Jon Pult, SP-Grossrat aus Chur, wechselt von der Parteifront in die Privatwirtschaft. GRHeute hat mit ihm über den Neuanfang gesprochen.
Schon länger habe ich den Wunsch, in der Privatwirtschaft zu arbeiten. Als Grossrat, Mitglied der kantonalen Geschäftsprüfungskommission, Präsident der SP Graubünden und Präsident der Alpen-Initiative war ich aber zu 60-70 Prozent ausgelastet. Als dann auch noch das Co-Präsidium des Vereins «Nein zur 2. Gotthardröhre» dazu kam, war es aus zeitlichen Gründen schlicht unmöglich, auch noch einen «normalen» Job zu suchen. Jetzt gebe ich das Präsidium der SP Graubünden ab und die Kampagne gegen die 2. Gotthardröhre ist vorbei. Die neue Herausforderung bei Feinheit kommt zum perfekten Zeitpunkt.
Was sind Ihre Aufgaben bei feinheit.ch?
Genau weiss ich das auch noch nicht. Ich beginne am 1. April. Angestellt bin ich für die Betreuung von Kunden aus dem Bereich NGO und Politik. Meine Hauptaufgaben werden wohl Projektleitung sowie Strategie- und Kommunikationsberatung sein.
Bisher konnten Sie sich Ihre Mandate aussuchen, beziehungsweise haben Sie dort gekämpft, wo Ihre Interressen lagen, wie zum Beispiel beim Gotthard oder Olympia. Geht das bei feinheit.ch so weiter? Was machen Sie, wenn etwas gegen Ihren Strich oder Ihre politischen Überzeugungen geht?
Die Firmenphilosophie und die grundsätzliche Ausrichtung von Feinheit gefallen mir. Darum habe ich mich beworben. Trotzdem ist klar: Als Berater in einer Kommunikationsfirma stehen die Bedürfnisse der Kundschaft und nicht meine Interessen im Vordergrund. Diesen Perspektivenwechsel traue ich mir zu.
Sie sind, obwohl Ihnen alle herausragendes Talent bescheinigen, auf der Nationalratsliste nicht vor Silva Semadeni aufgestellt worden. Wie gross war dabei Ihr persönlicher Dämpfer?
Silva Semadeni ist unsere Nationalrätin. Ich kenne sie gut und schätze sie und ihre Arbeit sehr. Dass sie als Bisherige auf den Listenplatz 1 gesetzt wurde, war für mich – gerade auch als Parteipräsident – richtig und selbstverständlich. Über ihre Wiederwahl habe ich mich gefreut. Ich hätte gerne einen zweiten SP-Sitz erobert. Doch ein Dämpfer war diese Nichtwahl nicht – ich musste damit rechnen.
Hat diese – ich nenne es jetzt so – mangelnde Unterstützung auch dazu beigetragen, dass Sie Abstand von Graubünden brauchen, zumindest zeitweise?
Von «mangelnder Unterstützung» kann nicht die Rede sein. Die SP Graubünden hat mich 2009 als damals 24-jähriger zum Präsidenten gemacht. Einen grösseren Vertrauensbeweis kann ich mir kaum vorstellen. Die SP Graubünden hat mich wie viele andere Junge über Jahre immer voll unterstützt. Da kann man als Sozialdemokratin oder Sozialdemokrat wirklich stolz auf die eigene Partei sein!
Bleiben Sie in Chur wohnen oder ist das Ziel, irgendwann nach Zürich zu ziehen?
Ich bleibe selbstverständlich in Chur. Unsere Kantonshauptstadt ist mein Zuhause! Ich werde aber ein WG-Zimmer in Zürich haben, um nicht jeden Tag pendeln zu müssen. Ich schätze, dass ich etwa zwei bis drei Nächte pro Woche in Zürich bleiben werde.
Bleiben Sie Graubünden als Grossrat erhalten?
Ja, klar!
Wie sehen Ihre weiteren politischen Wege aus? Wollen Sie nochmals als Nationalrat kandidieren oder werden Sie direkt Bundesrat?
Am liebsten direkt Präsident der USA, um Donald Trump in die Schranken zu weisen. Im Ernst: Momentan freue ich mich auf meine neue berufliche Herausforderung. Alles andere wird die Zukunft zeigen.
(Bild: Charly Bosshard)