vermutlich mehrheitlich im Gebiet zwischen Pontresina und dem Berninapass auf. Auf dem Gemeindegebiet von Luzein konnte ein männlicher Wolf, M385, aus dem Jatzhornrudel (geb. 2023) genetisch nachgewiesen werden. Jedoch gab es im 2. Quartal 2024 keine Nachweise von mehr als einem Wolf.
Eine detaillierte Übersicht zu den Abgängen und Abschüssen von kranken und verletzten Tieren nach Art. 8 JSG ist dem «Monitoring Wolfsmanagement» zu entnehmen. Im 2. Quartal 2024 wurden keine Abgänge beim Wolf registriert, auch wurden im 2. Quartal 2024 keine Wölfe erlegt.
Nutztierschäden durch Wölfe
Im 2. Quartal 2024 wurden 40 Nutztierrisse von Schaden und Ziegen verzeichnet. Zu Beginn des 2. Quartals kam es auf dem Gemeindegebiet von Lostallo zu einem Riss von vier Schafen im Rahmen einer Einsatzbereitschaftsprüfung (EBÜ) von Herdenschutzhunden. Während einer Prüfung wird eine kleine Herde Schafe mit einem zu prüfenden Herdenschutzhund über 24 Stunden in einem Gebiet gehalten. Da es sich dabei um eine künstliche erzeugte Situation handelt, werden die Risse im Rahmen der EBÜ gesondert im Quartalsbericht aufgeführt.
Im 2. Quartal 2024 wurden dem Amt für Jagd und Fischerei (AJF) wurden sechs Fälle von verhaltensauffälligen Grossviehherden gemeldet. Eine Rekonstruktion des Ereignishergangs ist oft schwierig und der direkte Zusammenhang mit der Wolfspräsenz nicht immer nachzuweisen.
Besenderte Wölfe
Am 11. März 2024 gelang auf dem Gemeindegebiet Medel (Lucmagn) die Besenderung eines weiblichen Wolfs des Stagiasrudels. Die genetische Identifikation zeigte, dass es sich dabei um F229, ein im Jahr 2023 im Stagiasrudel geborenes Tier handelt. Bislang hält sich die Wölfin im Streifgebiet des Stagiasrudels auf.
Begegnung mit Menschen
Auf dem Gemeindegebiet von Pontresina kam es im 2. Quartal 2024 kurz vor Mitternacht zu einer Begegnung eines Hundespaziergängers mit einem Wolf. Dabei näherte sich ein Wolf der Person und den Hunden auf eine Distanz von ca. 30 Metern. Durch das Scheinwerferlicht eines nähernden Autos fühlte der Wolf sich schliesslich gestört und entfernte sich.
Der Bär ist zurück in Graubünden
Im 2. Quartal 2024 gingen beim Amt für Jagd und Fischerei mehrere Bärennachweise ein. Eine genetische Identifikation ist noch ausstehend. Aktuell gibt es keine Hinweise, dass es sich um mehr als einen Bären handelt. Die Präsenz mehrerer Bären ist angesichts grenznaher Bärennachweise nicht auszuschliessen.
Im Gemeindegebiet von Valsot kam es zu einem Schaden an einem ungeschützten Bienenstock durch einen Bären. Das AJF empfiehlt Imkern, sich über die entsprechenden Schutzmassnahmen zu informieren.
Nutztierriss eines Luchses
Insgesamt gingen im 2. Quartal 2024 ca. 107 Luchsnachweise ein. Der Grossteil der Hinweise stammt aus den Verbreitungsgebieten Calanda, Surselva, Safiental, Heinzenberg, Schamserberg, der Gemeinde Rheinwald sowie dem Bergell und dem Unterengadin. Am 12. Juni 2024 kam es auf dem Gemeindegebiet Medel (Lucmagn) zu einem Nutztierriss durch einen Luchs. Das durch die Wildhut beobachtete Tier zeigte einen Verlust der Scheue gegenüber dem Menschen und wurde am 13. Juni 2024 nahe des Vorfalls verendet aufgefunden. Er wurde zur pathologischen Untersuchung an das Institut für Fisch- und Wildtiergesundheit der Universität Bern überführt.
Goldschakalnachweis in Landquart
Im 2. Quartal 2024 gingen zwei bestätigte Goldschakalnachweis auf dem Gemeindegebiet von Landquart ein. Ein weiterer Nachweis aus dem Raum Davos konnte nicht überprüft oder bestätigt werden.
(Symbolbild: Pixabay/Rudelkarte: Amt für Jagd und Fischerei Graubünden)