So leer war die San-Bernardino-Route

So leer war die San-Bernardino-Route

Endlich! Die San-Bernardino-Route ist wieder offen. Das freut alle, die dieser Tage in die Ferien ins Tessin oder gen Italien fahren. Aber wie sieht eine leere A13, ein leerer Tunnel aus? GRHeute hat sich auf die Reise gemacht. 

«Freie Fahrt für freie Bürger» hiess ein Slogan in den 70er Jahren. Er wurde vom Adac, dem deutschen Pendant zum TCS, erfunden, und man denkt manchmal an ihn, wenn man zwischen Rheinwald und Medels einem 40-Tönner hinterher kriecht, der die Steigung total unterschätzt hat. Oder wenn man reflexartig auf die Bremsen tritt, weil jemand ein Überholungsmanöver gestartet hat, bei dem einem im Prinzip hören und sehen vergeht.

Der Slogan wird dieses Jahr übrigens 50 Jahre alt, und in den zwei Wochen, in denen die San-Bernardino-Route für jeglichen Verkehr ausser den Öffis gesperrt war, hat man genau dieses Feeling gespürt. Auch wenn man nicht selbst am Steuer sass. Praktisch kein Gegenverkehr, weder auf offener Strasse noch im Tunnel. Paradiesische Zustände. 

Eine Fahrt, die, wenn man im Doppelstöcker in der Front Row sitzt, nicht nur landschaftlich für Gänsehaut-Momente sorgt. Nach dem Tunnel verlässt das Postauto die A13 und fährt auf der Kantonsstrasse weiter. Die Haarnadelkurven, die von oben gesehen sehr abenteuerlich passiert werden, sorgen bei den Touristen in den hinteren Rängen für hörbares lautes Einatmen. Und nein, es gab bei der Landung in Bellinzona kein Klatschen.

 

Zwischen Mesocco und Lostallo fährt man ebenfalls neben der Autobahn. Zwischen den Bäumen stäubt es; man sieht Bagger durch die Bäume und in Lücken auch Bauarbeiter. Unermüdlich sind sie dran, den am 22. Juni zerstörten Abschnitt der A13 wieder zu flicken. Die Verspätung am Ziel Bellinzona ist unwesentlich; für den Anschlusszug nach Mailand hätte es ganz knapp gereicht. 

Die Rückfahrt übrigens über die Brenner-Autobahn und den Ofenpass mit dem Auto war sehr viel weniger prickelnd und zwei Stunden länger als durch den San-Bernardino-Tunnel. So gesehen: Für die Gemüter, den Schlaf und überhaupt ist die Reise auf der A13 ein Luxus, den man erst versteht, wenn man ihn nicht mehr hat. 

Bei dem Unwetter vom 22. Juni 2024 im Misox wurden 200 Meter der A13 zwischen Mesocco und Lostallo zerstört. Vier Personen wurden vermisst. Bisher konnte eine Person lebend und zwei nur noch tot geborgen werden. Die vierte Person wird immer noch vermisst. Das Unwetter richtete Schäden in der Höhe von rund 38 Millionen Franken an. Das Astra erstellte innert zwei Wochen je eine Spur pro Seite, die ab dem 5. Juli wieder befahren werden kann. 

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(Bilder: GRHeute. Die Fotos wurden aus dem fahrenden Postauto mit dem Handy aufgenommen.)

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Rachel Van der Elst

Redaktionsleiterin/Region
Rachel Van der Elst mag Buchstaben: analog, virtuell oder überall, wo Menschen sind. In einem früheren Leben arbeitete sie unter anderm bei der AP, beim Blick, bei 20Minuten, beim Tages-Anzeiger und bei der Südostschweiz. In ihrer Handtasche immer dabei: Jasskarten.