Die Dramaturgie der Regierungsratswahlen vergangenen Sonntag war kaum zu überbieten. Mit gerade einmal 68 Stimmen Vorsprung rettete sich Jon Domenic Parolini knapp über die Ziellinie. Trotz einer spannenden Ausgangslage, Baukartell-Skandal und einer Protestkandidatur lag die Stimmbeteiligung der Bündner Bevölkerung gerade einmal bei 35.79%. Nicht nur bei den kantonalen Wahlen, sondern auch bei den beiden eidgenössischen Abstimmungen dümpelte die Stimmbeteiligung unter 35%. Der Wahlsonntag hat gezeigt: wieder einmal hat eine Minderheit über die Mehrheit bestimmt. Eine derartig tiefe Beteiligung lässt sich nicht nur am letzten Wochenende feststellen. Lag die Wahlbeteiligung während dem zweiten Weltkrieg bei 70% (1943), so sankt sie bis 1995 auf gerade einmal 42% und stagniert seither zwischen 40 – 50%. Im internationalen Vergleich steht die Schweiz klar im Abseits.
Das wirft Fragen auf: warum hat die Schweiz, die im Bereich der direkten Demokratie eine Vorbildfunktion einnimmt, eine derart tiefste Stimmbeteiligung? Wieso verzichtet Schweizerin und Schweizer auf das einzigartige Recht, bei Abstimmungen und Wahlen mitwirken zu können? Sind die Stimmbürger so zufrieden, dass sie nicht mehr an die Urnen gehen?
Die schwache Stimmbeteiligung am vergangenen Sonntag ist nicht nur auf die mässig attraktiven eidgenössischen Vorlagen zurückzuführen. Verschiedene Faktoren führen dazu, dass der Stimmbürger der Urne fernblieb. Politikverdrossenheit, zu wenig Sachkenntnis oder schlicht und einfach fehlendes Interesse führt dazu, dass immer weniger Personen sich die Mühe machen um abstimmen zu gehen.
Die Folge: die tiefe Wahlbeteiligung führt zu einer Verzerrung zugunsten älterer, besser situierten Personen, da diese tendenziell öfters wählen gehen. Es liegt an der Politik, das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen und Sachverhalte so darzustellen, dass sich die Stimmbürger wieder vermehrt mit der Materie auseinandersetzen. Andernfalls verkommen Wahlen und Volksabstimmungen zur Farce.
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(Bild: GRHeute)