RhB musste Züge wegen Lokführer-Mangel streichen

RhB musste Züge wegen Lokführer-Mangel streichen

Der Lokführer-Mangel zeigt bei der RhB Konsequenzen: Wegen zuwenig Personal mussten 11 Züge nach Thusis und retour sowie nach Arosa gestrichen werden. «Das Ausfallenlassen von Zügen ist die letzte aller Massnahmen. Sie wird nur im Notfall und nach Prüfung von allen anderen Möglichkeiten getroffen», heisst es bei der RhB.

Wer am Samstag vor einer Woche den .02-Zug von Thusis nach Chur oder den .28-Zug ab Chur nach Thusis nehmen wollte, stand unter Umständen vor einem leeren Gleis. Insgesamt vier Züge ab Thusis und drei ab Chur sind ausgefallen. Dazu kommen vier Halbstundentakte nach Arosa und retour. Zusammen ergibt das ein Ausfall von insgesamt elf Zügen. Die RhB veröffentlichte die Ausfälle unter «Betriebslage» und gab als Grund «Personaldisposition» an. Warum es diese Züge getroffen hat? «Es wird dabei wird darauf geachtet, dass nicht stark frequentierte Züge ausgewählt werden und unsere Fahrgäste innerhalb einer zumutbaren Frist eine andere Verbindung benutzen können. Deshalb fiel der Entscheid auf Halbstundentakt-Züge», sagte Yvonne Dünser, Leiterin Unternehmenskommunikation der RhB, auf Anfrage von GRHeute. Nicht alle Linien würden sich gleich gut dafür eignen. 

Was im Internet unter «Personaldisposition» läuft, ist in der Realität ein ernstes und schon lange bekanntes Problem: Personalmangel. Weil zum chronischen Unterbestand am vorletzten Wochenende noch zwei kurzfristige Absenzen dazu kamen, musste die RhB entscheiden – das Ausfallen lassen von Zügen ist erst die letzte aller Massnahmen. «Es war eine am Vortag angeordnete Massnahme im Bereich des Störungsmanagements. Diese Massnahme ist vergleichbar mit dem Ausfall von Zügen wie zum Beispiel durch Materialermüdung einer historischen Lok oder Schliessung einer Strecke aufgrund von Lawinen- oder Steinschlaggefahr oder Witterungseinflüssen wie Murgängen oder Rüfen. Je grösser der Informationsvorlauf ist, desto vielfältiger sind die Möglichkeiten zur Lösung ohne Leistungsausfall», sagte Yvonne Dünser. 

Im Internet – in den Fahrplänen – sind die Zugsausfälle zwei Stunden vor Abfahrt des ersten Zuges kommuniziert worden. Das sei systembedingt, weil der Export über die Schnittstelle zur SBB nur am Mittwoch und Freitag gemacht werde, sagte Yvonne Dünser. «Hier sind wir dran, so dass das System zukünftig manuell bearbeitet werden kann und die Massnahmen so früher im online-Fahrplan abgebildet sind.» Auf den Internetseiten der RhB und der SBB waren die Ausfälle schon am Freitagnachmittag kommuniziert worden. 

Negative Reaktionen von gestrandeten Bahnpassagieren sind der RhB nicht bekannt. 

Mehr Lohn für Lokführer

Doch wie kann die RhB das Problem des Personal-Unterbestandes lösen? Mehr Lohn, sagen die Lokführer. Und keine Vergütung der Überzeit, sondern reale Freizeit. Im letzten November schrieb GRHeute, dass die RhB den Verzicht auf Rasttage mit 50-Franken-Gutscheinen verdankt. In einem Bericht der Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV vom letzten September heisst es, dass das Personal am Anschlag sei. «Die VPT-Sektion RhB fordert ein deutliches Zeichen der Geschäftsleitung der Rhätischen Bahn», heisst der Artikel, und darin steht unter anderem geschrieben: «Und genau dieses Personal erwartet nun endlich mehr als nur warme Worte der Wertschätzung. Das Personal erwartet nun endlich wieder einmal ein deutliches Zeichen im Lohnbereich.» 

Gemäss Yvonne Dünser ist seither einiges passiert. «Trotz der aktuell unsicheren finanziellen Ausgangslage und den für die RhB anspruchsvollen Rahmenbedingungen wie die Teuerungssituation oder die steigenden Energiepreise und Zinsen, konnten sich die Sozialpartner in konstruktiven Gesprächen auf ein gutes Gesamtpaket für alle RhB-Mitarbeitenden einigen. In den Verhandlungen mit den Gewerkschaften konnten wir eine grosszügige Lohnerhöhung und Anpassungen bei den Zulagen per Anfang April 2023 im sozialpartnerschaftlichen Dialog erwirken.» Zur generellen Lohnerhöhung für RhB-Mitarbeitende von +2.5 Prozent und einer individuelle Lohnerhöhung gemäss neuem Lohnsystem im Umfang von durchschnittlich rund +1.0 Prozent per 1. April 2023 erhielt das Lokpersonal eine zusätzliche, arbeitsmarktbedingte generelle Anpassung des Jahreslohnes in Höhe von CHF 2’000.00 (auf Basis des Beschäftigungsgrades von 100 %). Auch wurden die Sonntags- und Feiertagsdienstzulagen um 33 % erhöht sowie höhere Minimal- und Maximallöhne und eine Beschleunigung des Lohnanstiegs sozialpartnerschaftlich verhandelt.

Neben mehr Lohn soll die Kapazität auch mit einer Verdoppelung der Ausbildungsgänge ab 2025 erhöht werden. Lokführerinnen und Lokführer sollen möglichst lange und bei Bedarf auch über das Pensionierungsalter im Beruf gehalten werden. Das Einmieten von Personal ist wegen des allgemeinen Lokpersonal-Mangels eher schwierig, wie Yvonne Dünser sagte. Und um den Bedarf an Lokführerleistungen zu senken, haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit anderen Funktionen Arbeiten übernommen, die nicht zwingend von Lokführerpersonal der Kategorie B geleistet werden müssen. 

(Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Fassung waren die Auswirkungen auf den Lohn des Lokpersonals nicht detailliert aufgeführt.)

(Bild: GRHeute)

 

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Rachel Van der Elst

Redaktionsleiterin/Region
Rachel Van der Elst mag Buchstaben: analog, virtuell oder überall, wo Menschen sind. In einem früheren Leben arbeitete sie unter anderm bei der AP, beim Blick, bei 20Minuten, beim Tages-Anzeiger und bei der Südostschweiz. In ihrer Handtasche immer dabei: Jasskarten.